Tom Appleton
Das Foto wurde in Niavaran aufgenommen, im Norden von Teheran - und man sieht, es ist Frühling und ich sitze da, am Morgen, mit der ersten "Tasse" Tee, und versuche, ein wenig in einem Dick-Francis-Krimi zu lesen, aber meine Gedanken schweifen ab. Was man auf dem Bild in diesem Format nicht erkennt, ist, dass das Buch "Wild Horses" heißt — aber genug über Dick Francis.
Also Teheran. Ich bin dort aufgewachsen, rund um den Bazar von Tajrish, in Shemiran, und bin dort auch mit sieben Jahren in Gholhak auf die Deutsche Schule gegangen - und nachdem eine halbe Ewigkeit später mal ein Artikel darüber in Telepolis erschien, wollten mich die ehemaligen Mitschüler noch nachträglich aus ihren Reihen tilgen. Was insofern witzig war, als ich bis dahin aus dieser Schule noch nicht rausgeworfen worden war. Aus vielen anderen schon. Aber dort noch nicht. Erst 50 Jahre später. Ha ha.
Man ersieht jedoch daraus - dass ich, obwohl selber kein Perser, offenbar doch stark genug von der persischen Sozialisation geprägt war, um für immer in Deutschland ein Außenseiter zu bleiben. Zur Anpassung unfähig. Umgekehrt aber, obwohl ich nachher nur 15 Jahre in Deutschland gelebt habe, bin ich doch zeitlebens an die deutsche Sprache gekettet geblieben.
Ich lebe seit Jahrzehnten in Neuseeland, mit Zwischenstationen in Wien, und anderswo. Ich schreibe auf Englisch, aber eben auch - auf Deutsch. Oder umgekehrt. Einige Monate, nachdem das Niavaran Foto entstanden war, begann ich, in Wellington, einen Roman zu schreiben über einen jungen Perser, der in Westdeutschland aufwächst. Ich nannte meinen Helden "Adam Hessabi", was soviel bedeutet wie "ein anständiger Mensch", also, im Grunde genommen, ein Schlemiehl oder Narr, denn für anständige Menschen gibt es bekanntlich keinen Platz auf der Welt. Es sollte ein Schelmenroman werden. Dann wurde es doch was anderes. Ein bisschen Spionage-Thriller, ein bisschen Bildungsroman, ein bisschen Beatles-Rätsel.
Ich alimentierte mich selber, soll heißen, ich verdiente das Geld, das es mir erlaubte, das Buch zu schreiben, selber. Und ich selber bezeichne das Ganze als eine "Komödie des Traurigseins", ein Buch zum Lachen und zum Weinen. Der Titel des Romans lautet "Hessabi", eben, nach dem Helden der Geschichte, falls man sich fragt, was DAS jetzt wieder bedeuten soll??? Und falls meine Telepolis-Leser sich fragen, ob das hier eine unbezahlte Werbung werden könnte, kann ich nur antworten, wieso? Hat irgendjemand vielleicht einen größeren Urwaldfluss in einem eindeutig nichtspanischsprachigen Land Südamerikas erwähnt? Ich sicher nicht. Und wozu auch?