Lebendiges Spielzeug
Activisions "Skylanders: Spyro’s Adventure"
Activision kombiniert in Skylanders: Spryro’s Adventure das Videospiel mit echten Spielzeugfiguren. Diese werden in der virtuellen Welt des Action-Adventures lebendig und sind inklusive ihrer Fähigkeiten und Ausrüstung portabel zwischen PS3, Wii, Xbox360, Nintendo 3DS und dem PC. Das Prinzip zielt klar auf ein jüngeres Publikum, das Spiel selbst ist altersübergreifend unterhaltsam.
Im Kinderzimmer wird jedes Spielzeug lebendig. Seien es die Indianer, die das Fort erstürmen oder die Barbie, die ihren Traumurlaub erlebt: In der Phantasie ihrer Besitzer sind sie kein schnödes Plastik, sondern Akteure in ihren privaten Dramen. Pixars wunderbare Toy-Story-Filme erzählen davon, wie Spielzeug tatsächlich lebt, ohne dass die Besitzer davon etwas mitbekommen. Eine schöne Vorstellung, die zudem gleich erklärt, warum das Lieblingsspielzeug immer so schwer zu finden war, obwohl das Kind es doch ordentlich aufgeräumt hatte.
Auch "Skylanders: Spyro’s Adventure" haucht Spielzeugfiguren virtuelles Leben ein. Zum Starterset gehören neben der Software drei Plastikfiguren und ein Portal, das an die Konsole oder den PC angeschlossen wird. Eine darauf gesetzte Figur wird auf dem Bildschirm "lebendig" und fortan vom Spieler gesteuert.
Dieses Konzept ist fester Bestandteil der Hintergrundgeschichte: Nur die Skylander können die Welt durch die Zerstörung durch den bösen Kaos retten. Alleine sind sie allerdings machtlos, da sie zu Plastikfiguren erstarrt und auf der Erde gelandet sind. Ihre Welt erreichen sie nur mit Hilfe eines Portalmeisters, zu dem der Spieler vor dem Fernseher wird. Er kann jeweils einen Skylander über sein Portal in die virtuelle Welt schicken.
Das eigentliche Spiel ist ein Action-Adventure, das an die Lego-Videospiele erinnert. Ausgehend von einer zentralen Insel besuchen die Skylander diverse Levels in unterschiedlichen Umgebungen wie Strände und Verließe. Weder das Setting noch die Handlung gehen auf die älteren "Sypro"-Titel zurück. Der Protagonist der alten Jump-And-Runs, jener lila Drache mit Namen Spyro, ist nur einer von mehr als 30 Figuren. Seine Mitstreiter sind beispielsweise ein wandelnder Baum, ein kettenrasselnder Geist und ein flammender Bogenschütze.
Jeder Skylander hat seine eigenen Fähigkeiten und zunächst einmal zwei grundlegende Angriffe. Dabei gibt es Nahkampfspezialisten, Fernkämpfer und Mischformen. Auch unterscheiden sie sich hinsichtlich Geschwindigkeit, Rüstung und Angriffskraft. Jeder Skylander ist einem von acht Elementen wie Feuer, Magie und Wasser zugeordnet und damit in einigen Bereichen im Vorteil. Die Gewichtung der Elemente gegeneinander zieht sich dabei jedoch nicht so logisch durch wie in vielen Final-Fantasy- oder den Pokémon-Spielen. Der Reflex, einem Feuergegner einen Wasser-Skylander entgegenzusetzen, ist somit nicht unbedingt die optimale Lösung. "Spyro’s Adventure" unterteilt die Welt vielmehr in Zonen, in denen ein bestimmtes Element Boni erhält und zeigt das bevorzugte Element an.
Die Gegner in den ersten Levels dienen mehr zum Aufwärmen und erfordern keine Sorgfalt. Im späteren Spielverlauf gibt es allerdings Feinde, die kräftig zuschlagen, im Team arbeiten oder gegen die meisten Angriffe immun sind beziehungsweise nur kurzfristig die Deckung öffnen. Abgesehen davon, dass sie eine vorsichtigere Herangehensweise fordern, hilft bei ihnen oft der Wechsel der Figur.
