Merkel wollte Ultra-Lockdown
Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten haben nicht nur eine Verlängerung, sondern eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen beschlossen
Heute Nachmittag haben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer vereinbart, den Corona-Lockdown bis zum 31. Januar zu verlängern. Auf der ihrer Konferenz folgenden "Presseunterrichtung" verkündete Merkel, dass sich künftig nur noch höchstens eine Person, die dort nicht wohnt, in einem Haushalt aufhalten darf. Darüber hinaus sollen sich Bürger in Landkreisen und kreisfreien Städten mit wöchentlich mehr als 200 positiv ausgefallenen Sars-CoV-2-Tests pro 100.000 Einwohner nur noch höchstens 15 Kilometer von ihren Wohnorten entfernen. Das soll ihren Worten nach die "Nachverfolgung der Infektionen wieder ermöglichen".
Den Informationen des Portals Business Insider und der Tageszeitung Tagesspiegel nach hatte die deutsche Kanzlerin auf eine noch umfangreichere Verschärfung gedrängt, bei der der Bewegungsradius bereits ab hundert wöchentlichen Positivtests pro 100.00 Einwohner einschränkt werden sollte. Damit hätten sich dann drei Viertel der Bürger nicht mehr als 15 Kilometer von ihren Wohnorten entfernen dürfen.
Ihr möglicher Nachfolger Markus Söder warnte bei der Presseunterrichtung vor "falschen Hoffnungen" für den 1. Februar und stimmte auf weitere Maßnahmen "für die nächsten Monate" ein. Als Gegengewicht zu dieser erneuten Belastung wirbt Söders CSU damit, die Mehrwertsteuer für Speisen, die in Gaststätten serviert werden, von 19 auf sieben Prozent zu senken. Außer den Gastwirten würde das nur Personen zugutekommen, die es sich leisten können, auswärts zu Essen, während man unvermeidbare Ausgaben wie das Heizen auch für jene stark verteuert, die sich das nicht leisten können.
Schulen und Kindertagesstätten bleiben bis auf Ausnahmen geschlossen
Außerdem wurde in der Konferenz vereinbart, dass Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten bis auf Ausnahmen weiterhin geschlossen bleiben. Für den daraus folgenden Betreuungsaufwand sollen Eltern bei ihren Arbeitgebern zehn zusätzliche Urlaubstage geltend machen können. Kurz vorher war über eine Studie mit Blutproben von fast 16.000 Probanden im Alter zwischen 2 und 10 Jahren bekannt geworden, dass in dieser Altersgruppe sechs Mal mehr Kinder mit dem Sars-CoV-2-Virus in Kontakt gekommen waren als man vorher hochgerechnet hatte. Das zeigte, dass Ansteckungen in Kindergärten und Schulen deutlich häufiger vorkommen, als vorher von vielen Politikern beteuert. Bei diesen Äußerungen hatten möglicherweise - ähnlich wie bei solchen zum Öffentlichen Nahverkehr - Wünsche den Blick auf die Realität getrübt.
Hinsichtlich der Impfstoffe behauptete Söder bei der Presseunterrichtung, es sei "genügend bestellt" worden und es sei richtig, dass die Bestellung in die Hände der EU-Kommission gelegt wurde. Ungeklärt ist weiterhin die Frage, ob und welche Konsequenzen daraus gezogen werden, dass sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Wünschen des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron beugte und statt auf den BioNTech-Impfstoff oder auf den von Moderna auf die Fehlentwicklung des französischen Unternehmens Sanofi setzte.
Weil diese Entscheidung einen Mangel an zugelassenen Impfstoff zur Folge hat, der wohl Menschenleben kostet und die wirtschaftlichen Schäden durch die Lockdowns wahrscheinlich vergrößert, fordert Robin Alexander in der Tageszeitung Die Welt einen Untersuchungsausschuss, der sich mit der Sache beschäftigt.
So ein Untersuchungsausschuss könnte neben den Rollen Macrons und von der Leyens auch die von Angela Merkel beleuchten, die einem Bericht der Bild-Zeitung nach ihren Gesundheitsminister und ungeliebten Nachfolgeanwärter Jens Spahn dazu gezwungen haben soll, einen bemerkenswert unterwürfig formulierten Brief an die EU-Kommission zu schreiben, in dem er sich für eigene Impfstoffbeschaffungsversuche entschuldigen musste. Bei der Pressekonferenz stellte Merkel das als freie Entscheidung Spahns dar, die sie "unterstützt" habe.
EU-Zulassung der Impfstoffe von Moderna und AstraZeneca noch nicht in Sicht
Die Hoffnung, dass die durch die Entscheidung Macrons, von der Leyens und möglicherweise auch Merkels entstandene Versorgungslücke durch eine baldige Zulassung des in den USA und Israel bereits genehmigten Serums der US-Firma Moderna verkleinert werden kann, hat die EU-Arzneimittelbehörde EMA heute zerschlagen. Sie verschoben ihre Entscheidung über die Erlaubnis des Vakzins mRNA-1273, das mit 94,1 Prozent eine ähnlich hohe Schutzrate wie der Impfstoff von BioNTech und Pfizer verspricht.
Etwas weniger wirksam, aber kostengünstiger, ist das Serum des schwedisch-britischen Konzerns AstraZeneca, mit dem das Vereinigte Königreich seit Montag zusätzlich impft. Parallel dazu verhängte Premierminister Boris Johnson einen verschärften Lockdown, der mindestens bis Mitte Februar dauern soll und in England unter anderem eine Schließung aller Schulen umfasst.
Außer im Vereinigten Königreich ist das AstraZeneca-Vakzin AZD1222 inzwischen auch in Argentinien, El Salvador und Mexiko zugelassen - aber nicht in der EU.
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