Für Deutsche ist überall in England "Freiburg"
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Wie geht es weiter mit Englisch in der EU nach dem Brexit? - Teil 2
Zu Teil 1: Wie geht es weiter mit Englisch in der EU - nach dem Brexit?
Worin unterscheidet sich eigentlich das Amerikanische vom Englischen? Beides sind, wie man das heute in England nennt, verschiedene Formen des Englischen - Englishes. Eh schon kein schönes Wort. Aber das Amerikanische ist heutzutage die international verständlichere Version.
Ich selber begegnete meinem ersten Engländer in Deutschland mit 16 Jahren, einem Mann aus Manchester. Ich konnte buchstäblich kein Wort von dem verstehen, was er mir da eine halbe Stunde lang erzählte. Und obwohl ich den Song "Money" von Pink Floyd mittlerweile seit 50 Jahren kenne, verstehe ich bis heute den Text nicht, selbst wenn ich ihn abgedruckt auf einem Blatt Papier vor mir sehe.
Ähnlich geht es mir bei Texten von"BAP", der Kölner Popgruppe. Es hat mich immer geärgert, dass der Sänger dieser Truppe, Wolfgang Niedecken, völlig verständliches Hochdeutsch spricht, in Interviews, aber dann Songs singt im massiven Dialekt. Umgekehrt, lieber Niedecken, möchte ich ihm zurufen. Singen auf Deutsch, Interviews auf Kölsch.
Wenn der DAAD eine neuseeländische Doktorandin für etliche Semester nach München oder Freiburg schickt, ist das verpulvertes Geld. Der einzige Ort, wo jemand aus Neuseeland Deutsch lernen könnte, wäre Hamburg. Die deutsche Bestseller-Autorin Charlotte Roche spricht Deutsch und Englisch gewissermaßen gleich gut. Aber ihr Deutsch neigt sich, egal aus welchen Gründen, hinüber zum Englischen. Wie zwei Chausseebäume, die zu dicht nebeneinanderstehen. Ihr Deutsch klingt dementsprechend ein wenig Hamburgisch.
Das Hamburgische ist jene Form des Deutschen, die dem Englischen phonetisch am nächsten kommt. Will man einer neuseeländischen Studentin etwas Gutes tun, muss man sie nach Hamburg schicken, nicht nach Freiburg. Das Problem beim britischen Englischen ist, umgekehrt, genau das Gleiche, nämlich, dass man dort, nach England, überallhin eine deutsche Sprachschülerin hinschicken könnte. Für Deutsche ist überall in England - "Freiburg".
Noch schlimmer ist es natürlich, wenn man die Schülerin nach Schottland schickt, denn erstens versteht sie kein Wort von dem, was man ihr dort sagt - und hat sie es aber doch gelernt, versteht kein Mensch mehr, was sie sagt, wenn sie nach Deutschland zurück gekehrt ist. Für deutsche und österreichische Sprachschüler gibt es in Europa nur die Option Dublin oder Belfast.
Ich selber spreche nach Jahrzehnten in Neuseeland und Österreich ein "rock-washed", ein ausgewaschenes Amerikanisch, wie jene zerschlissenen Blue Jeans - und erst kürzlich bestätigte mir eine Engländerin aus Southhampton mal wieder, dass ich ganz bestimmt aus Belfast kommen müsste. Eine Amerikanerin aus Neuengland meinte dagegen, Maine - der Bundesstaat Maine, nördlich von New York - müsste meine Heimat sein.
Das Amerikanische unterscheidet sich vom britischen Englisch also zunächst einmal in der Redegeschwindigkeit. Es läuft bei halbem Tempo. Es ist eine Sprache, die von Ausländern erlernt wurde. Die mit Bewusstsein am Anfang eines Satzes noch nicht sein Ende kennen.
Das Wichtigste ist die amerikanische Sprachmelodie. Man hat sie mit einem Ketchup verglichen, der über alles drübergeschüttet wird. Danach schmeckt alles gleich - oder es klingt eben alles "Amerikanisch". Ich sah mir kürzlich einen Naturfilm über Balkanflüsse an - und der Kommentator, ein deutscher Wissenschaftler, sprach "perfektes Amerikanisch". Das darunter liegende Deutsch war nicht mehr lokalisierbar.
Uwe Boll, ein großartiger deutscher Filmemacher, verwechselt in einem amerikanisch intendierten Text die Wörter "draught" und "drought". Man erkennt daran, dass er in der Schule einem Englisch-Unterricht, bzw. keinem Amerikanisch-Unterricht beigewohnt hat. Und das falsch Gelernte bis in seine Erwachsenenjahre nicht mehr korrigiert hat. Dass er seit seiner Schulzeit also nichts dazu gelernt hat. Das ist ohnehin die deutlichste Erkenntnis, die ich aus der Beobachtung deutscher und österreichischer Englischsprechender - gleichermaßen auch bei Lehrern und Schülern - gewonnen habe. Sie alle glauben, drei Jahre Englischlernen sei auf Lebenszeit genug.
Das gilt genauso für Akademiker, die zeitlebens nie wieder eine Grammatik aufschlagen werden, ein Grammatik-Lehrbuch, um nachzusehen, ob es "it's" oder "its" heißen soll, ebenso wie für Lehrer, die trotz Studienaufenthalten in London oder im tiefsten Amerikanien nie den Unterschied zwischen "V" und "W" geschnallt haben, und deshalb die deutschen Elementarfehler über Generationen hinweg perpetuieren.
Nachdem ich einigen Sitzungen der lachhaft genug benamten TEA-Vereinigung beigewohnt hatte - das sind die Teachers of English in Austria - wurde mir klar, dass sie geradezu mit Absicht Schulversager heranzüchteten. Sie verwendeten Unterrichtsmaterialien, die zu absolut Nichts nütze waren. Sie hatten den Kindern nicht einmal nach fünf Jahren das Buchstabieren auf Englisch - zum Beispiel ihres eigenen Namens -oder das Nachschlagen unbekannter Wörter in einem Wörterbuch beigebracht.
Ich erfand, als Lehrmetapher, die Geschichte der Touristen, die in Florida am Flughafen gekidnappt und irgendwo im Keller festgehalten werden. Nach Tagen gelingt es einem von ihnen, die Fesseln zu durchtrennen. Der entführte Tourist findet ein Telefon und ruft die Polizei an. "Okay, what's your name?" fragt die Polizei. "Feuchtwanger." - "Right. Can you spell that?" Er kann es nicht. "What's your phone number?" Er kann die Zahlen nicht auf Englisch sagen. Also Lebensgefahr.
Etliche Jahre später flog ein ostdeutsches Ehepaar nach Miami und wurde tatsächlich von einheimischen Gangstern gefangen genommen. Als Ex-DDR-Bürger sprachen sie natürlich kein Wort Englisch. Den Gangstern riss der Geduldfaden und sie erschossen die Touristen aus Germany. Ich zeigte meinen Schülern den Zeitungsausschnitt. "Wenn diese Leute das gelernt hätten, was ich euch hier beizubringen versuche, wären sie heute noch am Leben," sagte ich.
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