London Blackout
Im Großraum London und anderen Teilen Großbritanniens kam es zu einem Stromausfall, der mit einem Ausfall von Windkraft und einer Gasturbine begründet wurde - aber vieles spricht dafür, dass der Ausfall in einem Regelungsfehler zu suchen ist
Neben London war nach Aussagen des Verteilnetzbetreibers UK Power Networks auch der Norden des Landes, die Midlands und Wales von den Stromausfällen am 9. August betroffen. National Rail, der Verband der britischen Eisenbahngesellschaften teilte mit, eine große Zahl von Zugverbindungen gerade zur abendlichen Rush Hour sei beeinträchtigt, auch Anzeigetafeln in Bahnhöfen seien teilweise betroffen.
Der Bahnverkehr war nach Aussagen von Network Rail vor Allem bei den Signalanlagen und hier im Raum Newport, Gloucester, Ashford, Bristol, Eastbourne, Hastings, Three Bridges und Exeter betroffen. In den Bahnhöfen gab es nach vorliegenden Informationen keine Notbeleuchtung. Dass dies nicht zu größeren Problemen führte, dürfte der traditionellen britischen Gelassenheit zuzuschreiben sein. Auch im Straßenverkehr gab es Probleme, weil die Ampelanlagen ausgefallen waren. Insgesamt waren etwa 800.000 Haushalte zeitweise ohne Strom.
Offensichtlich hat auch Großbritannien seine Probleme mit der Bewältigung der Energiewende. Die konzentriert sich auf den britischen Inseln jedoch nicht auf den Atomausstieg, sondern auf den Ausstieg aus der Kohle, der bis zum Jahr 2025 bewältigt werden soll. Die ersten Versorger legen ihre Kohlekraftwerke schon deutlich früher still. RWE Generation hat angekündigt, das Steinkohlekraftwerk Aberthaw B in Wales am 31. März 2020 zu schließen. Die bestehenden Lieferverpflichtungen für den Kapazitätsmarkt sollen auf andere Kraftwerke übertragen werden.
Die Ursache für den Ausfall
Der Ausfall wurde ausgelöst, nachdem zuerst das 730 MW-Gaskraftwerk "Little Barford"vom Netz gegangen war und zwei Minuten danach die Offshore Windfarm "Hornsea"ebenfalls ausgefallen war. Vom Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) National Grid, der für den Ausgleich von Stromerzeugung und Kundennachfrage in Großbritannien verantwortlich ist, wurde erklärt, dass die verstärkte Einspeisung von erneuerbarer Energie wie Wind und PV das Netz nicht verletzlicher mache.
Nach Aussage von National Grid kam es nach dem Ausfall der beiden Stromerzeuger, Offshore Windfarmen zählen dabei jeweils wie ein Großkraftwerk, zu einem Frequenzabfall. Dies führte zu einem geplanten Lastabwurf auf der Kundenseite. Ob der Abwurf von Verkehrsinfrastruktur und einem Krankenhaus hier besonders sinnvoll waren, müssen die nachfolgenden Untersuchungen zeigen. Die Ausfallserie begann am späten Freitagnachmittag um 16:50 Uhr in London und Südostengland.
Zum gleichen Zeitpunkt fiel auch die Windkrafteinspeisung ab. Um 16:55 sprangen Pumpspeicherkraftwerke ein, um den Erzeugungsausfall zu kompensieren. Dies konnte jedoch die schon angelaufenen Kettenreaktion der Netzabwürfe nicht mehr aufhalten.
Nach Aussage des vor 30 Jahren privatisierten ÜNB National Grid war das übergeordnete Netz innerhalb von sieben Minuten wieder aufgebaut und funktionierte vollständig normal. Andere Quellen nennen 18:30 oder 18:35 Uhr als Zeitpunkt der Wiederherstellung der Stromversorgung im Übertragungsnetz.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Übertragungsnetz auf den britischen Inseln, anders als das deutsche Übertragungsnetz, ein Inselnetz ist, das nur über drei Gleichstromkupplungen mit dem kontinentalen Stromnetz verbunden ist, was nicht zuletzt in den unterschiedlichen Betriebsspannungen auf den Inseln und auf dem Kontinent begründet ist. So wird das Niederspannungsnetz auf dem Kontinent mit einer Nennspannung von 230 Volt betrieben und in Großbritannien mit 240 Volt.
Probleme mit den lokalen und regionalen Netzen
Die länger anhaltenden Probleme traten dann bei den Verteilnetzbetreibern auf. Das sind u.a. UK Power Networks, die London und den Osten Englands versorgt, und bei Western Power Distribution, die für die Versorgung der Midlands, des Südwesten und Wales verantwortlich sind und Northern Power Grid, die im Nordosten Englands den Strom verteilen. Im Verteilnetz von Electricity North West, die den Nordwesten Englands mit Strom versorgen, waren nur etwa 26.000 Haushalte betroffen.
Auf der Ebene der Verteilnetzbetreiber kam es offensichtlich zu mehreren Fehlentscheidungen bei der Priorisierung der zu versorgenden Stromabnehmer. Nachvollziehbar ist dabei, dass die Londoner Großflughäfen Heathrow und Gatwick vom Stromausfall nicht betroffen waren. Dass jedoch die Verkehrsinfrastruktur und hier vor allem die Ampelanlagen abgeschaltet wurden, ist kaum nachvollziehbar, weil deren Strombedarf eher gering ist. Die Tatsache, dass der Strom im Ipswich Hospital für eine halbe Stunde ausgefallen war, lag daran, dass der vorhandene Notstromgenerator nicht gestartet werden konnte.
Warum der Stromausfall in der Fläche insgesamt dann doch knapp zwei Stunden gedauert hatte, ist eine Frage, die bislang noch nicht beantwortet ist. Vieles spricht dafür, dass die Verteilnetzinfrastruktur auf den britischen Inseln in die Jahre gekommen ist und dringend erneuert werden muss. Möglicherweise erlebt das britische Verteilnetz jetzt die gleiche Entwicklung, welche das damals ebenfalls privatisierte Schienennetz schon vor Jahren erfuhr.
Die britische Regulierungsbehörde "Office of Gas and Electricity Markets" (Ofgem), vergleichbar der deutschen Bundesnetzagentur (BNetzA) soll jetzt die Hintergründe des größten Stromausfalls auf den britischen Inseln der vergangenen zehn Jahre untersuchen.
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