LNG-Terminals an Nord- und Ostsee: Teuer und überdimensioniert?
Die Kosten für die geplanten Anlagen steigen erneut. Eine Studie weckt Zweifel, dass tatsächlich alle benötigt werden. Warum am Ende die Steuerzahler gefragt sein dürften.
Die Bundesregierung lässt an den Küsten von Nord- und Ostsee Terminals errichten, mit denen verflüssigtes Erdgas (LNG) importiert werden kann. Am 22. Dezember soll das erste Gas über das Terminal in Wilhelmshaven in das deutsche Leitungsnetz eingespeist werden – wenn das Wetter nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung machen sollte.
Die Terminals sind die große Hoffnung der Bundesregierung, auf den Import von russischem Erdgas verzichten zu können. Das lässt sie sich einiges kosten – und wie jüngste Medienberichte zeigten, wird der Bau wesentlich teurer als zuvor angenommen.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) geht inzwischen von Kosten in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro aus. Im Frühjahr war noch von 2,9 Milliarden Euro die Rede. "Es geht hier um langfristige Kostenschätzungen für die Zeiträume 2022 bis 2038", sagte laut Nachrichtenagentur AFP eine Ministeriumssprecherin am Freitag in Berlin. Zuvor hatte Der Spiegel berichtet.
Die erste Kostensteigerung begründete die Bundesregierung damit, dass in "umfangreichen Abstimmungen mit zahlreichen Akteuren" weitere Kosten bestimmt worden seien. Und zunächst prognostizierte Kosten seien konkretisiert worden.
Es kamen neue Terminals hinzu, heißt es im Spiegel. Zwei der Terminals mussten mit 15 Jahren länger gechartert werden als geplant. In beiden Fällen hatte die Bundesregierung wohl aber die Option verhandelt, den Zeitraum auf die anvisierten zehn Jahre verkürzen zu können. In einer Anfrage hatte das BMWK erklärt, die Kosten hätten sich damit auf 6,5 Milliarden Euro erhöht.
Wodurch die höheren Kosten nun ausgelöst wurden, wurde nicht erklärt. Aus dem Ministerium hieß es lediglich, die Summe von 9,7 Milliarden Euro sei nach gegenwärtigen Schätzungen die maximale Gesamtsumme. Ob die Steuerzahler noch tiefer für das Projekt in die Tasche greifen müssen, hängt damit maßgeblich von den Umständen ab.
Dabei ist noch gar nicht ausgemacht, dass alle von der Bundesregierung geplanten LNG-Terminals benötigt werden. Das legt zumindest eine aktuelle Studie des in Köln ansässigen NewClimate Institute nahe. Denn wenn in vier Jahren alle elf geplanten Anlagen in Betrieb seien, könnte die anderthalbfache Menge des Erdgases importiert werden, die vor dem Krieg in der Ukraine pro Jahr aus Russland kam.
Wenn alle geplanten Terminals in Betrieb sind, könnte Deutschland über Land und See fast zwei Drittel mehr Erdgas importieren als derzeit verbraucht wird. […] Selbst unter Berücksichtigung einer Umrüstung auf grünen Wasserstoff oder Ammoniak sind die Pläne überdimensioniert. […] Außerdem wird der Bedarf an importiertem Wasserstoff in einem klimaneutralen Deutschland deutlich kleiner sein als der jetzige Gasbedarf.
New Climate Institute
Hinzu kommt, dass die aufgebauten Kapazitäten den deutschen Klimazielen zuwiderlaufen. Soll die Bundesrepublik im Jahr 2045 klimaneutral sein, müsste der Gasverbrauch im Land stetig zurückgefahren werden – gegenüber dem heutigen Niveau bis 2030 um etwa ein Fünftel, bis 2035 um die Hälfte und bis 2045 auf fast Null.
Werden die aktuellen Pläne der Bundesregierung realisiert, dann drohen laut Studie Fehlinvestitionen, die zum Teil aus Steuergeldern beglichen werden müssten.
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