Künder des "Dritten Reichs"
- Künder des "Dritten Reichs"
- "Der deutsche Sozialismus wird die Demokratie, den Liberalismus und Parlamentarismus ablösen."
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Arthur Moeller van den Bruck und der Jungkonservativismus
Glaubt man einem Buchtitel, so erfand Arthur Moeller van den Bruck das "Dritte Reich". Auf jeden Fall hat er diesen Begriff zwar nicht geprägt, aber seine theoretische Ausarbeitung stark angeregt und ihn weit verbreitet. Mit seiner Reichskonzeption, die sich aus seiner Kritik der deutschen Verhältnisse nach dem Ersten Weltkrieg ergibt, wurde er zum Leitstern der Männer der Denkrichtung der "Konservativen Revolution", die in der Weimarer Republik zu den wesentlichen rechten Gegnern des jungen Staates gehörte und mithalfen, durch eine Vergiftung des geistigen Klimas den Weg freizumachen für die Machtübernahme der Nationalsozialisten.
Die nahmen das Wort vom Dritten Reich dankbar auf und bezeichneten so ihr Regime. Trotzdem unterscheidet sich das, was sich Moeller van den Bruck mit seiner Reichsidee politisch erträumt hat, doch wesentlich von Hitlers Staat. Moeller van den Bruck schied 1925 durch Selbstmord aus dem Leben. Seine Ideen wirkten aber weiter und sie tun das in der "Neuen Rechten" bis heute, vor allem als Kritik am Liberalismus.
Arthur Moeller van den Bruck wird am 23. April 1876 in Solingen geboren. Er ist das einzige Kind seiner Eltern. Sein Vater ist Ottomar Victor Moeller, ein Architekt, der zum Beispiel ein damals hochmodernes Gefängnis baute. Seine Mutter ist Elise van den Bruck. Moeller wird später den Nachnamen seiner Mutter an den seines Vaters anhängen, wohl, um einen aristokratischen Effekt zu erzielen. Moellers Lerneifer als Schüler hält sich sehr in Grenzen, weswegen er nie einen formalen Gymnasialabschluss erreicht. Im August 1896 zieht er nach Berlin.
Er ehelicht Hedda Maase, mit der er einen Sohn hat. Eine Erbschaft macht ihn finanziell unabhängig. Er verkehrt in den Zirkeln des literarischen Berlin. 1902 verlässt er recht fluchtartig die Stadt und siedelt nach Paris über, wo er vier Jahre bleiben wird. Auch hier führt er das Leben eines Bohèmiens. In Paris lernt er Lucie Kaerrick kennen, seine spätere zweite Frau. Ab 1904 erscheint sein achtbändiges, verklärendes Geschichtswerk Die Deutschen. Ab 1905 ist er Herausgeber der ersten deutschen Dostojewski-Gesamtausgabe.
1906 hält sich Moeller fast ein Jahr in Italien auf und lebt dort mit dem Maler Ernst Barlach zusammen. Eine spätere Frucht dieser Zeit wird sein Buch Die italienische Schönheit (1913) über die Kunst des Landes sein. Durch seinen Paris-Aufenthalt hatte sich Moeller dem Wehrdienst in Deutschland entzogen. 1907 wird er wieder Berliner. Ihm wird von den deutschen Behörden gewährt, den Wehrdienst nachzuholen. Das scheitert aber an der (mehr psychisch als physisch) fragilen Gesundheit Moellers. Er wird deshalb vom Dienst freigestellt.
Im Ersten Weltkrieg dient er trotzdem als Landsturmmann, aber auch diesem Dienst ist er gesundheitlich nicht gewachsen. 1916 erscheint sein Buch Der preußische Stil, ein kunstgeschichtliches Werk, in dem der allgemeine Kriegspatriotismus der Deutschen zum Ausdruck kommt. Ebenfalls 1916 wird er zur Auslandsabteilung der Obersten Heeresleitung (OHL) einberufen, wo er mit Kriegspropaganda befasst ist. Im Auftrag der OHL entsteht die Schrift Das Recht der jungen Völker, die vom Kampf bevölkerungs- und produktivitätsmäßig "junger" Völker wie Deutschland gegen "alte" Völker wie Frankreich und England handelt.
Nach Kriegsende führt Moeller van den Bruck seine politisch-propagandistische Tätigkeit im "Juni-Klub" fort, einem Zirkel "jungkonservativer" Intellektueller der Konservativen Revolution, der mit seiner Arbeit viele Mitglieder der herrschenden Eliten anspricht, sich der tatkräftigen Unterstützung durch die Industrie erfreuen kann und in der Berliner Motzstraße residiert. Hier treibt man überparteiliche und parteifeindliche "Metapolitik" und will die Kräfte zur Überwindung der Weimarer Republik sammeln und herausbilden.
