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Die Energie- und Klimawochenschau: Vom Kohleausstieg, Begehrlichkeiten der klimaschädlichen Industrien, Elon Musk und Klima-Weiterbildung
Das Bundeskabinett hatte bereits im Januar einen Entwurf eines Kohleausstiegsgesetz vorgelegt, aber die parlamentarischen Hürden wurden noch nicht genommen. Am Montag gab es im Bundestag eine Anhörung zum Gesetzesvorhaben.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie monierte aus diesem Anlass, dass Kraftwerke, die zugleich Strom und Wärme liefern, sogenannte KWK-Anlagen, benachteiligt würden. Außerdem forderte er eine Absenkung der Netzentgelte an. Eine Maßnahme, die auch zur Konjunkturbelebung genutzt werden könnte.
Das ist allerdings einmal eine interessante Position des BDI, denn die Netzentgelte sind deshalb so hoch, weil die Netzbetreiber eine garantierte Rendite auf ihr Eigenkapital in Höhe von über sieben Prozent bekommen. Das ist Geld, das vor allem im Fall der Besitzer der Höchstspannungsnetze bei den Anteilseignern landet und nur im Fall der von Stadtwerken betriebenen Niederspannungsnetze zumindest den oft schwindsüchtigen kommunalen Haushalten zu Gute kommt.
Nun ist es natürlich kein Naturgesetz, die Hoch- und Mittelspannungsnetze, die den Strom im Land verteilen, als private Monopole mit garantiertem Profit zu organisieren. Man könnte es auch wie die Dänen halten und dafür eine öffentlich-rechtliche Gesellschaft gründen, die nur einen kleinen Zuschuss abschöpft. Dieser geht dort in Forschung und Entwicklung im Bereich Netze und Stromspeicher. Umsetzen könnte man dies über eine Enteignung nach Artikel 15 Grundgesetz, aber soweit wollte der BDI sicherlich nicht gehen.
Aber das war in der Anhörung am Montag bestenfalls ein winzig kleiner Randaspekt. Der Bundesrat hatte bereits zu Beginn des Monats erhebliche Kritik an dem Entwurf angemeldet und Nachbesserungen für die erneuerbaren Energieträger gefordert.
Umweltschützer begleiteten die Anhörung mit einer Aktion vor Berliner Kohlekraftwerk. Kritisiert wird unter anderem, dass die im Entwurf vorgesehene Entschädigung für Kraftwerksbetreiber dazu führen könne, dass die Anlagen auch bei fehlender Rentabilität weiterbetrieben werden, um am geplanten Ausstiegsdatum noch die Entschädigung kassieren zu können.
Vattenfall hält die Hand auf
Interessante Nachrichten gibt es in diesem Zusammenhang aus Hamburg. Dort hat am Montag Umweltsenator Jens Kerstan von den Grünen mitgeteilt, dass sich seine Partei mit den Sozialdemokraten darauf geeinigt hat, bis 2025 aus der Kohle auszusteigen. Das Kohlekraftwerk Moorburg soll bis dahin teils auf Gas umgerüstet und teils stillgelegt werden.
Die vor einem knappen Jahrzehnt gegen erbitterten Widerspruch vieler Umwelt- und Klimaschützer teils mit überbordender Polizeigewalt durchgesetzte Anlage ist eines der neuesten und größten Steinkohlekraftwerke der Republik. Seine beiden Blöcke sind erst seit 2015 in Betrieb.
Kraftwerkseigner Vattenfall meldete schon mal an, dass man gerne über den Umbau spreche aber einen "fairen Transfer" erwarte. Dazu ist anzumerken, dass der seinerzeitige Vattenfallchef Lars-Göran Josefsson zurzeit des Kraftwerksbaus der offizielle Klimaberater Angela Merkels gewesen ist.
Da er diesen Posten mit dem in Sachen Klimawandel sicherlich erheblich kompetenteren Hans Joachim Schellnhuber ausfüllte, wird der Konzern kaum in Anspruch nehmen können, das Kraftwerk in gutem Glauben, also ohne das Wissen um seine enorme Schädlichkeit, gebaut zu haben. Leider ist zu erwarten, dass sich der Hamburger Senat nicht den Artikel 15 des Grundgesetzes zunutze macht, sondern dem Konzern den Abschied von der Kohle mit der einen oder anderen Milliarde versüßt.
Abwrackprämie
Über das wegweisende Urteil des Bundesgerichtshofs in einem Schadensersatzverfahren gegen den VW-Konzern im Zusammenhang mit dem Dieselskandal hatten wir bereits Anfang der Woche geschrieben. Nachzuholen wäre noch, dass das Gericht ausdrücklich auch den Konzernvorstand belastet sieht. Die Erklärung der VW-Vertreter, es sei nicht erwiesen, dass dieser von der Betrugssoftware gewusst habe, mochte das Gericht so nicht akzeptieren. Dafür bleibe der Konzern den Beweis schuldig und müsse sich den entstandenen Schaden des Klägers daher zurechnen lassen.
