Medien: Das große Versagen in und nach der Corona-Krise
Seite 2: "Das nachträgliche Klagen über die Coronamaßnahmen ist Jammern auf höchstem Niveau"
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Doch im Journalismus gibt es bisher nicht einmal Einigkeit, wie die Corona-Zeit als Tatsache zu beschreiben ist. Während die Tagesschau von "nächtlichen Ausgangssperren" berichtet, stellt Spiegel-Wissenschaftsredakteur Olaf Stampf fest:
Anders als in Spanien oder Frankreich wurde bei uns niemand in seiner Wohnung eingesperrt. In Deutschland gab es nur einen Lockdown light. Das nachträgliche Klagen über die Coronamaßnahmen ist Jammern auf höchstem Niveau. Soooo deutsch.
Olaf Stampf auf X
Zu Lauterbachs Behauptung einer "nebenwirkungsfreie[n] Impfung" fragt die stellvertretende Chefredakteurin von Correctiv, Anette Dowideit, einen anderen User mehr als drei Jahre nach Start der Impfkampagne:
Woher weißt du, dass Lauterbach hier mit Absicht gelogen hat? Ist nicht wahrscheinlicher, dass er einfach einen Fehler gemacht und sich vergaloppiert hat? Und: War zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass es tatsächlich Nebenwirkungen gab/ gibt?
Anette Dowideit, X
"Komplett sinnfreies Gerede …"
In einem Kommentar zur Spiegel-Geschichte und der plötzlichen und anlasslosen Präsenz der Stichworte Aufarbeitung und Corona-Fehler in "alle[n] Medien" schreibt Welt-Journalist Tim Röhn:
Irgendwelche Leute, die plötzlich medizinische Fachpersonen waren, schoben Plastikstäbchen tief in Nasen, um der vermeintlichen, aber weltweit ziemlich einmaligen Notwendigkeit von Massentests gerecht zu werden. Da waren Polizisten, die sich umarmende Jugendliche jagten. Polizisten, die mit Abstandshölzern durch Demos liefen. Polizisten, die auf Demonstranten einprügelten oder sie vom Fahrrad rissen.
Und überall Masken, selbst für Kinder. Komplett sinnfreies Gerede vom Erreichen einer "Herdenimmunität", wenn sich das Land doch nur genügend impft. Die Behauptung, die Impfung schaffe "sterile Immunität", was immer Unsinn war (verbreitet zum Beispiel von Helge Braun).
Da war die Mär der "nebenwirkungsfreien Impfung" (Lauterbach). Die absurde Argumentation, nur eine Impfpflicht beende die Pandemie (Janosch Dahmen von den Grünen und viele andere).
Tim Röhn
Journalismus und Falschinformationen während der Corona-Pandemie
Die journalistische Aufarbeitung der Jahre 2020 bis 2023 müsste mit der Journalismuskritik beginnen. Wie konnten all die Falschbehauptungen in die Berichterstattung gelangen, wieso unterblieb fast jede Recherche dazu?
Eine Entscheidung kann sich im Nachhinein, gemessen an den behaupteten Zielen, als falsch herausstellen.
Falsche Tatsachenaussagen hingegen waren von Anfang an falsch und wurden es nicht erst durch neue Erkenntnisse oder Erfahrungen. Die Volksweisheit "im Nachhinein ist man immer schlauer" stimmt nur bei Meinungen und Unkenntnis, niemals bei Behauptungen.
Die Grenzen der Wissenschaft in der Corona-Krise
Entsprechend falsch ist die Behauptung des ehemaligen Präsidenten der Universität Hamburg und der FU Berlin, Dieter Lenzen: "Wissenschaftliche Erkenntnisse sind immer vorläufig."
Vorläufige Erkenntnisse sind gar keine. Vorläufig sind Hypothesen, Annahmen, Vermutungen. Und vorläufig können Interpretationen von Tatsachen sein, in der Wissenschaft eben Interpretationen von Forschungsergebnissen.
Sie sind dann aber Meinungen oder Tatsachenvermutungen, aber keine Tatsachen, die es nicht mehr zu hinterfragen gälte.
Corona und die Einschränkung der öffentlichen Debatte
Während der Pandemie wurden von Anfang an Meinungen und Tatsachenvermutungen im Journalismus als Tatsachen ausgegeben (siehe dazu aus Mai 2020: "Wir retten Menschenleben mit Menschenleben, ohne darüber zu verhandeln"). Das hat zur Einengung des Debattenraums und daraus resultierend zu Fehlentscheidungen geführt.
Danach, dass es künftig besser laufen könnte, sieht es angesichts der bisherigen journalistischen Leistungen zur Aufarbeitung der Pandemiejahre nicht aus.
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