Machtwechsel in Mazedonien
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Sozialdemokrat Zoran Zaev will nach monatelangem Grabenkrieg ein "Regierungschef aller Mazedonier" sein
Klassische Musik hallt über den Vorplatz von Skopjes neuer Philharmonie am Ufer des Vardar-Flusses an diesem sommerlichen Nachmittag im Mai 2017. Es könnte der Schwanengesang für Nikola Gruevski sein, den Bauherrn des futuristischen Konzerthauses.
Von 2006 bis zu seinem Sturz im Januar 2016 hat der Vorsitzende der nationalkonservativen "Inneren Mazedonischen Revolutionären Organisation - Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit" (VMRO-DPMNE) die "Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien" (EJRM) mit harter Hand regiert. Seine Gegner werfen ihm vor, die Medien gegängelt, sich in die Justiz eingemischt und ethnische Spannungen zwischen slawischen Mazedoniern und der albanischen Minderheit geschürt zu haben. Die mazedonische Hauptstadt hat er mit dem urbanistischen Großprojekt Skopje 2014 nach seinem Gutdünken umgestaltet. Um die angeblich in der Antike gründende nationale Identität der Mazedoniern zu stärken, hat er aus ihr eine Zuckerbäckerkapitale mit gigantischem Heldenpanoptikum gemacht.
Nachdem kurz vor Mitternacht des 31. Mai 2017 eine knappe Mehrheit von 62 der 120 Abgeordneten des mazedonischen Parlaments den Sozialdemokraten Zoran Zaev zum neuen Ministerpräsidenten des Balkanlandes gewählt hat, befindet sich Nikola Gruevski erstmals seit elf Jahren wieder in der Opposition. Obwohl seine VMRO-DPMNE die Parlamentswahlen im Dezember 2016 knapp vor der "Sozialdemokratischen Liga Mazedoniens" (SDSM) gewonnen hat, konnte sie sich mit ihrem langjährigen albanischen Koalitionspartner DUI nicht auf eine Fortsetzung des Regierungsbündnisses verständigen.
Ex-Premier Nikola Gruevski hat nun strafrechtliche Verfolgung für sein Regierungshandeln zu erwarten. Sein Amtsnachfolger Zaev will das zum Ende Juni 2017 auslaufende Mandat der Sonderstaatsanwaltschaft (SJO) verlängern. Die im Jahr 2015 eingerichtete Behörde ermittelt gegen Gruevski und seine Parteifreunde wegen Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und der Korruption. Vor zwei Jahren hat Zaev als Oppositionsführer Abhöraufnahmen veröffentlicht, die massenhafte Bespitzelung tausender Bürger und Journalisten und korrupte und kriminelle Machenschaften Gruevskis und seiner Parteifreunde zu offenbaren schienen.
Demnächst dürfte auch Gegenstand von SJO-Ermittlungen werden, inwiefern bei der baulichen Realisierung von Skopje 2014 alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Schätzungen zufolge soll Gruevski dafür rund 700 Millionen € aus der Staatskasse des wirtschaftsschwachen Balkanlandes aufgewendet haben. Auch das schneeweiße, monumentale Parteigebäude seiner VMRO-DPMNE erweckt den Anschein, als sei viel Geld in seine Renovierung geflossen.
Nun regiert die postkommunistische SDSM in Koalition mit den Parteien der albanischen Minderheit "Demokratische Union für Integration" (DUI) und "Allianz für die Albaner" (AA). Die albanische "Bewegung BESA" hat ihre ursprünglich geplante Regierungsbeteiligung verworfen, da sie mit einigen DUI-Minister nicht einverstanden war, die bereits im Kabinett Gruevski Regierungsverantwortung getragen haben. Bei der Wahl der Regierung enthielten sich die BESA-Abgeordneten ihrer Stimmen, in Sachfragen wollen sie sie gegebenenfalls aber unterstützen.