Dennoch hat die Branche gute Aussichten, dass es demnächst die von ihr so vehement geforderte Abwrackprämie, die jetzt Kaufprämie heißt, geben wird. Am 2. Juni will auf einem weiteren "Autogipfel" die Bundeskanzlerin mit einigen Kabinettsmitgliedern und den Ministerpräsidenten der "Autoländer" darüber beraten.
Der Spiegel meint allerdings schon erfahren zu haben, dass sich in der Bundesregierung eine Einigung anbahne. Möglich sei, dass es selbst für Autos, die offiziell 140 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen noch einen Zuschuss beim Neukauf geben wird. Mit anderen Worten: Wer genug Geld hat, kann sich künftig vom Steuerzahler auch noch einen Neuwagen subventionieren lassen.
Auf Twitter war dazu dieser Tage ein Kommentar zu lesen, der gut zusammenfasst, weshalb die Idee anders als vor elf Jahren heute äußerst unpopulär ist:
"@Kaffeecup Altenpflegekräfte erhalten einmalig 1.000 Euro als Anerkennung für ihren Einsatz in der Krise – Krankenpfleger*innen nicht – während bis zu 4.000 Euro Autoprämie für den Kauf eines Neuwagens fließen sollen. Prioritäten in Deutschland."
Die Ablehnung in der Bevölkerung scheint jedenfalls groß und eine Internet-Petition gegen die Pkw-Subvention findet derzeit rasend schnell Unterstützer. Nur 12 Prozent der in einer Umfrage Befragten ist für eine Prämie für den Kauf aller Autos, 22 Prozent wollen nur klimafreundliche Autos gefördert sehen, aber 63 Prozent sind gänzlich gegen die Bezuschussung des Neuwagenkaufs.
Allerdings scheint es sehr auf die Fragestellung anzukommen oder aber viele Bürger sind sich in ihrer Haltung eher unsicher. Ende April hatte eine andere Umfrage ergeben, dass 47 Prozent der Befragten unter bestimmten Umständen für eine Kaufprämie seien. Mag aber auch sein, dass die größere Ablehnung in der erstgenannten, jüngeren Umfrage Ergebnis der zwischenzeitlichen öffentlichen Diskussion ist.
Unerwartete Ablehnung
Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, in der Presse gerne als Wirtschaftsweise tituliert, lehnt die Abwrackprämie ab. Am Wochenende forderten seine Mitglieder in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung ein Konjunkturprogramm, das den Strukturwandel fördert. Die Politik solle sich aber nicht unter dem Einfluss verschiedener Branchen zu einer Vielzahl branchenspezifischer Einzelmaßnahmen verleiten lassen.
Zu den Befürwortern der Abwrackprämie, die jetzt Kaufprämie heißt, zählt hingegen neben dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der bis zu 10.000 Euro Zuschuss für den Kauf eines Elektroautos fordert, auch dessen grüner Amtskollege Winfried Kretschmann aus dem Ländle, der noch nie einen besseren Vorschlag gehört haben will. Vielleicht sollte er einfach mal die Parteitagsdokumente seiner Partei lesen?
Bei den Gewerkschaften scheint man sich dagegen nicht ganz einig. Stefan Körzell vom Bundesvorstand des DGB ist dafür, der Vorsitzende des Audi-Betriebsrates, Peter Mosch, hat hingegen Bedenken. Wenn, dann könne er sich das nur als Teil einer "gesamtwirtschaftlichen Strategie" vorstellen. "Da müssen dann auch andere betroffene Branchen wie Hotels, Gastronomie, Friseure und vieles andere mehr mit drin sein", zitiert ihn die Süddeutsche Zeitung.
Von einem Friseur-Gipfel hat man allerdings noch nichts gehört. Auch nicht von einem Hotel-Gipfel. Dabei könnte vielen Hoteliers geholfen werden, wenn ihre Häuser, wie in anderen Ländern geschehen, als Quarantäneheime angemietet würden. Oder wenn man sie zur besseren, weniger beengten Unterbringung von Flüchtlingen nutzen würde.
Die werden nämlich zurzeit, sobald sich in einer Unterkunft jemand mit Corona infiziert hat, auf engstem Raum eingesperrt, mitunter mit Polizeigewalt forciert. Experten bescheinigen den Flüchtlingsunterkünften, dass in ihnen ein Ansteckungsrisiko wie auf einem Kreuzfahrtschiff herrscht.