Maaßen oder der Bankrott der schwarz-roten Regierung
Der Verfasssungsschutzchef wird entlassen, aber im Bundesinnenministerium befördert, Merkel und Nahles demonstrieren die Schwäche der Regierung
Die Rochade, die Bundesinnenminister Seehofer mit dem Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen durchziehen konnte, ist unglaublich. Anstatt den Mann, der versuchte, die rechtsextremen Umtriebe im Land herunterzuspielen und verschwörungstheoretisch von einer "gezielten Desinformation" sprach, zu entlassen, konnte Seehofer durchsetzen, dass er in das Bundesinnenministerium wechselt und damit als neuer Staatssekretär befördert wurde. Immerhin verdient er nun 2.000 Euro im Monat mehr.
Welche Drohungen Seehofer beim Treffen mit der Bundeskanzlerin und der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles äußerte, weiß man noch nicht. Merkel hatte zuvor versprochen, dass an der Frage Maaßen die Koalition nicht zerbrechen werde. Seehofer, der in seiner Partei abgewirtschaftet ist und vielleicht auch deswegen mittlerweile zum Vater aller Probleme in der Bundesregierung wurde, hatte sich demonstrativ hinter Maaßen gestellt.
Dass nun Merkel und auch Nahles dem Kompromiss zugestimmt haben, Maaßen ins Bundesinnenministerium ab- und hochzuschieben, spricht für eine Schwäche der Kanzlerin und auch für die Angst der SPD vor einem Zerfall der Regierung. Danach bliebe nur noch der Scherbenhaufen, also tut man so, dass man sich mit der Absetzung von Maaßen als Verfassungsschutzchef durchgesetzt habe. Als Staatssekretär kann er nun offener auf der rechte Seite auftreten.
Kein Wunder, dass nach dieser Entscheidung der Regierungssprecher versucht, das Ergebnis als entschlossene Tat zu verkaufen. Im Tweet schreibt er: "Das Amt des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz wird neu besetzt", danach kommt die offizielle Stellungnahme. In der heißt es, dass Maaßen ins Innenministerium wechselt, weil Seehofer "seine Kompetenz in Fragen der öffentlichen Sicherheit schätzt". Er habe aber nichts mit der Aufsicht über den Verfassungsschutz zu tun. Aber kein Wort dazu, den Verfassungsschutz zu reformieren, der im NSU-Fall bereits eine höchst dubiose Rolle spielte.
Das ist ein Debakel für die Kanzlerin, die damit eingesteht, dass sie erpressbar und nur noch damit beschäftigt ist, den auseinanderbrechenden Laden zusammenzuhalten, anstatt politisch zu führen. Sie wollte vermutlich die Regierungskoalition nicht gefährden und vor der Wahl in Bayern nicht die CSU an die Wand fahren lassen. Im Grunde hätte sie jetzt nicht nur Maaßen, sondern auch Seehofer entlassen müssen. Vielleicht wäre das in der CSU gar nicht so schlecht angekommen, denn Seehofer ist dort verbrannt und Söder hätte den Posten mit einem Getreuen besetzen können, um so besseren Schwung für die Wahl zu bekommen.
Der größte Verlierer ist allerdings die SPD, die sich für die Entlassung von Maaßen aufplusterte, aber zum Machterhalt oder eben aus Angst vor dem endgültigen Absturz dann die Kröte schluckte, dass Maaßen entlassen und befördert wird. Kläglich der Rechtfertigungsversuch von Carsten Schneider (SPD), dass Maaßen zwar als Verfassungsschutzchef "untragbar" geworden sei: "Seehofer organisiert sein Ressort in eigener Verantwortung. Wenn er glaubt, dass Maaßen hilfreich ist, hat er das zu verantworten!" Aber eben auch die SPD, die das zulässt. Damit hat sich die SPD allerdings noch weiter ihr Grab geschaufelt, weil niemand ihr mehr trauen kann.
Mit solchen Kompromissen, die dazu dienen sollen, dass alle das Gesicht wahren können, aber so durchsichtig sind, dass sie aus purer Schwäche heraus zustandekamen, wird besiegelt, dass die Merkel-Zeit abgelaufen ist. Die Merkel-Regierung wird es vermutlich nicht schaffen, bis zum Ende der Legislatur durchzuhalten. Mit dem erwartbaren Absturz der CSU in Bayern dürfte die Koalition noch schwieriger werden, zumal auch die Position der SPD immer schwächer werden wird.
Die AfD will aber nur die Entlassung von Maaßen skandalisieren und liegt damit auch daneben. Kaum denkbar, dass die Menschen die Beförderung nicht mitkriegen. "Mit #Maaßen geht ein fähiger Kopf, der die Entwicklung der Merkel’schen Asylpolitik von Beginn an kritisch gesehen hat", sagt Alice Weidel. Merkel habe den "weiteren kritischen Geist rasiert". Nett ist auch Leif-Erik Holm, der schreibt: "Wer es in diesem Regierungsapparat wagt, die Wahrheit zu sagen, wird zum Freiwild erklärt." Es ist freilich ein seltsames Freiwild, das nun aufsteigt und zum Staatssekretär wird. Andere sprechen zwar vom Wegloben, meinen aber damit, dass Maaßen zum Schweigen gebracht würde.
Man könnte argumentieren, dass Merkel, Nahles und Seehofer zusammenfanden, um Maaßen nicht zum Märtyrer zu machen, womit er etwa wie Sarrazin zur Galionsfigur der Rechten würde. Das aber hieße, dass man ihn rettet, weil er den Rechtsnationalen zuneigt.