Lindner will an Renten-Tabu rütteln – Scholz' Versprechen wackelt
Bundesfinanzminister Lindner sieht neues Haushaltsloch. Rente und Soziales im Fokus von Kürzungsplänen. Ist die Rente ab 63 bald Geschichte?
Keine zwei Wochen ist es her, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch in der Bundespressekonferenz in Berlin eine Lanze für die Rentnerinnen und Rentner gebrochen hatte:
"Bei der Rente zum Beispiel handelt es sich ja um etwas, wo Leute Beiträge gezahlt haben. Das, was ihnen daraus zusteht, ist durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes geschützt. Manchmal klingen einige Leute, die sich öffentlich äußern so, als ob das eine karitative Tat wäre, dass man eine Rente kriegt, so der Kanzler am 24. Juli.
Scholz: Renten sind Eigentumsansprüche
"Nee, das sind Eigentumsansprüche, die die Bürgerinnen und Bürger haben, für die sie eingezahlt haben. Das dürfte man nicht mal einfach so verändern wie einige flott darüber reden", betonte Scholz mit Blick auf die faktischen Rentenkürzungspläne der Unionsparteien, die eine Erhöhung des Renteneintrittsalters angekündigt haben, sollten sie demnächst regieren.
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Doch rund einen Monat nach der Haushaltseinigung für 2025 macht auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) innerhalb der Ampel-Koalition die Debatte wieder auf. Lindner hat eine Milliardenlücke ausgemacht, da ein neues Gutachten die Verfassungsmäßigkeit einiger Haushaltsmaßnahmen in Zweifel zieht. Fünf Milliarden sollen insgesamt fehlen.
Aus Lindners Sicht muss nun "im konsumtiven Bereich" gekürzt werden – also im sozialen Bereich, bei Bürgergeld und Rente. Letztere kann die Regierung zwar rechtlich nicht einfach kürzen. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters läuft aber auf eine faktische Kürzung hinaus, wenn Betroffene aus gesundheitlichen Gründen früher in Rente gehen und dafür Abschläge in Kauf nehmen müssen.
Wirtschaftsweise: Hebel bei Rente ab 63 ansetzen
"Prinzipiell sind Einsparungen bei den Renten möglich. Zum Beispiel die Rente ab 63 oder die Mütterrente könnte man zur Disposition stellen", hatte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Zuge der letzten Haushaltskrise im November 2023 gegenüber der Berliner Morgenpost gesagt.
Martin Werding, wie Grimm Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, schlägt vor, den Zugang zur Rente ab 63 auf Geringverdienende zu beschränken.
"Zum Beispiel könnte eine abschlagsfreie Frührente dann nur noch Versicherten offenstehen, die pro Beitragsjahr weniger als 60 Prozent des Durchschnittsentgelts aller Versicherten verdient haben", sagte Werding den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Die Wahrscheinlichkeit, dass sie besonders belastende Tätigkeiten ausgeübt haben und vor Erreichen der Regelaltersgrenze gesundheitlich am Limit sind, steigt dann deutlich an", so der Wirtschaftsprofessor an der Ruhr-Universität Bochum.