Menschenrechte, Demokratie und Diskussionskultur im Ausnahmezustand
Fussnoten
Etwa 90 Prozent der Bundesbürger*innen sind Anfang September 2020 der Ansicht, dass Deutschland bisher eher gut durch die Pandemie gekommen sei (Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Kantar), Frankfurter Rundschau (FR) 7.09.2020, S. 7.
Bislang gibt es dazu keine solide Studie, keine überzeugende wissenschaftliche Analyse, die dabei helfen könnte, die Ausbreitung des Virus und den Verlauf der Pandemie besser zu verstehen und die Abwehrmaßnahmen und ihre Wirksamkeit zu beurteilen.
Man wusste und weiß immer noch zu wenig über das Virus, seine Ausbreitung und seine Gefährlichkeit; vgl. dazu u.a. die Darlegungen des Medizinstatistikers Gerd Antes, Deutschlandfunk 16.06.2020; ders., Glauben statt wissen, in: die tageszeitung (taz) 29./30.08.2020; Angela Spelsberg/Ulrich Keil, Fehlgerechnet, in: taz 10.08.2020. Auf entscheidende Fragen gab es lange keine oder widersprüchliche Antworten, teils sogar bis heute: wie das Virus übertragen wird, wie es wirkt und mit welchen Langzeitfolgen, ob Kinder das Virus mehr oder weniger übertragen, pro oder contra Mund-Nasenschutz, welche Maßnahmen wie helfen, welche nur Scheinsicherheit bieten oder symbolisch wirken etc.
Die erste Fassung dieses Beitrags ist während des bundesweiten Lockdowns im März/April 2020 entstanden und etwa einen Monat nach dessen Verhängung veröffentlicht worden: Gössner, Gedanken und Thesen zum Corona-Regime, in: "Ossietzky" Nr. 8 vom 18.04.2020, S. 256 ff.; akt. Langfassung in ossietzky.net. Spätere Veröffentlichungen in Internet-Portalen und Zeitschriften, jeweils aktualisiert
Charlotte Wiedemann, Das Virus der Konformität, in: taz 25.03.2020.
Gemeinsam von Bund und Ländern vereinbarte "Leitlinien zum Kampf gegen die Corona-Epidemie" v. 16.03.2020 und deren Erweiterung vom 22.03.2020; Beschluss vom 15.04.2020.
S. zur Chronologie der Ereignisse und Maßnahmen: Bürgerrechte & Polizei (cilip), Corona-Epidemie: Das CILIP-Tagebuch, Berlin Mai 2020.
Ausnahme: das Bundesland Bremen. Vgl. dazu Informationen des Komitees für Grundrechte und Demokratie Nr. 2/2020 v. Mai 2020, S. 2 f.
BVerfGE v. 15.04.2020, Az. 1 BvR 828/20; Beschluss v. 17.04.2020, Az. 1 BvQ 37/20.
BVerfG 69, 315.
Heribert Prantl, Vom Demonstrieren in Corona-Zeiten, in: Süddeutsche Zeitung v. 30.08.2020
Andrea Edenharter, in: FR 26.03.2020
Dies hat auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Ende Juni 2020 angemahnt und die für das ganze Gebiet des Kreises Gütersloh geltende, grundrechtsbeschränkende Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az: 13 B 940/20.NE).
Etwa bezüglich Testungen in gefährdeten Bereichen und Quarantäne-Pflichten, personellem und technischem Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Hygienekonzepten für Schulen etc., Bußgeldern bei Maskenverweigerung oder Vorgaben für private Feiern und Veranstaltungen. Nicht in allen diesen Punkten gibt es einheitliche Regelungen.
Rolf Gössner, Auf dem Weg zum Polizei- und Überwachungsstaat? In: Lühr Henken (Hg.), Verunsicherungen trotzen. Konfliktanalysen und Lösungsansätze aus der Friedenbewegung, Kassel 2019.
Stand: August 2020; vgl. Der Spiegel 27.03.2020 und 30.05.2020; IMI-Standpunkt 2020/010.
Dazu ausführlich: Rolf Gössner, Auf dem Weg in den permanenten Ausnahmezustand? Innere Militarisierung und Aufrüstung zum präventiv-autoritären Sicherheitsstaat, in: Lühr Henken (Hg.), Abrüsten statt Aufrüsten, Kassel 2018, S. 135 ff.
Bernd Hontschik, in: FR 9.06.2020. Siehe dazu auch: Glaeske/Schrappe u.a., Thesenpapier zur Pandemie durch SARS-Cov-2/Covid19 (Endversion 5.04.2020).
Zu dieser Problematik auch: Angela Spelsberg/Ulrich Keil, Fehlgerechnet, in: taz 10.08.20.
BT-Drs. 19/20565
Antwort der Bundesregierung v. 12.06.2020 auf Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke u.a. und der Fraktion Die Linke im Dt. Bundestag: Verhältnismäßigkeit der Corona-Eindämmungsstrategie und Schutz der Demokratie (BT-Drs. 19/19244)
Der Verein "Mehr Demokratie" fordert, eine Parlamentskommission beim Bundestag einzurichten, je hälftig mit Abgeordneten und Vertreter*innen/Expert*innen aus der Zivilgesellschaft besetzt. Einzelne zivilgesellschaftliche und fachbezogene Untersuchungskommissionen sind längst angekündigt worden. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO lässt ihren Umgang mit Corona, der in die öffentliche Kritik geraten ist, von einer unabhängigen Expertenkommission überprüfen (Der Tagesspiegel 10.07.2020). Zur Coronafolgenforschung u.a.: Manfred Ronzheimer, Der ‚stille Frühling der Soziologie’, in: taz v. 24.07.2020; dazu auch: Angela Spelsberg/Ulrich Keil, Fehlgerechnet, a.a.O.
Dazu u.a.: Gabriele Bischoff/Wiebke Johanning, Organisiert Euch! In: taz v. 24.07.2020.