Milchstraße verschwindet hinter milchigem Gewand

Astronomen präsentieren ersten Atlas der Lichtverschmutzung

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Weltweit klagen die Vertreter der klassischen, optischen Astronomie über die zunehmende Lichtverschmutzung. Ein neuer Atlas, der auf Satellitendaten basiert, offenbart schonungslos, wie intensiv das künstlich generierte Licht unserer Zivilisation den Blick ins All trübt.

Die Erde bei Nacht. Bild: P. Cinzano, F. Falchi (Universität Padova), C. D. Elvidge (NOAA National Geophysical Data Center, Boulder). Copyright Royal Astronomical Society. Aus "The Monthly Notices of the RAS" mit Genehmigung von Blackwell Science

Italienische und amerikanische Forscher haben erstmals einem Weltatlas kreiert, der die zunehmende weltweite Lichtverschmutzung zusammengefasst. Ihm zufolge kann nur noch ein Teil der Menschen in Westeuropa und in den USA in den Nachtstunden einen ungetrübten Sternenhimmel genießen.

Viele Menschen in zahlreichen Ländern haben durch die Lichtverschmutzung schon gar keinen richtigen Eindruck mehr, was eigentlich ein dunkler Nachthimmel ist,

sagt Pierantonio Cinzano von der Universität Padua. "Unser Atlas beschreibt die Situation in den Jahren 1996 und 1997. Heute dürfte es sicherlich noch schlimmer sein." Zusammen mit seinen Kollegen vom US National Geophysical Data Center NOAA in Boulder, Colorado, verzeichnete Cinzano die Lichtdaten aus aller Welt in einem Atlas, der im Internet zugänglich ist (Link siehe unten).

Dabei stellte der Wissenschaftler mit seinem Team erstmals eine Beziehung zwischen der Mengen an künstlichem Licht und der Struktur der Bevölkerung her. Demnach können die Hälfte der EU-Bevölkerung und zwei Drittel der Bewohner der USA nicht einmal das Sternenband der Milchstraße mit bloßem Auge beobachten. Die größte Dunkelheit, die die Bevölkerung in diesen zivilisierten Regionen noch genießen könne, entspreche in etwa dem Zwielicht, das an den abgeschiedenen Plätzen der Weltraum-Observatorien bei Halbmond herrsche. Für rund ein Sechstel der EU-Bürger und 40 Prozent der Menschen in den USA sei es in den Nächten so hell, dass sich deren Augen nicht einmal im Rahmen ihrer Möglichkeiten an die Dunkelheit anpassen können, so der Italiener.

Der gerade vorgelegte Atlas, der in Kürze in den renommierten Mitteilungen der britischen königlichen astronomischen Gesellschaft erscheinen wird, ist in seiner Art deshalb einzigartig, weil er weit über einfache Nachtaufnahmen der Erde hinausgeht. Denn er basiert auf Satelliten-Daten, die im Rahmen des US Air Force Defense Meteorological Satellite Programms (DMSP) zusammen getragen wurden. Daher konnten die Forscher die Ausbreitung des künstlichen Lichts durch die Atmosphäre zum ersten Mal "langfristiger" berechnen. Der Kartensatz, der sich hierbei herauskristallisierte, zeigt schonungslos, dass viele Regionen, die auf normalen Satelliten-Nachtaufnahmen dunkel erscheinen, in Wirklichkeit von der Lichtverschmutzung in benachbarten Regionen beeinflusst werden.

Die Karten lassen sich nach Kontinenten aufgeteilt im Internet laden