Lehren aus Afghanistan

Seite 2: "Werteorientierte" Außenpolitik und Machtinteressen der Starken

Zur ideologischen Grundausstattung der Außenpolitik treten vor allem in den USA, aber auch in der Bundesrepublik, die "nationale Sicherheit" und "nationale Interessen" hinzu. Sie allein kommen den wahren Interessen und Zielen der Interventionen nahe. Drei Funktionen bzw. Aufgaben haben diese unter dem "Banner des Guten" vorgetragenen "Werte" zu erfüllen:

  • "defensiv" geht es um die Rechtfertigung und Verteidigung offensichtlich rechtlich zweifelhafter bzw. illegaler Interventionen und Maßnahmen,
  • "offensiv" geht es um die Diskreditierung, Delegitimierung des politischen Gegners und die Vorbereitung eines Angriffs,
  • vorgeblich geht es um den Schutz der Menschenrechte und die Einhaltung des Völkerrechts.

1. Klassische Formen des "defensiven" Werteeinsatzes sind die "humanitäre Intervention" wie im Krieg gegen Ex-Jugoslawien 1999 und die "Responsibility to Protect" wie in Libyen.

Der australische Journalist und Dokumentarfilmer John Pilger sagte dazu 2011: "Der europäisch-(US-)amerikanische Überfall auf Libyen hat nichts damit zu tun, dass jemand beschützt werden soll. Es ist die Antwort des Westens auf die Volkserhebungen in strategisch wichtigen und ressourcenreichen Regionen der Erde und der Beginn eines Zermürbungskrieges gegen den neuen imperialen Konkurrenten China."

2. "Offensiv" werden die "Werte" zur Delegitimierung und zum Regime Change als Sanktionen gegen Staaten wie Kuba, Syrien aber auch Volksrepublik China eingesetzt. Dass es dabei nicht nur um politische und wirtschaftliche Sanktionen geht, sondern auch um militärische Interventionen, hat die Geschichte Kubas gezeigt. Dieses Vorgehen wird nun auch gegen eine Weltmacht wie China erwogen. Der US-Präsident Joe Biden sagte dazu im Juli dieses Jahres: "Ich denke, es ist mehr als wahrscheinlich, dass wir in einem Krieg enden werden – einem echten Krieg."

3. Der wirkliche Schutz der Menschenrechte, die originäre Aufgabe einer "werteorientierten" Außenpolitik, spielt in der realen Politik keine Rolle. Beispiele massiver Menschenrechtsverletzungen wie Israel/Palästina, USA/Guantánamo, Afghanistan/Bagram oder Irak/Abu Ghraib, werden sogar vor den Untersuchungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) geschützt.

Ähnlich begründet ist das Schweigen des Westens zur gewalttätigen Niederschlagung der Demonstrationen in Bahrein durch saudi-arabisches Militär: Zu groß sind die Interessen des Westens in Saudi-Arabien und in den Golfstaaten.

Diese Beispiele einer Politik des zweierlei Maß belegen den letztlich instrumentellen ideologisch-legitimatorischen Gebrauch von Menschenrechten. In Wahrheit geht es mit den Worten von Egon Bahr zu Schülern um Folgendes: "In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt."

Ein erstes Fazit zur "werteorientierten" Außenpolitik: Sie zielt nach wie vor auf Macht und Herrschaft über fremde Länder mit den alten Instrumenten des Kolonialismus und Imperialismus wie Raub, Krieg und Versklavung, nur die Legitimation hat sich geändert:

Im 15. Jahrhundert war es die Mission, mit der die Expeditionen zunächst an die Küsten Afrikas und dann gen Westen geschickt wurden.

Im 19. Jahrhundert war es der Auftrag der Zivilisation, mit dem die europäischen Staaten die Welt unter sich aufteilten, so etwa auf der Berliner Konferenz 1884).

Im 20. Jahrhundert sind es Menschenrechte, Demokratie und Freiheit, mit denen die Staaten versuchen, die koloniale Ordnung zu erhalten und neu zu ordnen.

Was tun?

Seien wir auf der Hut angesichts der starken innenpolitischen Komponente "wertebasierter" Außenpolitik:

Denn wer kann schon dagegen sein, wenn Menschenrechte, vor allem Frauenrechte, also Rechte der Schwächeren, von den "Zivilisierten" geschützt werden, die dafür sogar die Last des Krieges auf sich nehmen – wie altruistisch! Wer dies kritisiert, macht sich der Menschenverachtung schuldig! So werden Militär- und Kriegskritik durch die Inhaber von Moral zum Schweigen gebracht.

Und schon ist auch der nächste desaströse Konflikt vorbereitet: Das wirtschaftsstarke Deutschland hat ein Kriegsschiff in den Fernen Osten (!) entsandt. Anstatt sich daheim um die Hausaufgaben zu kümmern, als da sind: die Bekämpfung der wachsenden Armut und damit der Spaltung unserer Gesellschaft, die Integration vieler vor deutschen Waffen und deutscher Wirtschaftspolitik zu uns Geflohener und eine wirksame und sozial angepasste Klimapolitik und vieles andere mehr.

Was tun?

  • Stopp jeglichen Rüstungsexports.
  • Stopp der inländischen Aufrüstung. Waffen und Kriege haben noch keinen Konflikt auf der Erde geregelt, geschweige denn: gelöst.
  • Die EU, Friedensnobelpreisträgerin 2012, nicht aufrüsten, sondern zur Friedenstifterin zurückbauen.
  • Der UNO ihre ursprüngliche friedensstiftende Funktion zurückgeben, und dies mit dem alleinigen Gewaltmonopol!

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