Kunst und Mieterkampf
Seite 2: Eigenbedarf kennt keine Kündigung
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Im Foyer des Theaters und in den Räumen des zwischengenutzten Lab konnten im Rahmen des Festivals verschiedene Mieterinitiativen für ihr Anliegen werben. Dazu gehört die AG Eigenbedarf kennt keine Kündigung, die Mieter unterstützt, die den Eigenbedarf auf ihre Wohnung höher einschätzen als den der Eigentümer. So stehen sie vor Häusern, in denen Wohnungen zum Kauf angeboten werden und machen den Interessenten deutlich, dass hier Menschen wohnen und nicht daran denken auszuziehen.
Zu den stärksten Szenen von Rösingers Musical gehörte eine solche Wohnungsbesichtigung, die die Künstlerin selbst erlebt hat und erdulden musste. Die strukturelle Gewalt, die es bedeutet, wenn fremde Personen in die Wohnung eindrücken, nur weil sie das Geld dazu haben, wird in der Szene ebenso gut vermittelt wie das Ohnmachtsgefühl der Mieter, die sich anschließend darüber unterhalten, wie man sich da solidarisch wehren kann. Das ist ein Fortschritt.
In dem 2017 gedrehten Film Der lange Sommer der Theorie, der ebenfalls im linksliberalen Berliner Kunstprekariat spielt, kommt auch eine Szene vor, wo potentielle Wohnungskäufer in den Privatbereich der Frauenwohngemeinschaft eindringen. Im Film wird das eher mit Blödeleien überspielt. Eine solidarische Gegenaktion wird nicht einmal thematisiert.
So kann das HAU-Festival auch ein Indiz dafür sein, dass sich ein Teil des Kunstprekariats politisiert hat und sich mit anderen Betroffenen verbündet. Das Angebot von "Eigenbedarf kennt keine Kündigung" im Foyer ist eine ganz konkrete Handlungsmöglichkeit. Das Festival ist aktuell keine Ausnahme in Berlin.
Zeitgleich gibt es ähnliche künstlerisch-politische Interventionen im Haus der Statistik und im Neuen Berliner Kunstverein, wo die Ausstellung Politik des Raums im Neuen Berlin die politisch gewollte Unterwerfung des Berliner Wohnungsmarkts unter die Vorgaben des Kapitals thematisiert.