Mehr Verbote als Verschleierte
Seite 2: Seit 2017 ist es Soldatinnen und Richterinnen verboten ihr Gesicht zu verschleiern
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Bundesweit ist das Tragen gesichtsverhüllende Schleier seit April 2017 in einigen Bereichen des öffentlichen Lebens verboten. Nach einer monatelangen medialen und politischen Debatte verabschiedete der Bundestag mit Stimmen von CDU und SPD damals ein entsprechendes Gesetz. Seitdem ist es zum Beispiel Beamtinnen, Soldatinnen und Richterinnen im Dienst untersagt, ihr Gesicht zu verhüllen. Außerdem können Personen verpflichtet werden, ihr Gesicht bei Wahlen oder anderen Situationen zu enthüllen, in denen einen Personalienfeststellung nötig ist. Das Gesetz sei ein wichtiger Beitrag, um "unsere Werte und die Grenzen unserer Toleranz gegenüber anderen Kulturen deutlich zu machen und zu vermitteln", sagte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) damals. Ablehnung kam hingegen von Linken und Grünen, die das Gesetz als "Symbolpolitik" kritisierten. Vollverschleierte Soldatinnen oder Richterinnen existierten schließlich nicht.
In Bayern herrscht ein "Burkaverbot" ohne Burkaträgerinnen
Wesentlich weitreichender ist das "Burkaverbot", das seit 2017 in Bayern besteht. Mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern nahm der Bayerische Landtag im August 2017 ein "Gesetz über Verbote der Gesichtsverhüllung" an. Dieses verbietet das Tragen von Gesichtsschleiern im öffentlichen Dienst, an Hochschulen, Schulen und Kindergärten. "Ein kommunikativer Austausch der auch durch Blicke, Mimik und Gestik stattfindet" sei "Grundlage unseres zwischenmenschlichen Miteinanders und Basis unserer Gesellschaft und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung", hieß es dazu in der Gesetzesbegründung. Wie viele Frauen von dem Verbot betroffen sind, konnten die Behörden damals nicht mitteilen. Nach einer Recherche des Bayerischen Rundfunks war es keine einzige.
Ein ähnliches Verbot gilt seit August 2017 auch in Niedersachsen. Im August 2017 nahm der Hannoveraner Landtag ein Gesetzesvorschlag an, der ein "Burkaverbot" an Schulen vorsieht. Im Schulgesetz heißt es seitdem, Schülerinnen und Schüler dürften "durch ihr Verhalten oder ihre Kleidung die Kommunikation mit den Beteiligten des Schullebens nicht in besonderer Weise erschweren".
Der einzig öffentlich bekannt gewordene Fall einer vollverschleierten Schülerin in Niedersachsen lag da bereits Jahre zurück. Das Mädchen hatte im Schuljahr 2013/2014 begonnen einen Niqab zu tragen. Vergeblich hatte die Schule daraufhin versucht, Schülerin und Eltern davon zu überzeugen, den Schleier abzulegen. Nach den niedersächsischen Landtagswahlen im November 2017 kündigte die CDU zwar an, das Verbot auch auf weitere Einrichtungen ausweiten zu wollen. Neue Gesetzesinitiativen blieben unter der derzeitigen SPD/CDU-Regierung allerdings bisher aus. Weitergehen soll es hingegen demnächst beim "Burkaverbot" in Schleswig-Holstein. Diese Woche einigten sich CDU, Grüne und FDP schließlich doch noch darauf, ein Vollverschleierungsverbot zumindest an Schulen einführen zu wollen. Für Hochschulen klingen die Pläne hingegen weniger definitiv. In einer gemeinsamen Erklärung teilten die Landesvorsitzenden der Parteien lediglich mit: Man sei sich einig, dass gesetzliche Regelungen "zur Identitätsfeststellung für Prüfungen und Einschreibungen getroffen werden". Mit etwas Glück wird die Kieler Ernährungswissenschaftsstudentin zunächst wohl weiter ihr Botanik-Tutorium besuchen können.