Lässt sich Trump von Nordkorea an der Nase herumführen?

Bild: Tongil Senbo

Nach dem US-Präsidenten hat Nordkorea mit der Denuklearisierung begonnen, Satellitenbilder scheinen dem zu widersprechen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das Treffen von US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Herrscher Kim Jong-un wurde mitunter als ein Durchbruch und als großer Erfolg von Trumps Politik gefeiert, mit militärischem Druck und Kriegsdrohungen zu Verhandlungen zu kommen. Beschlossen wurde in einer knappen Vereinbarung, allerdings ohne alle konkreten Schritte, dass Nordkorea das Atomwaffenprogramm beendet und sich "denuklearisiert". Trump erklärte, Nordkorea sei keine nukleare Bedrohung mehr (Medienspektakel der Dealmacher).

Trump scheint vom Treffen mit dem Diktator beeindruckt gewesen zu sein und ging schon mal auf Vorleistung, indem er die amerikanisch-südkoreanischen Militärübungen einstellen ließ. Sie waren oft der Anlass für Drohungen aus Nordkorea, einen Atomkrieg zu entfesseln. So entfällt jetzt etwa die ansonsten jährlich im August ausgeführte Übung "Freedom Guardian", an der sich zuvor 50.000 südkoreanische und 17.500 amerikanische Soldaten beteiligten. Trump soll das angeblich ohne Beteiligung von Verteidigungsminister James Mattis entschieden haben. Der versprach - oder drohte? - Südkorea gerade, dass die US-Truppen dennoch in voller Stärke im Land bleiben würden.

Kim Jong-un hatte vor dem Gipfel als Vorleistung vor den Augen von Journalisten, die aber nicht zu nahe kommen durften, die Atomtestanlage in Punggye-ri gesprengt. Zuvor hatte er schon erklärt, dass die Atomwaffen-, aber auch die Raketentests eingestellt würden. Das geschah allerdings nach dem bislang letzten und bislang größten Atomwaffentest am 3. September 2017. Der Test mit einer Wasserstoffbome mit 100 kt geschätzter Sprengkraft soll in den Berg ein großes Loch gerissen und die Anlage weitgehend zerstört haben, hatten chinesische Wissenschaftler im April berichtet (Atomwaffentestgelände scheint unbrauchbar geworden zu sein). Bestätigt wurde die Annahme durch einen im Mai in Science veröffentlichten Bericht eines internationalen Teams von Wissenschaftlern. Ihre Analyse kam zu dem Ergebnis, dass "wahrscheinlich das Tunnelsystem eingebrochen" ist.

Das nährt die Vermutung, dass Kim Jong-un deswegen erst einmal auf Diplomatie gesetzt haben könnte, weil das Atomwaffenprogramm mit dem Wegfall des Atomtestgeländes, das dann noch sicherheitshalber ganz zum Einsturz gebracht wurde, ins Stocken geraten ist (Veranstaltet Kim Jong-un eine große Show mit der Sprengung der Atomtestanlage?).

Falls dies zutreffen sollte, was schon nach dem Atomwaffentest das plötzliche Zugehen auf Südkorea zur Winterolympiade andeuten würde, könnte dies bedeuten, dass Kim Jong-un auf Zeit oder er tatsächlich, motiviert aus Schwäche, auf eine diplomatische Lösung setzt. Schwer verwunderlich wäre sowieso, warum Kim Jong-un die Atomwaffen, die bislang wirkungsvoll für Abschreckung sorgten, für einen Deal ausgerechnet mit Donald Trump hingeben sollte, der immer wieder beweist, wie viel wert ihm Abmachungen sind. Gerade die Aufkündigung des Atom-Abkommen mit dem Iran muss eigentlich Nordkorea höchst misstrauisch gemacht haben. Zwischenzeitlich hieß es allerdings einmal von Nordkorea, man brauche keine Atomwaffentests mehr durchführen, weil die nukleare Abschreckung einsatzbereit sei.

Yongbyon-Forschungsreaktor, in dem Plutonium hergestellt wird. Bild: Google Maps

Die Vermutung, dass Kim Jong-uns Versprechen nur eine Show war, könnte nun durch die Auswertung von Satellitenbildern weiter bestärkt werden. 38 North, eine Organisation am Stimson Center, die Vorgänge im gut abgeschirmten Nordkorea analysiert, hatte schon vor einer Woche darauf hingewiesen, dass Satellitenaufnahmen vom 12. Juni zeigen, dass an der Einrichtung für Raketenantriebstests auf dem Gelände Sohae in Tongchang-ri, wo die Satelliten gestartet werden, keine Zeichen eines Rückbaus zu erkennen seien. Donald Trump hatte am 21. Juni gesagt, Nordkorea zerstöre "seine Triebwerkanlage": "They're blowing it up." 38 North geht davon aus, dass Trump Sohae gemeint hat.

Trump sprach von einem "schwindelerregenden Erfolg" der Verhandlungen mit Nordkorea. Es seien keine Raketen mehr abgefeuert worden, es gehe um eine "totale Denuklearisierung": "Und sie haben eine ihrer großen Testanlagen bereits gesprengt. Tatsächlich sind es vier ihrer großen Testanlagen." Was er mit den vier großen Testanlagen meinte, ist unklar. Am Dienstag veröffentlichte jedenfalls 38 North einen weiteren Bericht, nachdem es so aussieht, als würde Nordkorea das Atomwaffenprogramm weiter verfolgen.

Nach Satellitenbildern, 38 North nutzt Bilder von kommerziellen Satelliten, würde das atomwissenschaftliche Forschungszentrum Yongbyon weiter schnell ausgebaut. Dort wird Plutonium für Atomwaffen hergestellt. Das Kühlsystem für den Reaktor scheine fertiggestellt zu sein, aber es sei schwierig zu beurteilen, wie der Reaktor arbeite. Derzeit komme weniger Wasser aus dem Ausflussrohr in den Fluss als zu der Zeit, als der Reaktor voll im Betrieb war. Auch der Status der Radiochemischen Labors sei ungewiss. Aber es seien Gebäude etwa am experimentellen Leichtwasserreaktor fertiggestellt worden, während andere Bauarbeiten zu beobachten seien. Die Urananreicherungsanlage scheine in Betrieb zu sein, was aus der Verschmutzung am Dach abgeleitet wird.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.