Künstliche Intelligenz: Wenn Maschinen Jobs übernehmen und Arbeiter überwachen
Bei IBM soll die Arbeit von Tausenden Menschen durch KI ersetzt werden. In anderen Unternehmen hilft sie, Arbeiter zu überwachen. Warum Regulierung notwendig ist.
Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt – dieser Satz wurde in den vergangenen Monaten vielfach wiederholt. "Es werden einzelne Jobs wegfallen, aber es entstehen auch viele neue", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kürzlich dem Tagesspiegel.
Heil war darum bemüht, den Menschen die Angst vor der neuen Technologie zu nehmen. Die Arbeit werde nicht ausgehen, sie werde nur in vielfacher Hinsicht andere Arbeit sein. Und voraussichtlich ab 2035 werde es keine Arbeit mehr geben, die nichts mit KI zu tun habe. Angesichts des Fachkräftemangels verfüge Künstliche Intelligenz über "ein Riesenpotenzial".
Die Frage bleibt natürlich offen, ob KI die Arbeitswelt in positiver Hinsicht verändern wird. Erste Erfahrungen aus den USA zeigen, dass ihr "Riesenpotenzial" sehr wohl dazu benutzt wird, Arbeitsplätze abzubauen. Sie wird auch zur Überwachung der Arbeiter eingesetzt. Wer in Zukunft seinen Job behält oder verliert, darauf könnten Maschinen schon bald einen erheblichen Einfluss haben.
Wie nun bekannt wurde, will der US-Konzern IBM künftig Tausende Jobs von Maschinen erledigen lassen. Frei werdende Stellen in den Verwaltungsbereichen sollen nicht mehr oder nur verlangsamt neu besetzt werden, erklärte IBM-Chef Arvind Krishna gegenüber dem Finanzdienst Bloomberg.
In den betroffenen Bereichen arbeiten bislang etwa 26.000 Menschen. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass 30 Prozent von ihnen in einem Zeitraum von fünf Jahren durch KI und Automatisierung ersetzt werden", so Krishna. Insgesamt könnte das den Verlust von etwa 7.800 Arbeitsplätzen bedeuten.
Laut dem Konzernchef sollen hauptsächlich alltägliche Aufgaben, wie das Erstellen von Arbeitsnachweisen, vollständig automatisiert werden. KI könnte auch zum Einsatz kommen, wenn Mitarbeiter in andere Abteilungen des Unternehmens wechseln.
Einige Funktionen im Personalbereich, wie Arbeits- und Produktivitätsplanung, könnten wohl vorerst nicht von Maschinen übernommen werden. Krishna geht davon aus, dass es im Laufe des kommenden Jahrzehnts wohl nicht möglich sein wird.
Die US-Regierung ist dennoch besorgt über die Praktiken, mit denen Unternehmen ihre Mitarbeiter mittels Künstlicher Intelligenz überwachen. In einem am Montag auf der Internetseite des Weißen Hauses veröffentlichten Blogbeitrag heißt es:
Diese Technologien können zwar in einigen Fällen sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von Vorteil sein, sie können aber auch ernsthafte Risiken für die Arbeitnehmer mit sich bringen.
In einem von der Biden-Harris-Administration eingebrachten Entwurf für ein KI-Gesetz sollen Entwickler verpflichtet werden, Schutzmaßnahmen einzubauen.
Die ständige Überwachung der Leistung kann Arbeitnehmer dazu bringen, bei der Arbeit zu schnell zu handeln, was Risiken für ihre Sicherheit und psychische Gesundheit mit sich bringt. Die Überwachung von Gesprächen kann Arbeitnehmer davon abhalten, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, sich zu organisieren und Tarifverhandlungen mit ihren Arbeitgebern zu führen.
Außerdem könne die Nutzung von Künstlicher Intelligenz dazu führen, dass Beschäftigte in den Unternehmen unterschiedlich behandelt und diskriminiert werden. Das könne dann geschehen, wenn die Daten automatischer Überwachung in Entscheidungen über Bezahlung und Beförderung einflössen.
Wie Bloomberg berichtet, ist in den USA längst eine Debatte entbrannt, wie Unternehmen Technologien einsetzen, um ihre Belegschaft zu überwachen. Der US-Handelsriese Amazon sammelt etwa Daten zum Arbeitstempo seiner Lagerarbeiter.
Im Bundesstaat Minnesota sei Amazon nun verpflichtet worden, den Arbeitern Kopien der Daten zur Verfügung zu stellen. Auch in Kalifornien und New York wurden laut Bloomberg in den vergangenen Jahren ähnliche Gesetze verabschiedet.
Die bereits ausgeübte Überwachung ist vielfältig: Die Augenbewegungen von Lastwagenfahrern werden überwacht; in Fast-Food-Restaurants wird die Zeit gemessen, wie schnell Mitarbeiter Mahlzeiten zubereiten; in Callcentern wird der emotionale Zustand während eines Gesprächs mit einem Mitarbeiter analysiert; oder die Bewegungen von Krankenschwestern werden nachverfolgt.
Solche Technologien würden sich weitgehend unkontrolliert ausbreiten, erklärte der US-Senator Bob Casey laut Bloomberg. Sie – vereint mit Künstlicher Intelligenz – könnten dazu beitragen, ausbeuterische Praktiken in den Betrieben noch stärker zu etablieren.
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