Der Spieler kann jederzeit den aktiven Skylander austauschen, indem er eine Spielzeugfigur vom Portal herunternimmt und eine andere darauf platziert. So räumt beispielsweise der Nahkämpfer dem Fernkämpfer das Feld, wenn es die Situation erfordert. Auch kann der Portalmeister einen Skylander, der fast keine Lebensenergie mehr hat, aus dem heißen Gefecht nehmen und gegen einen frischen tauschen. Ist die Gefahr gebannt und möglichst noch ein energiespendendes Tortenstück in der Nähe, darf sich der Geschwächte daran stärken.
Geht einem Skylander die gesamte Lebensenergie aus, muss er für den Rest des Levels auf der Ersatzbank bleiben. So fungieren die Figuren quasi als Zahl der Leben. Der Schwierigkeitsgrad ist jedoch nie so hoch, dass mehr als die drei Basisfiguren zum erfolgreichen Durchspielen nötig sind.
Zwischen den normalen Levels lauert regelmäßig die Herausforderung durch Kaos. Diese Begegnungen sind die Haupt-Bosskämpfe und insgesamt wenig originell. Die Grundidee ist anfangs noch nett: Kaos schickt drei seiner Figuren gegen die des Spielers ins Rennen. Zunächst nacheinander und schließlich vereint im Trio. Zusätzlich jagt er die Skylander mit speziellen Zaubern wie Feuerbällen oder Haischwärmen. Spätestens beim finalen Aufeinandertreffen mit Kaos ist das Konzept ermüdend. Hier dürfen und müssen die Skylander Kaos selbst angreifen, der sehr, sehr viel Lebensenergie hat. Bei allen Kämpfen gegen den Widersacher Kaos fehlt jedoch das typische Element der Schwachstellenanalyse, das Bosskämpfe interessant macht.
Überhaupt ist die geringe Herausforderung, die wohl dem Zielpublikum geschuldet ist, die größte Schwäche des Spiels. Die späteren Gegner halten den Gamer zwar durchaus auf Trab, aber die Adventure-Elemente sind deutlich zu einfach. Die Schiebepuzzles sind beinahe beleidigend leicht und wo immer etwas Nachdenken gefordert ist, gibt es übertrieben viele Hinweise. Eines der interessantesten Elemente sind kleine Monster, die den Skylander nicht behelligen, aber ihm beispielsweise den benötigten Schlüssel klauen. Diesen Dieben muss der Spieler meist auf irgendeine Art den Weg versperren, um ihnen nicht endlos im Kreis hinterher zu rennen.
Neben den Kämpfen und dem Adventure gibt es einen Rollenspielanteil, der bei fast allen neueren Spielen jeglichen Genres üblich ist. Durch das Besiegen von Gegnern sammeln die Skylander Erfahrung, mit der sie insgesamt zehn Stufen aufsteigen und dabei ausschließlich ihre maximale Lebensenergie erhöhen. Andere Attribute wie die Verteidigung steigert der Gamer für seine Figuren mit Hüten, die er nicht als reales Spielzeug, sondern virtuell in der Spielwelt findet. Schließlich investiert er noch das Geld, das die einzelnen Skylander in Fässern, Schatztruhen gefunden und von Gegnern gesammelt haben in verbesserte Angriffe. Für die höchsten Fähigkeiten muss er sich dabei auf eine der beiden Basisattacken spezialisieren.
Die wohl interessanteste Möglichkeit die Skylanders zu verbessern sind sogenannte Helden-Herausforderungen. Jede Figur bringt ihre eigene mit, die aber auch von allen anderen gespielt werden kann. Im Gegensatz zu normalen Levels darf der Spieler die Figur während der Challenge nicht austauschen. Meist muss der Skylander in einer knapp bemessenen Zeit eine vorgegebene Zahl an Gegnern besiegen oder Gegenständen finden. Als Belohnung verbessert sich nach erfolgreichem Abschluss ein Attribut der Figur wie Geschwindigkeit oder Angriff permanent.
