Lieferung von Kampfjets: Scholz nach wie vor dagegen, Siko-Chef dafür
Kanzler spricht von "Überbietungswettbewerb". Ehemaliger Spitzendiplomat wirbt für F-16-Kampfjets für die Ukraine. Bevorstehende Münchner Sicherheitskonferenz wird auch von Rüstungsfirmen gesponsert.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die gerade beschlossene Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine nicht als Dammbruch verstanden wissen. Die aktuelle Debatte über die Lieferung von Kampfjets kritisierte er am Sonntagabend auf einer Pressekonferenz in Santiago de Chile als "Überbietungswettbewerb". Es sei "eigenwillig", dass diese Debatte geführt werde, sagte Scholz laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur.
"Mancher muss sich schon fragen: Warum stellt er die Frage, wo es doch darum geht, den Ukrainern zu helfen." Nötig sei jetzt eine seriöse Debatte und kein "Überbietungswettbewerb (...), bei dem vielleicht innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund stehen".
Kanzler plädiert für rationale Abwägungen
In einer so wichtigen Frage müsse es um die Sache und um rationale Abwägungen gehen, betonte Scholz. Er erinnerte daran, dass er und US-Präsident Joe Biden bereits kurz nach Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine Flugverbotszonen ausgeschlossen hatten, weil dies zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato hätte führen können. Auch "solche unsinnigen Ansinnen" wie die Entsendung von Bodentruppen seien abgelehnt worden. "Es ist dazu jetzt wirklich alles gesagt, auch von mir", erklärte Scholz.
Seine Parteichefin Saskia Esken hatte am Sonntag im ARD-"Bericht aus Berlin" etwas uneindeutiger auf die Frage geantwortet, ob sie eine Lieferung von Kampfflugzeugen ausschließe: "Es kommt ja ganz entscheidend darauf an, dass eben Deutschland und dass auch die Nato nicht Kriegspartei sind", sagte Esken zunächst. Deshalb sei die Regierung in diesen Fragen in sehr enger Abstimmung mit den US-Amerikanern.
Vor wenigen Tagen hatte selbst die FDP-Wehrpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag und vehemente Verfechterin der Panzerlieferungen, erklärt: "Ich sehe keine deutschen Kampfjets über der Ukraine".
Als Grund für ihre Skepsis nannte sie mögliche Bedienungsfehler durch die ukrainische Armee: "Wenn ein Panzer unter Umständen nicht richtig bedient wird, dann bleibt er stehen. Bei einem Flugzeug fällt es runter. Und eine Luftüberlegenheit zu bekommen, ist unwahrscheinlich", sagte Strack-Zimmermann vergangene Woche im RTL/ntv-"Frühstart".
"Lieferung von Kampfjets adäquat"
Eindeutig für die Lieferung von Kampfjets spricht sich unterdessen der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen aus: "Ich glaube, dass die Lieferung von Kampfjets adäquat ist, um die Ukraine besser zu schützen gegen die Angriffe der Russen", sagte Heusgen im ARD-"Europamagazin" vom Sonntag. In Frage kämen hierfür nach seinen Worten unter anderem F16-Kampfjets – deren Hersteller, der US-Konzern Lockheed Martin, steht auf der Sponsorenliste der Münchner Sicherheitskonferenz, neben anderen Rüstungs- und Technologiefirmen wie Airbus, MBDA und Rheinmetall.
Heusgen kann sich aber auch die Lieferung von Kampfflugzeugen sowjetischer Bauart aus alten DDR-Beständen vorstellen. Ausländische Kräfte dürften der Ukraine gemäß Völkerrecht Waffen liefern, das schließe Kampfpanzer ebenso ein wie Kampfflugzeuge, betonte der ehemalige Spitzendiplomat, der zeitweise Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen war.
Die alljährliche Konferenz mit hochrangigen Politikern und Militärs im Luxushotel Bayerischer Hof wurde erstmals 1963 unter dem Namen "Wehrkundetagung" abgehalten. Inzwischen heißt sie umgangssprachlich Siko, wird seit 2022 von Heusgen geleitet und findet dieses Jahr vom 17. bis zum 19. Februar statt.
Veranstalter ist die Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz (gemeinnützige) GmbH. Regierungsamtliche Partner sind neben dem Bundesverteidigungsministerium und dem Auswärtigen Amt das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Presse- und Informationsdienst der Bundesregierung.
Friedensbewegte kritisieren unter anderem, dass Teile der Privatwirtschaft, die von Krieg und militärischen Lösungsansätzen profitieren, hier mit im Boot sitzen. Finanziert wird die Konferenz üblicherweise durch einen Mix aus Sponsorengeldern und Steuermitteln. Zu den reinen Veranstaltungskosten kommt in der Regel ein erhebliches Polizeiaufgebot.
Zu Protesten wird unter dem Motto "Verhandeln statt Schießen – Abrüsten statt Aufrüsten" eingeladen.