Kultursubventionen und Studiengebühren
Der bayerische Wissenschaftsminister finanziert aus seinem Haushalt die 70,7 Millionen teure Luxussanierung eines Theaters
Mit 70.700.000 Euro kann ein Wissenschaftsminister einiges anfangen. Er könnte damit zum Beispiel einen ganzen Haufen Assistentenstellen schaffen. Oder der Hälfte der Studenten im Freistaat Bayern ein Semester lang die Gebühren erlassen. Der bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch aber hat mit dem Geld etwas anderes vor: Der gelernte Zahnarzt will die 70.700.000 in die Renovierung eines einzigen Münchener Theaters stecken.
Begründet wird dies damit, dass dieses 1864 errichtete Gärtnerplatztheater baufällig sei. Treffen die Wehklagen von ständig platzenden Heizungsrohren, Stromausfällen und Schimmel allerdings zu, dann läge es nahe, ein solch baufälliges Gebäude schleunigst abzureißen und das Grundstück zu Gunsten des Staatshaushalts an private Investoren zu verkaufen, die gerade in diesem Teil Münchens erhebliche Summen zahlen dürften.
Doch einen Abriss will Heubisch deshalb nicht, weil er das Gebäude für "eines der architektonisch schönsten Theater Bayerns" hält. Zudem, so der FDP-Politiker, würden solch einer Lösung denkmalpflegerische Erwägungen entgegenstehen. Außerdem könne man nach Fertigstellung der Sanierung Proberäume verkaufen, was die Sache langfristig gesehen nicht ganz so teuer machen würde.
Damit überzeugte Heubisch jedoch nicht einmal den eigenen Koalitionspartner vollständig. Der Haushaltsausschuss winkte die Luxussanierung zwar weitgehend diskussionslos durch, doch danach meldeten sich CSU-Abgeordnete aus benachteiligten Regionen wie der Hofer Fraktionsvize Alexander König, der laut einer Information der Münchener Abendzeitung beklagte, es sei ein "Saustall", dass die Staatsregierung Mittel für die Ausbesserung kaputter Straßen verweigert, aber "für diese Schicki-Micki-Pläne plötzlich Millionen hat."
König bekam für seine Kritik in der Fraktionssitzung auch deshalb viel Beifall, weil Heubischs Pläne offenbar lange so geheim gehalten wurden, dass viele Parlamentarier bei den Haushaltsverhandlungen (in denen es fast ausschließlich darum ging, wie viel Geld ihre Wahlkreise und Interessenverbände weniger bekommen) nie davon gehört hatten. Allerdings sind die von einigen CSU-Abgeordneten als Alternativen zum behindertengerechten und energiesparenden Umbau des Gärtnerplatztheaters genannten Dorferneuerungs- und Städtebauförderungsprogramme ein ähnlich problematischer Posten wie die Luxussanierung der Münchener Spielstätte: In diesen beiden Bereichen wurden in der Vergangenheit nämlich Mittel häufig dazu verwendet, Teerstraßen aufzureißen und durch Kopfsteinpflaster zu ersetzen, damit das örtliche Baugewerbe ein paar Aufträge bekommt.
Am Dienstag stimmte der Ministerrat trotzdem einem Doppelhaushaltentwurf 2011/12, in dem die Baumaßnahme enthalten ist. Der Landtag wird diesen Entwurf aller Voraussicht nach absegnen, auch wenn sich der Zorn mancher CSU-Mitglieder mittlerweile in einer neuen Austrittswelle entlädt, bei der jedoch nicht nur die Verteilungspolitik, sondern auch die blitzartig erfolgte Erhöhung der Mitgliedsbeiträge von 50 auf 62 Euro eine Rolle spielt. Zusätzliches Futter für die mit der Verschwendung von Steuergeldern Unzufriedenen lieferte Ministerpräsident Horst Seehofer, der unlängst in einer Fernsehshow den Eindruck vermittelte, er könne keine siebenstelligen Zahlen vorlesen.
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