Das Nachfolgeprojekt "Herrenklub" wird später maßgeblichen Einfluss auf das Präsidialregime des Franz von Papen (Juni bis Dezember 1932), der auch Mitglied ist, bekommen und so für einen kurzen Moment der Geschichte einen Fuß in der Tür zur großen Politik haben. Im Rahmen der Klubtätigkeit kommt es 1922 auch zu einem Zusammentreffen Moellers mit Adolf Hitler. Hitler ist von Moeller sehr angetan und bietet ihm eine Zusammenarbeit an. Die Begeisterung ist allerdings einseitig. Moeller van den Bruck ist von Hitlers Primitivismus und Demagogengehabe abgestoßen und zu keiner weitergehenden Kooperation bereit. 1923 erscheint sein Hauptwerk Das Dritte Reich, das zur "Bibel" der Jungkonservativen wird.
Moeller van den Bruck ist ein kranker und getriebener Mensch. Mehr und mehr wird er von Schlaflosigkeit, Depressionen und Wahnvorstellungen geplagt. Ein Autor geht von einer seit langem schwelenden Syphilis aus. Im Herbst 1924 kommt es zum endgültigen Zusammenbruch. Moeller van den Bruck wird in eine Nervenklinik eingewiesen. Am 30. Mai 1925 begeht er schließlich Selbstmord.
Arthur Moellers van den Brucks Werk Das Dritte Reich war der Dreh- und Angelpunkt jungkonservativen Denkens. Vor allem nach dem Tod seines Verfassers hatte es großen Einfluss auf das deutsche Geistesleben und die Politik. Bis 1933 wird es eine Auflage von 130.000 Exemplaren erreichen. Hitler soll angeblich bei seinem Selbstmord ein Exemplar - mit persönlicher Widmung Moellers - vor sich aufgeschlagen gehabt haben.
Moeller van den Bruck analysiert in seinem Buch die Parteiungen, Schlagworte und Kampfbegriffe, die in der Weimarer Republik das politische Geschehen bestimmen: revolutionär, sozialistisch, liberal, demokratisch, proletarisch, reaktionär und konservativ. Er macht das als Konservativer Revolutionär, der das Weimarer "System" und seine liberalen Werte entschieden ablehnt, zu einem Teil seiner (Moellers) Feinde, vor allem auf der Linken, aber auch Brücken schlagen will und gewisse Gemeinsamkeiten sieht.
Moeller stellt an die Stelle der Parteienbevormundung den Gedanken des Dritten Reichs. Er stellt aber auch fest, dass der Gedanke des Dritten Reichs für das deutsche Volk eine Selbsttäuschung werden könnte, an der es sich beruhigt. Es könnte an diesem Gedanken - und diese Einsicht kann man im Nachhinein natürlich eine prophetische Ahnung nennen - sogar zugrunde gehen. Die Vorstellungen über ein solches Reich seien seltsam wolkig, gefühlvoll entschwebend und ganz und gar jenseitig. Es gehe darum, aus dem Reichsgedanken einen Wirklichkeitsgedanken zu machen und ihn vom Illusionistischen ins Politische zu rücken. Moeller weist darauf hin, dass das Buch zuerst den Titel "Die Dritte Partei" hätte erhalten sollen, ein Titel, der die Sache, die im Buch verhandelt wird, vielleicht besser trifft.
Das erste behandelte Schlagwort ist "revolutionär".
Moellers Ansicht nach verlor Deutschland den Weltkrieg gegen den "bewußten politischen britischen Geist, den die Engländer seit der englischen Revolution besitzen und gegen den bewußten politischen gallischen Geist, den die Franzosen mit der französischen Revolution haben".
Die Novemberrevolution wollte Weltfriede und Sozialismus, sie hat den Versailler Vertrag, Ausbeutung und Fremdherrschaft bekommen. Sie hätte den Ententemächten ihre Friedensbedingungen aus der Hand schlagen und eine großdeutsche Einigung anstreben müssen.
Doch die Revolution ist trotzdem eine Tatsache. Sie kann nicht rückgängig gemacht werden. Es gibt kein Zurück zu dem Staat, der vorher geherrscht hat. "Es bleibt nur übrig, den Revolutionären die Revolution aus der Hand zu nehmen".
Ein Gewinn der Revolution ist, dass unter Deutschen ein schicksalsmäßiges Verbundenheitsgefühl geschaffen wurde und sie zum ersten mal als Ahnung verspüren, dass hier ein Volk zu einer Nation werden will. Durch die Revolution ist der Dilettantismus des Wilhelminismus abgetan. Die Revolution hat den Deutschen die Bahn freier gemacht. Sie war aber keine deutsche Revolution, sie war eine westliche, parlamentarische. Der "November" war ein liberaler Umsturz, auch wenn er von Sozialisten durchgeführt wurde. Die Revolution eines Volkes kann aber nur eine nationale sein:
"Wir wollen die Revolution gewinnen. Was heißt das? Wir wollen aus ihr, die ein Siegel unserer Niederlage war, ein Siegel unseres Aufstiegs machen. Sie soll sich als ein Umweg herausstellen, der in der Geschichte der Deutschen nötig gewesen ist."
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