Mercosur - kein Freihandel ohne Umweltstandards

Seite 2: Liegt die grüne Lunge der Erde im Sterben?

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Ein Viertel des weltweiten Kohlenstoffaustausches zwischen Bio- und Atmosphäre findet im amazonischen Regenwald statt. 80 bis 120 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sind hier in lebendem und totem Pflanzenmaterial gespeichert - mehr als in den letzten drei Jahren an Kohlendioxid weltweit freigesetzt wurde.

Rund 90.000 Feuer wüteten dieses Jahr im Amazonas-Regenwald, wie aus den Daten des nationalen Weltrauminstituts Inpe hervorgeht. Damit waren es noch mehr Brände als im vergangenen Jahr.

Umweltschützer werfen dem brasilianischen Staatpräsidenten eine verheerende Regenwald-Politik und die Begünstigung von Brandrodungen vor. Jair Bolsonaro, der eng mit dem brasilianischen Agrarlobby verbündet ist, bezweifelt nicht nur die Verantwortung des Menschen für den Klimawandel, er ermutigt die Kleinbauern auch zur Brandrodung. Unterdessen zerstört der Mensch durch sein Eindringen in die Natur nicht nur einzigartige Lebensräume, sondern schafft durch den engeren Kontakt mit Wildtieren auch neue Übertragungswege für Viren und andere Krankheitserreger.

Geht die hemmungslose Entwaldung weiter, könnte sich der Wald bis 2035 von einer Kohlenstoffsenke in eine Kohlenstoffquelle verwandelt haben, befürchten britische Wissenschaftler in einer Studie vom März 2020. Der Wald würde dann mehr Kohlenstoff abgeben als aufnehmen. Viele Bäume sterben schon heute unter den veränderten Klimabedingungen, wie amerikanische und britische Forscher beobachteten.

Das regionale Klima ist besonders stark betroffen: Normalerweise wird das Wasser über die Blätter der Bäume verdunstet. Je weniger Bäume, umso geringer die Luftfeuchtigkeit und umso weniger wird es regnen. Massiver Waldverlust und die Auswirkungen des Klimawandels führen dazu, dass sich der Amazonas zu einem immer trockeneren Ökosystem verwandelt. Der Wald wird anfälliger für Feuer, speichert immer weniger Kohlenstoff und erzeugt kaum noch Niederschläge. Die an feuchtes Klima angepassten Arten werden dies kaum überleben.

Viel zu lange schon liegen die Niederschläge unter dem Normalwert, erklärt der Hydrologe Matthew Rodell. Mittlerweile reichen auch die normalerweise üblichen Regenmengen nicht mehr aus, um das Ökosystem voll funktionsfähig zu halten. Kürzlich entdeckte die NASA so genannte Deep Red Zones in großen Bereichen des Amazonas- und Cerrado-Bioms, die sie als Zeichen für Wassermangel deuteten. Der Wald verliert an Widerstandskraft. Zwischen den immer länger werdenden Dürreperioden bleibt ihm kaum noch Zeit um nachzuwachsen und sich selbst zu heilen.

Für den amazonischen Regenwald gilt höchste Alarmstufe. Wird die Entwaldung nicht gestoppt, besteht die Gefahr, dass er sich in einen an Trockenheit angepassten Wald, wenn nicht in eine Graslandschaft verwandelt. Wenn überhaupt, dann könnte nur eine radikale Agrarpolitik hin zu mehr Naturschutz den Regenwald noch retten.

Bei einem internationalen Handelsabkommen müssen Mensch und Natur im Mittelpunkt stehen. Es darf die fortschreitende Naturzerstörung nicht weiter befeuern. Vor diesem Hintergrund fordert Greenpeace in Amazonien konsequenteren Naturschutz und eine Ausweitung von Schutzgebieten.