Lügenmärchen mit Sci-Fi Einschlag
Vom Himmel hoch direkt in die Krippe zu Bethlehem
I.
Weihnachten, okay, eine ziemlich außerirdische Angelegenheit. Der "Stern von Bethlehem" — das klingt doch —nach einem UFO?
Vor allem wenn man später das apokryphe Petrusevangelium dazu nimmt. Eines der frühesten übrigens, man möchte meinen, der Quelle am nächsten. Da hält ja wiederum ein UFO am Himmel über dem Grab. Des Außerirdischen. Nicht etwa: "Jesu", man sollte sich diese altpriesterliche Sprechweise im Deutschen ohnehin abgewöhnen, allein schon aus Respekt gegenüber den Agnostikern im Land. Und: es gibt ja auch keine lateinische Liturgie mehr.
"Up in the air, somewhere above the grave of — Jesus Christ", würde man auf Englisch sagen. "Das UFO parkte oberhalb der Grabstätte von Jesus Christus", oder "des Religionsstifters", obwohl Jay Cee ja nur der "Originator" der christlichen Religion war. Und selber gar nichts gestiftet hat. Wie Karl Marx — "Ich bin kein Marxist" — hätte er von sich selber vermutlich auch gesagt, "Ich bin kein Christ". Aber ein Außerirdischer — das schon. Der Mythos hält sich, obwohl die frühen Redakteure des Neuen Testaments ja genau deswegen das Petrusevangelium rausgeschmissen haben dürften. Es roch ihnen wohl doch — schon damals — zu sehr nach einer Episode aus Star Treck.
Zitat: "35. In der Nacht aber […] erscholl eine laute Stimme im Himmel, 36. und sie sahen die Himmel geöffnet und zwei Männer in einem großen Lichtglanz von dort herniedersteigen und sich dem Grabe nähern. 37. Jener Stein, der vor den Eingang des Grabes gelegt war, geriet von selbst ins Rollen und wich zur Seite, und das Grab öffnete sich, und beide Jünglinge traten ein."
Mit anderen Worten: Kirk und Spock betreten — als Zeitreisende — eine Szenerie im Nahen Osten der ausgehenden Bronze-Ära.
Das erschien den frühen Redakteuren des Christentums doch ein bisschen weit hergeholt— selbst wenn jener Evangeliums-Petrus seine Geschichte in der ersten Person — in der "Ich-Form" — schrieb, als Augenzeugenbericht. Pseudoepigraphisch — nennt man das. Eine Lügengeschichte.
Absolutely Anything (Zufällig allmächtig) (11 Bilder)
II.
Die Generation der Monty Pythons in England emanzipierte sich von den offiziellen Lügengeschichten der anglikanischen Kirche erst in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Auf einmal war es aber jedem klar, dass man über diesen Quatsch nur noch lachen konnte. John Lennon von den Beatles musste in Amerika die schmerzhafte Erfahrung machen, dass es zwischen dem Gelobten Land des Rock 'n Roll und ihrem rückständigen Inselreich einen gewaltigen Grand Canyon gab — einen Great Divide, einen massiven Unterschied des gesellschaftlichen Diskurses. Kaum hatte Lennon gedankenlos dahin geplappert, dass die Beatles jetzt in Amerika schon beliebter seien als Jesus Christus, als auch schon die verbohrten Pimpfe der Bibel-Faschos anfingen, öffentlich Beatles-Scheiben zu verbrennen.
Lebhaft unterstützt von adulten Mitgliedern des KKK und sogar bei Columbia Records. Die Plattenfirma der Beatles in den USA strich "schwarze" Songs wie "Twist and Shout" oder "Money" von ihrem US-Debut-Album, Meet the Beatles.
"Sie sind Weiße, aber sie klingen wie Schwarze" tönte in Amerika des öfteren die Vox Pop, und gerade auch über "Eric Burdon und die Animals" hieß es damals "They are white Blacks."
Den Humor der Monty Python-Truppe konnte man in den USA lange überhaupt nicht würdigen, ebenso wie man in Deutschland dem Sketch über den "tödlichen deutschen Witz" mit Unverständnis begegnete. "Wie kann man darüber lachen, wenn jemand bei einem Witz tot umfällt?" wunderte man sich — allen Ernstes — in bundesrepublikanischen Feuilletons.
Der anti-biblische oder anti-klerikale Tenor war seinerzeit rundum virulent im Humor aus Britannien, in Monty Pythons "Leben des Brian" ebenso wie in ihrem "Toten Papageien"-Sketch, und dito bei Rowan Atkinsons "Mr Bean"-Serie und seinen "teuflischen" Nummern auf Youtube.
