Der Verlierer im Balkan

Die UCK versagt im "Medienkrieg"

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Der Kosovo bewegt sich immer weiter von einer friedlichen Lösung weg. Während die Einheiten der jugoslawischen Armee abziehen, versuchen die Einheiten der UCK, wieder das Gebiet für sich zu beanspruchen. Es ist nicht zu vermeiden, daß dadurch einige Serben getötet werden, was dann bei den Serben die allgemeine Forderung laut werden läßt, daß die jugoslawische Armee zu ihrem Schutz zurückkehren soll.

In Kroatien schaffte es Tudjman, seine Armee so im Zaum zu halten, daß sie Ost-Slawonien auch Jahre nach dem Abzug der jugoslawischen Armee nicht mit Gewalt eroberte. Aber er tat dies nur im Austausch für viele Vergünstigungen, die er vom Westen erhielt, und angesichts der Situation, daß Ost-Slawonien nur einen kleinen Teil des kroatischen Territoriums darstellte. In Bosnien wurde die bosnische Armee nur durch die Stationierung schwer bewaffneter Nato-Truppen entlang der Waffenstillstandslinie von der Einnahme der Republik Srpska abgehalten. Doch keines dieser Beispiele trifft auf die UCK und den Kosovo zu: es gibt keine bewaffneten fremden Truppen, um Albanier und Serben auseinander zu halten, und die UCK hat keinen organisierten Staatsapparat hinter sich - sie hat überhaupt nichts hinter sich.

Die Bemühungen der UCK sind, was die Diplomatie und die Öffentlichkeitsarbeit angeht, erschreckend ungeschickt. Ich nehme an, daß sich jeder an die kroatischen Propagandageschichten über Tausend Jahre der Zivilisation und die bosnischen Geschichten über die ultra-kosmopolitische Stadt Sarajewo erinnern kann, in der vier Glaubensrichtungen jahrhundertelang friedlich lebten. Nichts davon gibt es bei den Kosovo-Albanern: keine die Welt bereisenden Diplomaten, die Süßholz raspeln, keine abgestellten Werbeagenturen, keine kohärente organisierte Kampagne, um der Welt zu erzählen, war der Fall Kosovo der Unterstützung wert ist. Im Gegenteil verhält sich die UCK gegenüber den Journalisten so, als wären sie ihre Feinde.

Eine Bekannte von mir, die aus Sarajewo für die Washington Post und Newsweek berichtet hatte, erzählte mir, daß sie trotz bester Kontakte zu der Gemeinschaft der Kosovo-Albaner hier und deren wärmsten Empfehlungen von den Kosovo-Repräsentanten alleine gelassen wurde. Die fehlende Kooperation der UCK mit den Medien ist vielleicht auch einer der Gründe, daß es keine so interessante Fotodokumentation des Krieges im Kosovo gibt (im Vergleich mit dem Krieg in Bosnien und Kroatien). Natürlich ist es am schlimmsten, wenn man ein serbischer Journalist ist. Zwei Journalisten der jugoslawischen Presseagentur (Tanjug) wurden denn auch von der UCK gefangengenommen. Sie sind noch immer in Haft und warten auf ein Verfahren. Man wird mit Mißtrauen betrachtet, wenn man heute ein Journalist in Serbien ist, weil man dann unter dem Verdacht steht, überall etwas Subversives zu tun - und niemand glaubt ein Wort von dem, was man sagt oder schreibt.

Aber, so überlegt ich mir, hatte die IRA jemals einen Journalisten der BBC gefangengenommen? Natürlich, die BBC ist kein Propagandawerkzeug Ihrer Majestät in der Weise, wie Tanjug für die pseudo-königlich serbische Familie arbeitet. Dennoch ist die BBC für ihren Patriotismus bekannt, und eine objektive Berichterstattung über die IRA galt lange Zeit in England als ziemlich unpatriotisch. Gleichwohl haben die Zuständigen der IRA für die Öffentlichkeitsarbeit immer versucht, mit der BBC und anderen Medien professionelle und korrekte Beziehungen zu knüpfen, um ihre terroristischen Aktivitäten etwas zivilisierter aussehen zu lassen.

Mit der Gefangennahme der Tanjug-Reporter schneidet sich die UCK die Möglichkeit ab, von der Welt anerkannt zu werden, weil sogar eine einseitige und negative Berichterstattung der Tanjug über die UCK für diese zur Zeit besser wäre als gar keine. Niemand auf der Welt glaubt überdies, daß Tanjug die Wahrheit schreibt. Andere Nachrichtenagenturen in der Welt könnten den Tanjug-Bereicht nehmen und ihn kritisch der serbischen Propaganda zuschreiben. Die Öffentlichkeitsarbeit der Kosovo-Albaner könnte ihn sogar als Lob der UCK verwenden. Wenn man alles aus dieser Perspektive betrachtet, fragt man sich, was die UCK denn wirklich will.

Serbien im Medienkrieg