Kurden werfen Türkei Dorfbombardement vor
In den irakischen Kandilbergen sollen bis zu zehn Zivilisten ums Leben gekommen sein
Seit gut einer Woche bombardiert die Türkische Luftwaffe Stellungen der Hêzên Parastina Gel (HPG), des militärischen Arms der verbotenen Kurdenpartei PKK. Anlass war die Ermordung türkischer Polizisten durch die Terrorgruppe. Bis gestern trafen die Luftangriffe ausschließlich Militärlager - nun melden kurdische Medien, dass türkische Flugzeuge am Samstagmorgen acht Bomben über dem in den Kandilbergen gelegenen Dorf Zergelê abwarfen. Dabei sollen bis zu zehn Zivilisten ums Leben gekommen sein - darunter fünf Kinder und eine Schwangere.
Vom türkischen Verteidigungsministerium gibt es bislang noch keine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Sollte der Luftangriff auf das Dorf tatsächlich stattgefunden haben, wäre eine Erklärung dafür, dass die Gebäude für Teile eines Terrorcamps gehalten und versehentlich bombardiert wurden. Eine andere Möglichkeit wäre, dass man in Zergelê Führungskräfte der HPG vermutete, die man ausschalten will.
Ein mögliches Ziel wäre der HPG-Oberkommandierenden Murat Karayılan, der auch in der Terrororganisation Kongra Gel Fäden ziehen und eine Schlüsselfigur im Heroinhandel sein soll, weshalb das US-Finanzministerium 2009 seine Konten einfror. Zwei Jahre vorher hatte der Tagesspiegel über den PKK-Falken geschrieben: "In seinem Hauptquartier in den nordirakischen Kandilbergen sehnt Karayilan eine türkische Militärintervention im Irak geradezu herbei."
Karayılan sehnte aber nicht nur, sondern ließ so lange türkische Polizeiwachen angreifen, bis die türkische Armee am 21. Februar 2008 mit etwa 10.000 Mann in den Nordirak einmarschierte. Dabei kamen zahlreiche militante Kurden ums Leben - aber nicht Karayılan. 2011 flammten die Kämpfe erneut auf. Auch damals starben immer wieder Zivilisten - auch durch Bombenangriffe.
Der irakisch-kurdische Regionalregierungsaußenminister Falah Mustafa Bakir forderte gestern bei einem Besuch in Washington einen Stopp der neuen türkischen Luftangriffe, die seiner Ansicht nach die Probleme der türkischen Regierung mit der PKK nicht lösen, sondern verschärfen.
Auch seine Regionalregierung, so Bakir, sei mit den jüngsten Morden der PKK "nicht einverstanden", aber die Bombardements, über die er und seine Kollegen nicht vorab informiert wurden, seien die falsche Antwort darauf. Stattdessen müsse die türkische Regierung wieder mit der PKK verhandeln und den von beiden Seiten offiziell aufgekündigten Friedensprozess wieder in Gang bringen.
Deutlicher gegenüber der PKK wurde heute der irakisch-kurdische Regionalpräsident Masud Barzani. Er ließ mitteilen, die verbotene türkische Gruppierung sei mit schuld an der Eskalation und müsse jetzt "das Schlachtfeld von der irakischen Region Kurdistan fernhalten, damit keine Zivilisten Opfer dieses Krieges werden".
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