Milliardäre für Clinton

Seite 2: Annäherung zwischen Clinton und den Republikanern auf dem Feld der Außenpolitik

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Zugleich bemühe sich Clinton ernsthaft, auf die Kräfte in der Republikanischen Partei zuzugehen, die sich "vor Trump ängstigen", wie es das Nachrichtenportal Politico formulierte. Bereits auf ihrem Nominierungsparteitag habe die demokratische Partei eine sehr "patriotische" Linie vorgegeben und eine Reihe von Rednern - wie einen hochrangigen General - zu Wort kommen lassen, die früher "eher auf einem Parteitag der Republikaner zu Hause wären".

Die Annäherung zwischen Clinton und den Republikanern vollzieht sich hauptsächlich auf dem Feld der Außenpolitik, wo es die größten Überschneidungen gibt. Etliche führende Außenpolitiker der Republikanischen Partei haben sich gegen Trump - der beispielsweise offen für Folterpraktiken an Terroristen plädiert - ausgesprochen. Selbstverständlich war es nicht die offene Propagierung von - längst etablierten - Foltermethoden, die die republikanischen Geostrategen gegen Trump aufbrachte, sondern seine Bereitschaft, die Rolle der USA in der NATO infrage zu stellen, sowie die Ankündigung, das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) nicht weiter zu forcieren.

Hillary Clinton offenbar zufrieden. Bild: neverbutterfly/CC-BY-SA-2.0

Die Annäherung zwischen Clinton und den Republikanern auf dem Feld der Außenpolitik kommt nicht von ungefähr. Einerseits fordern die Republikaner einen stärkeren Interventionismus von dem künftigen Präsidenten. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, machte die zögerliche Haltung Obamas bei vielen Krisen für die "Reduzierung der amerikanischen Führung" in der Welt verantwortlich. "Wir müssen selbstbewusster auftreten", so McConnell.

Zugleich gilt Hillary Clinton aufgrund ihrer bisherigen Unterstützung zahlloser Militärabenteuer als eine äußerst "interventionsfreudige" Politikerin. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin mache sich daran, ein "Kriegspräsident" zu werden, bemerkte Foreign Policy nüchtern, und zwar "vom ersten Tag" ihrer Präsidentschaft an. Bei jeder vernünftigen Betrachtung müsse Clinton als "ein Falke qualifiziert werden, wenn auch ein nuancierter", so Foreign Policy.

Clinton habe nicht nur die Interventionen der USA im Irak und in Afghanistan unterstützt, sondern auch den desaströsen Umsturz 2011 in Libyen, als nach dem Tod des libyschen Staatschefs Gaddafi das gesamte Land im Chaos versank - und vor den Toren Europas ein weiterer gescheiterter Staat entstand. In Syrien gehörte Clinton ebenfalls zu den Scharfmachern, die eine rasche Bewaffnung der syrischen Oppositionskräfte forderten, während Obama in dieser Frage auf die Bremse trat, da man nicht sicher sein könne, "wo diese Waffen letztendlich landen" würden, erinnerte Foreign Policy Vielleicht wird sich übrigens auch die Einschätzung des Präsidenten Barack Obama nach ein paar Jahren der Präsidentschaft Clintons ändern - und er wird vor allem als ein Präsident angesehen werden, der die Interventionswut des militärisch-industriellen Komplexes der USA zumindest etwas bremsen konnte.

Verflechtung von Politik und Geld

Die taktische Unterstützung Clintons durch Republikaner reicht bis zu den übelsten Figuren der amerikanischen Rechten, vom greisen Henry Kissinger (dem Organisator des Putsches gegen Allende 1973) über den Imperialisten Dick Cheney bis zum Medienmogul Rupert Murdoch. Inzwischen haben auch etliche Neocons, die berüchtigten Architekten der desaströsen US-Intervention im Irak unter Geroge W. Bush, ihre Unterstützung für Clinton erklärt.

Und selbstverständlich ist Hillary inzwischen die Kandidatin der Wall Street. Millionenbeträge aus der US-Finanzbranche seien inzwischen auf die Konten der Clinton-Kampagne geflossen, da viele wohlhabende Spender, die bei den Vorwahlen Jeb Bush oder andere gemäßigte Republikaner wählten, nun Clinton unterstützten. Die von der Parteilinken und deren Kandidaten Bernie Sanders kritisierte Verflechtung von Politik und Geld, der ausartende Lobbyismus in der Demokratischen Partei, feierte bereits auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten ein Comeback.

Es ist, als ob es Bernies Kritik an der Verfilzung von Big Business und Big Politics nicht gegeben hätte. Die Lobbyisten würden "die neue Umarmung durch die Demokraten" auf dem Parteitag feiern, berichtete Time Ende Juli. Eine Lobbyistin, Heather Podesta, berichtet begeistert gegenüber dem Magazin, dass Clinton bereits viele von Obama erlassene Beschränkungen der Lobbytätigkeit aufgehoben habe: Während sie zuvor den Demokraten kein Geld geben durfte, könne sie in diesem Jahr "dabei helfen, Geld für Hillary zu sammeln. Ich kenne sie schon lange. Ich bin wirklich begeistert von ihrer Kampagne." Hillarys Change you can believe in, sozusagen.

Der amerikanische Wähler kann somit zwischen Donald Trump, also einem labilen Rechtspopulisten wählen, der im Wochenrhythmus seine Meinung ändert und reihenweise Absurditäten absondert, und einer mit dem Establishment aufs Äußerste verfilzten konservativen Politikerin, die sich als eine knallharte Imperialistin und ein Exekutionsorgan der US-Oligarchie versteht. Seit der Kapitulation des linken Sozialdemokraten Sanders scheint sich der öffentliche Diskurs in den USA immer weiter von den realen politischen Verhältnissen zu entfernen, die durch soziale Zerfallsprozesse und das Erstarken der amerikanischen Linken geprägt werden. Der US-Wahlkampf zwischen rechtem Establishment und Rechtspopulismus findet in einer nahezu hermetisch abgeschlossenen ideologischen Blase, in einer Parallelwelt statt, in der die krisenbedingte Verelendung breiter Bevölkerungsschichten der USA kaum eine Rolle mehr spielt, die Sanders noch zu einem zentralen Thema seiner Kampagne machte.

Während also die ganz große Koalition des US-Establishments über neue imperiale Abenteuer debattiert, brennt es immer öfter an der rasant verarmenden "Heimatfront", wo Polizeibrutalität, Bandenkriminalität und eine orientierungslose Wut der pauperisierten Massen um sich greifen. Ein "molekularer" Bürgerkrieg niederer Intensität, wie er etwa in Mexiko seit Jahren tobt, zeichnet sich inzwischen auch in den Vereinigten Staaten immer deutlicher ab, nachdem Sanders der Weg zu einer demokratischen Auseinandersetzung mit den sozialen Krisenfolgen von der demokratischen Parteiführung verbaut wurde. Zuletzt brachen etwa in Milwaukee schwere Unruhen aus, nachdem Polzisten mal wieder bei einer Verkehrskontrolle einen fliehenden 23-jährigen Schwarzen erschossen haben (USA: Riskante Begegnungen mit der Polizei).