Eine Besonderheit des Portal-Konzepts von Skylanders ist der plattformübergreifende Austausch. Die Eigenschaften, das Level, der Hut und die erweiterten Angriffe werden auf einem RFID-Chip in der Figur gespeichert. Setzt ein PS3-Gamer seine Figur bei einem Freund auf das Portal an der Wii, spielt er den Skylander mit denselben Attributen und Fähigkeiten wie an der heimischen Konsole. Für das Messen mit Freunden gibt es zudem einen Battle-, für das Teamwork einen Koop-Modus.
Die 3DS-Version nimmt eine Sonderstellung ein. Das Spiel ist ein Jump-And-Run und fordert die Geschicklichkeit stärker als die anderen Versionen. Auch gibt es in den Levels ein Zeitlimit, das ein wenig Tempo ins Geschehen bringt. Dennoch ist das Spiel recht einfach, da die Skylander zwar durchaus abstürzen können, dabei aber lediglich ein wenig Lebensenergie verlieren. Die Handheld-Version hat eine eigene Geschichte und startet mit drei anderen Figuren. Die Kommunikation zwischen dem Portal und dem 3DS erfolgt über Infrarot. Der Spieler darf stets zwei Skylander auf sein System übertragen und benötigt nur zum Aktualisieren oder Wechseln der Figuren eine Verbindung zum Portal. Beim Austausch der Skylander mit einer Heimkonsole oder dem PC nehmen sie ihre aktuelle Entwicklungsstufe mit. Die Fähigkeiten spielen jedoch auf dem 3DS keine Rolle.
Dass Activision die Kunden animieren möchte weitere Figuren zu kaufen, verwundert wenig. Das Starter-Pack mit drei Figuren reicht vollkommen aus bis zum letzten Boss durchzuspielen. Dank des doch eher geringen Schwierigkeitsgrads kommt der Gamer dabei kaum in Verlegenheit. Allerdings gibt es überall spezielle Tore, die nur von einem Skylander des passenden Elements durchschritten werden können. Insgesamt gibt es acht Elemente, sodass dem Spieler mit seinem Starter-Trio gut die Hälfte der Tore und damit der Zugang zu weiteren Schätzen verschlossen bleibt. Zusätzlich bedeutet jede neue Figur eine weitere Heldenherausforderung und damit zusätzliche Möglichkeiten auch die bereits vorhandenen Figuren zu verbessern.
Zusätzlich zu den normalen Figuren, die knapp acht Euro kosten, gibt es auch Adventure Packs für knappe 20 Euro. Diese sind quasi der physische Gegenentwurf zu Download Content. Sie enthalten je eine Figur, ein zusätzliches Level und zwei Gegenstände, die der Spieler im normalen Spiel einsetzen kann und damit beispielsweise eine Figur heilt.
Trotz allen Anreizen den Spielern zu weiteren Käufen zu verleiten, ist "Skylanders: Spyro’s Adventure" keine billige Geldmacherei. Zusätzliche kostenpflichtige Inhalte sind inzwischen fast Standard und die Plastikfiguren sind auch als Spielzeug durchaus eine ansehnlich. Sie sind eindeutig für Kinder gedacht, würden aber wunderbar in die Welt des Sheldon Cooper aus The Big Bang Theory passen.
Das Spiel selbst ist zwar recht einfach, aber bietet aber viel Abwechslung. Das Entwicklerstudio Toys for Bob hat viel Sorgfalt in die Welt, die Figuren, die Hintergrundgeschichte und das Level-Design gesteckt. Mit der Grundausstattung liegt die Gesamtspielzeit zwischen 10 und 20 Stunden und damit im normalen Bereich für aktuelle Games. Der Wiederspielwert für die letzten Herausforderungen wie das Einhalten eines Zeitlimits für jeden Level ist hoch. Hier schlägt jedoch die Erweiterungsfalle zu: Vieles ist erst nach dem Kauf oder zumindest Ausleihen weiterer Figuren möglich. Die von Vicarious Visions entwickelte 3DS-Version kann zwar nicht mit Super Mario 3D Land mithalten, gehört aber zu den besten Jump-And-Runs, die bisher für Nintendos Handheld erschienen sind. Dem Gamer, der sich nicht von der geringen Herausforderung abschrecken lässt, seien beide Versionen insgesamt durchaus empfohlen. Eltern sollten sich allerdings darüber im Klaren sein, dass die Grundausstattung viele weitere Wünsche nach sich ziehen wird.