Mafia immer und überall

Seite 2: "Jeder weiß, dass die Ausländer den Einheimischen nicht die Arbeit stehlen"

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Wie stehst Du zu unserer aktuellen Regierung?

Salif Guiebre: Ich persönlich beurteile nie die Regierung oder die Politik. Für mich sind Politiker nicht die ganze Nation. Ich versuche immer sicherzustellen, dass meine Beziehung zu meinen Mitmenschen schön und respektvoll ist.

Wurdest Du niemals diskriminiert?

Salif Guiebre: Es gab einige Einzelfälle. Ich versuche immer dieses Wort "Rassismus" zu vermeiden. Wir benutzen es oft und meinen damit eher Dummheit. Was ich persönlich auf der Straße erlebt habe, ist nicht Rassismus, es sind Übergriffe von Seiten dummer Menschen. Im Bus wurde ich einmal beschimpft. "Geh doch zurück nach Afrika, du Schwarzer", sagten sie.

Fremdenfeindliche Parteien finden auch in anderen Ländern immer mehr Zustimmung. In Deutschland, Frankreich, in Osteuropa, in den USA … Wie denkst Du darüber?

Salif Guiebre: Sie machen mir keine Angst. Wenn alle sich anstrengen, wird die Welt besser. Wir können nicht still stehen, die Arme verschränken und darauf warten, dass andere alles tun. Jeder trägt einen Teil der Verantwortung. Wenn jeder sich bemüht und wenn jeder eine positive Energie ausstrahlt, dann kann nur Positives zurückkommen. Kein Politiker wird es fertigbringen, dass andere mich, Salif Guiebre, hassen. Ich glaube, fremdenfeindliche Politiker sind es aus eigenem Interesse. Sie schüren das Gefühl der Angst vor dem Andersartigen und nutzen es für sich aus. Wir sollten Deutschland oder Italien nicht für ihre Angst vor den Fremden stigmatisieren. Die Medien spielen meiner Meinung nach eine zentrale Rolle.

Was magst Du an Italien?

Salif Guiebre: Die Offenheit und die Toleranz der Menschen. Sie akzeptieren andere Meinungen. Die individuelle Wahl jedes Einzelnen wird immer respektiert und das Leben geht weiter. Das ist etwas, das ich wirklich mag.

Fühlst Du Dich in der Gesellschaft integriert?

Salif Guiebre: So ziemlich. Mit den Afrikanern haben wir hier einen Treffpunkt, wo wir abends plaudern und ein Bier trinken. Das sind keine Freundschaften, denn für mich geht Freundschaft weit darüber hinaus. Ich habe aber viele italienische Freunde aus allen sozialen Schichten.

[Der Sohn ruft ihn aus Afrika an. Sie sprechen auf Französisch.]

Manchmal sehen wir uns auch auf Skype.

Wie stellst Du Dir deine Zukunft vor?

Salif Guiebre: Also, 8 Jahre, das ist eine lange Zeit. Ich muss zuerst nach Burkina Faso zurückkehren, um zu sehen, ob Italien wirklich immer noch meine Welt ist. Ich weiß nicht, wie ich reagieren werde, wenn ich meine Brüder, meine Onkeln, meine Freunde und Verwandte sehen werde.

Wenn Du morgen als Weißer aufwachen solltest, was würdest Du tun?

Salif Guiebre: (lacht) Für mich besteht der Mensch nicht nur aus seinem Körper. Da gibt es noch die Gefühle und die Gedanken. Ich möchte immer als Salif aufwachen und versuchen, mich zu verbessern. Ich würde auch gerne Deutschland entdecken. Ich hoffe, die Sprache wird keine zu große Barriere sein.

Nehmen die Einwanderer den Einheimischen die Arbeit weg?

Salif Guiebre: Das ist ein altes Lied. Jeder weiß, dass die Ausländer den Einheimischen nicht die Arbeit stehlen. Kein Italiener wollte die Arbeit als Tellerwäscher annehmen, die ich jetzt in einem Hotel hier angenommen habe. Ich mache den Abwasch zwischen 20 Uhr abends und 1 Uhr morgens. Wir machen doch die Jobs, die sie nicht mehr machen wollen. Wenn wir kompetenter oder stärker wären, hätten wir doch längst ihre Arbeitsplätze übernommen. Ich würde gerne in Deutschland Sprachmediator werden. Das wäre ein Traum.

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