Lateinamerika: Riesiges Daten-Leak durch historische Cyberattacke

Seite 2: Neues Aufflammen eines alten Skandals

Ein politisch heißes Eisen könnte die Enthüllung verschiedener Details sein, etwa was die gescheiterte Operation zur Festnahme des El Chapo-Jünglings Ovidio Guzmán angeht.

Die aus den Fugen geratene Militäroperation, die als "Culiacanazo" in die Geschichte Mexikos einging, war eine der dramatischsten Offenbarungen von Ohnmacht und Hilflosigkeit dem Organisierten Verbrechen gegenüber.

Am 17. Oktober 2019 fassten Militäreinheiten in Culiacán, Sinaloa, den gesuchten Nachwuchs-Drogenboss. Dashcams der Soldat:innen zeigten später die Festnahme. Doch das Sinaloa-Kartell reagierte mit massiver Gewalt, kreiste die Stadt ein und war dem mexikanischen Militär schließlich überlegen – sodass der bereits festgenommene Chapo-Sohn wieder freigelassen wurde.

Die organisierte Drogenmafia schlug den Staat. Jetzt kam raus: Die Regierung gab die Zahl der Toten an jenem Tag in offiziellen Dokumenten der Öffentlichkeit gegenüber anders wieder – wenn auch nur sehr geringfügig.

Ein Skandal der vorherigen Regierung könnte zudem die jetzige wieder einholen. Denn unter Vorgänger Enrique Peña Nieto kam ans Licht, dass die Pegasus-Software zum Ausspähen kritischer Journalist:innen benutzt wurde.

Die aktuelle Regierung dementierte stets, die Spyware weiterhin benutzt zu haben; doch der Datenleak offenbart, dass die Obrador-Regierung 2019 bei der israelischen Hersteller-Firma NSO Group einkaufte. Die Telefone von mindestens drei Journalist:innen seien abgehört worden, zudem seien Menschenrechtsverteidiger:innen betroffen, berichtet die Plattform AnimalPolítico.

Militarisierung der öffentlichen Sicherheit Mexikos

Deutlich sichtbar: Düstere Parallelen zur Zeit des sogenannten "Schmutzigen Krieges" während den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts sowie dem Studentenmassaker am 2. Oktober 1968. Das Verteidigungsministerium Sedene überwacht gezielt soziale Bewegungen – ob feministische Kollektive, anarchistische Gruppen oder Studentenorganisationen.

Die Guacamaya-Leaks platzen mitten in eine polarisierte Diskussion über die Militarisierung der öffentlichen Sicherheit Mexikos. Nach fast zwei Jahrzehnten Drogenkrieg schreitet die immer weiter voran. Streitkräfte haben mittlerweile die Kontrolle über Flughäfen, Mega-Infrastrukturprojekte wie den Tren Maya, Zoll sowie die Außengrenzen.

Dass politische Entscheidungsträger:innen in Mexiko gemeinsame Sache mit dem Organisierten Verbrechen machen, ist für die Bürger:innen in etwa so neu wie Tatsache, dass Wasser nass ist. Dennoch dürften die vertraulichen Dokumente des Militärs in der kommenden Zeit noch so einige schmutzige Machenschaften enthüllen.