Markt und Eigeninteresse positiv, Kommunismus und Regierung negativ

Seite 2: Schwarz-Weiß-Einteilung

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Als Beispiel zeigt Graupe auf, wie bei Mankiw bestimmte Begriffe negativ bestimmt werden, andere dagegen positiv. Nach dieser Schwarz-Weiß-Einteilung sind nicht nur Worte wie Kommunismus negativ besetzt. In dieselbe, negative Kategorie fallen auch Worte wie Regierung, zentrale Planung, Zusammenbruch und Leitung. Als positiv gelten dagegen Markt, Marktwirtschaft, Preise, Eigeninteresse, dezentralisiert, Erfolg. Die Gegenseite werde bei Mankiw "als Versager dargestellt" und "mit abstoßenden Begriffen assoziiert", kritisiert Graupe.

Auch Samuelson und Nordhaus gingen ähnlich vor. Dort stehen Regierung, Zwang, Regierungsintervention, Hungersnot, zentrale Aufklärung auf der negativen Seite. Positiv gegenüber steht dem unter anderem: Freihandel, Länder mit hohem Einkommen, die eigene ökonomische Lage verbessern, ruhig schlafen, durch den Markt gelenkt. Es falle auf, dass Samuelson und Nordhaus "wirtschaftliche Konzepte unmittelbar sowohl mit politischen als auch mit wertenden Konzepten sprachlich koppeln. Dies nennt man in der Fachsprache ideologisches Framing und meint die Etablierung oder Aktivierung von Frames, die nicht nur eine Sache benennen, sondern auch moralisch bewerten", kritisiert Graupe.

Glaube an höhere Autoritäten

Auch folgender Trick lässt sich bei Samuelson und Nordhaus nachweisen: "Die Kunst der Überredung durch den Appell an (vermeintliche) Autoritäten". In diesem Fall ist das die Tradition der Wirtschaftswissenschaften, namentlich von Adam Smith. So heiße es bei Samuelson und Nordhaus:

Adam Smith erkannte als Erster, wie der Markt die komplexen Kräfte von Angebot und Nachfrage organisiert. In einer der berühmtesten Textpassagen der gesamten Volkswirtschaftslehre, die zu Beginn dieses Kapitels aus seinem Werk ‚Der Reichtum der Nationen’ zitiert ist, erkennt Smith die Harmonie zwischen privaten und öffentlichen Interessen: Blättern Sie zurück und lesen Sie dieses Paradoxon noch einmal. Beachten Sie dabei besonders die scharfsinnige Aussage über die unsichtbare Hand - dass aus eigennützigen wirtschaftlichen Aktivitäten gesamtwirtschaftlicher Nutzen erwachsen kann, wenn diese in einen gut funktionierenden Marktmechanismus eingebettet sind.

Samuelson und Nordhaus

Hier versuchten Samuelson und Nordhaus, die Vorstellung einer unsichtbaren Koordination des Marktgeschehens zu etablieren, kritisiert Graupe, aber nicht mit Argumenten, sondern rein sprachlich mit Begriffen wie "Erster", "berühmteste" und "scharfsinnig". Eine echte Auseinandersetzung mit dem Werk von Smith werde dadurch verhindert. Dass Smith die unsichtbare Hand nur ein einziges Mal erwähnte, wird nicht diskutiert, auch nicht, dass Smith sie "eher metaphorisch denn als 'scharfsinnige Aussage'" erwähnte. Und auch nicht, dass Smith diese gerade nicht mit der Idee eines "gut funktionierenden Marktmechanismus" koppele. Silja Graupe weiter:

Die großen Denker der Ökonomie, so wird hier am Beispiel von Smith deutlich, werden so zu Autoritäten, an die man rhetorisch appelliert, um den eigenen Ansichten implizit Überzeugungskraft zu verleihen, ohne aber je in einen wirklichen Austausch mit ihrem Werk zu treten und eine tatsächliche geistes- und ideengeschichtliche Auseinandersetzung zu suchen.

Silja Graupe