Menschenrechtsverletzungen der Türkei: EU bleibt still?

Seite 2: Wasser als Waffe und das Camp al-Hol

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Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, äußerte sich besorgt über den Einsatz von Wasser als Waffe. Bis zu einer Million Menschen im Großraum Hasaka und Umgebung sind immer wieder von der Wasserversorgung abgeschnitten.

Sie mahnte an, dass die Zerstörung oder Entfernung von Anlagen wie Wasserwerken, die für das Überleben der Zivilbevölkerung unentbehrlich sind, gegen das Völkerrecht verstößt. "Die Behinderung des Zugangs zu Wasser, sanitären Einrichtungen und Strom gefährdet das Leben einer großen Zahl von Menschen. Es handelt sich um eine Gefahr, die im Kampf gegen eine globale Pandemie besonders akut ist", so Bachelet.

Sie kritisierte auch die Demokratische Kräfte Syriens (gebräuchlicher: Syrian Democratic Forces, SDF), sie würden ihrerseits die Stromzufuhr zur Pumpstation Allouk behindern. Dazu ist anzumerken, dass durch die türkische Drosselung des Euphratwassers der Wasserpegel des Tabqa-Staudamms so niedrig geworden ist, dass die Turbinen immer wieder abgeschaltet werden müssen, weshalb kaum noch Strom erzeugt werden kann. Deswegen ist die Stromversorgung in ganz Nordostsyrien generell immer wieder unterbrochen.

Im UN-Bericht wurde u.a. auch die lange Inhaftierungszeit der IS-Mitglieder und ihrer Angehörigen im Camp al-Hol kritisiert. Der Demokratische Syrienrat (MSD), das politische Dach der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, lud in seiner Stellungnahme zu den Vorwürfen die UN ein, eine eigene Kommission nach Nord- und Ostsyrien zu entsenden, um die im UN-Bericht aufgeführten Aussagen zu den SDF vor Ort zu untersuchen.

Darüber hinaus rief er die internationale Gemeinschaft dazu auf, "sofort für den Rückzug des türkischen Staates und der von ihm kontrollierten terroristischen Gruppen aus Syrien zu sorgen, einen internationalen Sondergerichtshof für die Ahndung der vom türkischen Staat und seinen Verantwortlichen begangenen Verbrechen einzurichten und den IS und alle terroristischen Gruppen zu bestrafen".

Das Camp al-Hol beherbergt nach der Einnahme der letzten Bastion des IS im März 2019 etwa 65.000 Personen aus Dutzenden verschiedenen Ländern, darunter Tausende IS-Mitglieder und ihre Familien. Der Generalkommandant der SDF merkte zu der Kritik an, die meisten Staaten würden sich nach wie vor weigern, ihre in dem Lager festgehaltenen Staatsangehörigen zurückzunehmen.

Zur entscheidenden Frage, was die Selbstverwaltung mit den Inhaftierten IS-Mitgliedern aus aller Welt machen soll, wenn sie nicht die Mittel hat sie abzuurteilen, aber auch niemand anderes sie haben will, darauf gibt die UN keine Antwort.

Soll man sie freilassen, und wenn ja wohin - etwa in die Rückzugsgebiete des IS in der syrischen Wüste? Der UN-Bericht berücksichtigt auch nicht, dass die Selbstverwaltung mit der Versorgung der Camps auf sich allein gestellt ist: Internationale humanitäre Hilfe kommt in Nordsyrien nicht an und fast alle internationalen großen Hilfsorganisationen haben ihr Engagement in Syrien aus den verschiedensten Gründen reduziert.