"Überholt" mögen diese ollen Kamellen heute im Untergehenden Königreich UK wirken — aber man stelle sich vergleichbare Lachnummern nur einmal im heutigen Bayern oder in Istanbul vor, wo die neue amerikanisch unterstützte Hinrichtungsart des "Khashogglns" erfunden wurde. (Die letztlich darstellbar und vorstellbar bleibt einzig in Form einer Monty Python-Parodie.)
III.
Umso erstaunlicher ist es aber doch, dass der beste Weihnachtsfilm aller Zeiten nicht nur aus Britannien — sondern auch aus der "Santas Helpers"-Werkstatt der letzten verbliebenen Pythons stammt.
Da sitzen sie, John Cleese, Michael Palin, Eric Idle, und Terry Gilliam, verkleidet (bedauerlicherweise) als CGI-Außerirdische, als himmlischer Weisenrat, an Bord eines molluskoiden Raumschiffes, und beginnen, ganz wie einst Abraham mit Gott nunmehro unter- und miteinander zu hadern und zu rechten, ob sie den Planeten Erde leben lassen sollten, sofern sie nur einen einzigen vernünftigen Menschen antreffen könnten. (Zum ungeheuerlichen Glück für die Erde werden sie sich aber, am Ende des Films, dank ihrer eigenen Blödheit, selbst aus dem Himmel schießen, womit wir wieder bei der Aufklärung angekommen wären, die den Film in den USA zum Flopp missraten ließ.)
Zu hässlich für die USA?
Nicht nur sind die pythonschen Weltraum Aliens von einzigartiger kreatürlicher Hässlichkeit, als wären sie einem Kasperle-Theater in der Tiefsee entsprungen, sie tragen auch keine der Superhelden-Uniformen, die den Himmelswesen der Marvel-Welt zu eigen sind. Und da, wo die Figuren eindeutig als "Amerikaner" identifiziert werden können, wie in der Gestalt des liebeskranken CIA-Gangsters "Grant", befleißigen sie sich einer zerstörerischen, kriminellen Energie, deren Wahnsinn hellseherisch auf die post-kabarettistische Politik der Trump-Ära verweist.
Wieso hellseherisch? Weil der Film im September 2015 in die Kinos kam, und sogleich in Amerika floppte. Soviel Wahnsinn schien den Amerikanern wohl in der ausgehenden Obama-Phase noch für ein bisschen "spinnert". Und das, obwohl "Absolutely Anything" der familientauglichste Film ist, den ich seit langem gesehen habe — wobei familientauglich hier bedeutet, "geeignet für ein Wohnzimmer mit galaktischer Flat Screen und einem ausgedehnten Sofa und Sessel-Arrangement, sowie einer Kinderschar im Alter von drei bis 13, samt ihren Freunden und Freundinnen und diversen Besuchern, die sich vor dem Bildschirm ohne größere Aufmerksamkeit fletzen, tummeln und balgen, und den Film gerade eben wieder zum dritten Mal hintereinander angesehen haben."
Wieso Flop? Fragt man sich. Denn: Robin Williams ist mit dabei, in seiner letzten Filmrolle — als Stimme des dressierten Wunderhundes "Dennis". Kate Beckinsale ist mit dabei — als familientaugliche MILF für den Pater familias und als Rollenmodell für die stressgeplagten Mütter, wie man auch mit 42 noch geil aussehen kann, selbst als Kettenraucherin. Joanna Lumley ist dabei, Star aus der Kultserie "Absolutely Fabulous", hier sträflich unterbenutzt, fast nur in einem Cameo. Es ist (auch) eine Abschiedsvorstellung, denn keine zwei Jahre später wurde der Autor und Regisseur des Films, der "Zweite Terry" der Pythons, Terry Jones, mit Demenz diagnostiziert. Kein Wunder, dass es in diesem Film nur so wimmelt von britischen Talenten, die alle noch einmal schnell beim letzten Kino-Ausflug der Komik-Klassiker seit 1983 mit dabei sein wollten.
Trotzdem. Der Film funktioniert, weil die Götter im Python Himmel ihrem Protagonisten, dem eher unscheinbaren Hauptdarsteller Simon Pegg, die Gabe verleihen, durch einen einfachen Wink mit der Hand sich jeden Wunsch — selbst in kosmischen Dimensionen — sofort zu erfüllen. Kindlicher, weihnachtlicher, alberner, kann es in keinem Film zugehen, und man fragt sich, wieso diese Idee nicht schon vorher bis zum Exzess ausgewrungen und abgemolken worden ist?
Das wärs, was die Weihnachtsfilmempfehlung betrifft. Zusatz-Infos gibt es hier und hier und da.
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