Macron auf PR- und Einkaufstour in Griechenland

Seite 2: Abendessen

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Zwanzig Minuten sind bei Sonnenuntergang und einbrechender Dämmerung eine Ewigkeit, wenn es um Lichtverhältnisse geht. So kam es, dass der Macron begrüßende Tsipras während seiner langen Rede die "Blaue Stunde" genoss, während Macron mit dem Nachhimmel vorlieb nehmen musste.

Das Problem der Inszenierung war, dass es eher kitschig als historisch wirkte, die schlecht beleuchteten Politiker mit dem lichtbedingten Teint eines Protagonisten aus dem Hollywoodfilm Avatar an einem weiß leuchtenden, modernen Podium vor der Kulisse der Akropolis sprechen zu sehen. Der Inhalt der Reden entsprach dem, was bereits mehrfach am Tag gesagt wurde. Tsipras forderte neben dem Euro-Finanzminister auch einen Euro-Sozialminister, einen Länderfinanzausgleich und Gerechtigkeit für die Bürger.

Macron hingegen begann seine Rede auf Griechisch. Er sprach die Worte vorsichtig aus und wirkte bei Beendigung des griechischen Sprachteils sichtlich erleichtert und stolz - wie ein Schüler, der eine gelungene Abiturrede hält.

Seine einstige Lehrerin, die französische First Lady Brigitte Macron hatte den ersten Besuchstag über zusammen mit Betty (Peristera) Baziana ein Kulturprogramm absolviert. Das einheimische Medieninteresse konzentrierte sich auf die beiden Frauen, während der politische Teil eher pflichtgemäß übertragen wurde. Ältere Damen der griechischen Upper-Class sind in der Regel frankophil. Französischkenntnisse werden und wurden in der feinen Gesellschaft noch vor dem Erlernen des Englischen vermittelt. Brigitte Macrons Kleidungsstil war somit ebenso ein Medienthema, wie der Staatsbesuch als solcher.

Die Athener selbst erlebten ihre Hauptstadt am Besuchstag nur aus dem Fernsehen. Selbst Fußgänger konnten die City nicht passieren, wenn eine Durchfahrt - oder ein Durchgang - Macrons geplant war. Spürhunde suchten nach Bomben, Anti-Terror-Spezialisten scannten mit modernem Gerät jedes mögliche Versteck. Selbst Reporter, die sonst bei Staatsbesuchen mit ihren Akkreditierungen innerhalb der Sperrmeilen problemlos unterwegs sind, fanden sich mehrfach in Absperrungen "gefangen" wieder, während an anderer Stelle der Event, über den sie berichten sollten, ablief.

Foto: Wassilis Aswestopoulos

Nach der Rede vor der historischen Kulisse stand ein feierliches Abendessen im Präsidentenpalast auf dem Programm. Dieses sollte, laut Programm, "streng innerhalb des Zeitrahmens von 21 h bis 23 h" stattfinden.

Der französische Präsident hatte jedoch nach seiner Rede in der Pnyx zuerst einmal zwei Interviews geplant. Er traf daher erst kurz nach halb Zehn im Präsidentenpalast ein. Wie so oft an diesem Tag, hielt Präsident Pavlopoulos eine nicht enden wollende Begrüßungsrede, die er mit den besten Grüßen ans französische Volk schloss. Pavlopoulos sprach auf Griechisch und Französisch. Macron wollte dem in nichts nachstehen und so kam es, dass die geladenen Gäste erst kurz vor 23 h ihr Essen serviert bekamen.

Von den Inhalten der Verhandlungen hinter verschlossenen Türen wurde kaum etwas bekannt. Macrons Besuch endete mit einem Treffen zusammen mit Investoren in den Räumlichkeiten der Niarchos Foundation.

Politisch konnte Tsipras kurz vor Beginn der nächsten Inspektion der Kreditgeber noch einmal glänzen. Viel Hoffnung auf eine Wende brachte Macron jedoch nicht mit aus Paris. Das Land müsse weiter reformiert werden, befand er. Damit bleibt die Lage für Griechenland so, wie sie auch vor dem Staatsbesuch war. Die "Sparprogramme", deren destruktive Wirkung überall erkennbar ist, sind weiterhin Hauptbestandteil des griechischen Alltags.