Lasst die Corona-Toten ruhen!
Seite 2: Der Wert der Toten
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Das staatliche Gedenken an die Corona-Toten wirft in seiner moralischen Dimension noch eine weitere zentrale Frage auf, um die man nicht umher kommt. Wessen wird hier eigentlich gedacht, wer zählt als Opfer der Pandemie? Schon jetzt weisen Fachgesellschaften und -organisationen auf die zu erwartenden verheerenden Folgen gleichermaßen der Pandemie wie der Pandemie-Maßnahmen hin. Die Debatte um die Entwicklung der Suizidzahlen hat gerade erst begonnen und entwickelt sich bisweilen in einer für die Maßnahmenverantwortlichen unangenehme Richtung.
Wie mag das Gedenken in Berlin auf jene gewirkt haben, die – noch inmitten der Seuche – Angehörige durch Suizid verloren haben, durch nicht behandelte onkologische Erkrankungen oder ischämische Leiden? Seit einem Jahr laufen Gesundheitswesen und Krankenhäuser in Notbetrieb, viele notwendige Behandlungen bleiben aus, Prävention findet kaum mehr statt. Wer zählt die Opfer der staatlichen Entscheidung, die zu dieser andauernden Notlage geführt haben, wer steht ihren Hinterbliebenen zur Seite?
Und, dieser Disclaimer scheint stets nötig, entsprechende Fragen relativieren das Leid der Corona-Toten nicht. Die Bilder von den Corona-Intensivstationen und die Berichte von Ärzten sowie Pflegepersonal sind deutlich: Auch wenn die Pandemie keine Bedrohung für die Masse der Menschen ist, bleibt sie für die Betroffenen eine unberechenbare und tödliche Gefahr, angesichts derer die gesamtgesellschaftliche Verantwortung diskutiert werden muss.
Pathetische und moralingetränkte Schauveranstaltungen, wie sie in Berlin stattgefunden haben, verfolgen aber mindestens auch einen weiteren Zweck: die ebenso wichtige Debatte um die Folgen der Pandemie-Maßnahmen mitsamt ihrer politischen Implikationen zu verhindern und die Verantwortlichen in Konsequenz vor notwendigen Fragen zu schützen. Es ist, wenn man so will, eine Instrumentalisierung der Toten und der Trauer.
Es bleibt dabei: Die Pflicht des Staates ist in erster Linie, die Lebenden zu schützen. Nicht die Toten zu betrauern.
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