Machtpoker in Syrien
Israel droht Iran, Kurden drohen Damaskus, Russland nimmt Koalitionsflugzeuge ins Visier, Australien setzt Einsätze über Syrien aus
Die Situation in Syrien steht nach dem Abschuss der syrischen Militärmaschine durch einen amerikanischen Abfangjäger auf der Spitze. Vor der absehbaren Einnahme von Mosul und der von Raqqa, wo weitgehend kurdische Verbände der von den USA unterstützten und aufgebauten SDF bereits in Außenbezirke der Stadt vorgedrungen sind, versuchen die USA und Russland sowie die beteiligten Regionalmächte ihre Einflusszonen mit den jeweiligen Bodentruppen zu sichern oder auszubauen.
Die USA wollen den Zugriff auf den Osten des Landes mit der Hilfe der syrischen Kurden ausbauen und verhindern, dass schiitische Verbände aus dem Iran, dem Irak, Syrien und dem Libanon (Hisbollah) einen länderübergreifenden Korridor bilden. Das würde den Einfluss Irans und Russlands stärken, die Assad-Regierung stärken, aber auch die Hisbollah im Libanon, die vor allem für Israel eine andauernd drohende Gefahr bilden.
Offenbar haben syrische Truppen mit ihren Alliierten nach Erfolgen in Aleppo und Palmyra nun eine Offensive in Ostsyrien gestartet, wo auch die vom IS weiter belagerte Stadt Deir Ezzor liegt. Die Kurden behaupten, syrische Truppen würden in die Gebiete eindringen, die sich bereits nach der Vertreibung des IS kontrollieren. Bislang haben sich syrische Kurden und Assad-Truppen praktisch nicht bekämpft, sondern sich gegenseitig geduldet. Das könnte sich ändern, wenn es um die Machtverteilung geht.
Nachdem Iran mit dem Einverständnis der syrischen Assad-Regierung und damit auch Russlands mutmaßliche Stellungen des Islamischen Staats bei Deir Ezzor beschossen haben, angeblich um sich für die Terroranschläge in Teheran vom 7. Juni zu rächen, zu denen sich der IS bekannt hatte, wurde nun Israel unruhig. Die Revolutionären Garden hatten sechs Raketen abgefeuert, Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu warnte daraufhin gestern den Iran, Israel nicht zu bedrohen: "Ich habe eine Botschaft an den Iran: Bedroht Israel nicht." Die israelische Armee würde die iranischen Aktivitäten in der Region genau beobachten. Dazu zählt er Versuche, sich in Syrien militärisch festzusetzen oder Waffen an die Hisbollah zu liefern, was für Israel immer wieder ein Grund oder ein Vorwand ist, um Ziele in Syrien anzugreifen.
In Israel, so berichtet Times of Israel, wird der Beschuss der IS-Stellungen durch die Mittelstreckenraketen vor allem als Warnung an Israel und als Rechtfertigung des iranischen Raketenprogramms verstanden. Nach Angaben israelischer Sicherheitsexperten war der Beschuss ein Flop, nur eine Rakete habe ihr Ziel getroffen, wo Iran dieselbe Erfahrung macht wie das US-Militär, als Präsident Trump den Befehl gab, mit Dutzenden von Tomahawk-Raketen einen syrischen Luftwaffenstützpunkt zu zerstören. Im Iran wurde der Verdacht geäußert, dass die Terroranschläge mit Unterstützung Saudi-Arabiens ausgeführt wurden, nachdem kurz zuvor Trump auf seiner Nahostreise die saudische Allianz hofiert, das Vorgehen gegen Katar wegen iranischer Verbindungen und der Unterstützung der Moslembrüder gebilligt und Iran zum Gegner in der Region erklärt hatte.
Der Konflikt zwischen der saudischen Koalition und Katar hält trotz Bemühungen von Washington an, das dort den größten Militärstützpunkt in der Region hat und weiter Waffen auch an Katar liefert. Das will keine Gespräche aufnehmen, so lange Saudi-Arabien die Blockade aufrechterhält.
Die USA bemühen sich darum, zumindest ließ dies Pentagon-Sprecher Adrian Rankine-Galloway verlauten, dass das Sicherheitsmemorandum für Syrien, das Russland wegen des Vorfalls aufgekündigt hat, wieder aufgenommen wird. Der direkte Kanal zur Konfliktvermeidung sei effektiv gewesen. Russland hatte zudem gewarnt, dass alle Flugzeuge der US-geführten Koalition in Syrien potenzielle Ziele der Luftabwehr seien. Offenbar wird das vom Pentagon ernst genommen, der Sprecher kündigte auch an, ohne genauer zu werden, dass man als Vorsichtsmaßnahme den Einsatz der Flugzeuge in Syrien verändere.
Australien hat hingegen einen Schnitt gemacht, möglichweise dokumentiert dies auch die die derzeit schlechten Beziehungen zwischen der australischen und der amerikanischen Regierung. Die australische Luftwaffe setzt vorübergehend die Flüge über Syrien aufgrund der Spannungen mit Russland aus. Das sei eine Vorsichtsmaßnahme, die Flüge gegen den IS im Irak seien von der Entscheidung nicht betroffen. In Syrien hatten in letzter Zeit australische Flugzeuge keine Einsätze mehr geflogen.