Mit Mathe, Deutsch und Gottes Hilfe: Wenn Söder sich der Bildungskrise annimmt
Mehr grundlegender Unterricht, aber nicht statt Religion: CSU fängt sich Kritik von Bildungsgewerkschaft ein. Im Grunde geht es um zwei Streitfragen.
Seit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinetts-Winterklausur in Gmund am Tegernsee Ende Januar verlautbaren lies, dass die Fächer Deutsch und Mathematik an Grundschulen gestärkt werden sollen, aber keinesfalls auf Kosten des Religionsunterrichts, reißt die Debatte über die Bedeutung einzelner Fächer nicht ab.
Populismus oder echte Bildungspolitik? Kritik an Söders Kurs
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wirft Söder populistische Ablenkungsmanöver vor – und warnt zugleich vor Stundenkürzungen im musisch-kreativen Bereich. Die bayerische Staatsregierung solle sich lieber den wirklichen Problemen im Bildungswesen widmen, so die GEW. Gemeint sind bekannte Kritikpunkte, die mit der Unterfinanzierung des Bildungswesens zu tun haben.
Gemeinsame Werteerziehung oder Aufteilung nach Religion?
Söders Argument, Religionsstunden könnten nicht gestrichen werden, weil hier Werteerziehung stattfinde, sei nicht nachzuvollziehen: "In der Grundschule wird unabhängig von den Fächern immer Werteerziehung betrieben. Und wenn, dann bräuchten wir hier ein Fach Werteerziehung, das von Religionen unabhängig ist", so Martina Borgendale, Landesvorsitzende der GEW Bayern.
GEW schlägt Alarm: Fehlprioritäten in Bayerns Bildungspolitik
In den ersten beiden Jahrgangsstufen der Grundschulen gibt es laut der Bildungsgewerkschaft den sogenannten grundlegenden Unterricht (GU), der alle Fächer außer Religion, Werken und Sport beinhaltet. Hier können die Lehrkräfte flexibel Schwerpunkte setzen, zum Beispiel zugunsten des Deutschunterrichts.
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In der dritten und der vierten Jahrgangsstufe gibt es drei Stunden Religion – hier könnten aus GEW-Sicht "jederzeit Stunden zugunsten des grundlegenden Unterrichts gestrichen werden". Der musisch-kreative Bereich sei dagegen "enorm wichtig für die Entwicklung aller Kinder", sowohl als Ausgleich zum kognitiven Arbeiten, aber auch "entwicklungspsychologisch grundlegend für alle naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächer".
Religionsmündigkeit ab 14 und Religion in der Grundschule
Genau genommen geht es also um zwei Fragen: Erstens darum, ob explizit Zeit für Werteerziehung eingeplant werden muss. Zweitens darum, ob diese in Form eines gemeinsamen Ethikunterrichts für alle Kinder stattfinden soll, oder ob es weiterhin Religion als reguläres Unterrichtsfach geben soll und Ethik nur als "Ersatz" für Kinder konfessionsloser Familien.
Wie säkular ist Deutschland wirklich?
Konfessionslosenverbände weisen regelmäßig darauf hin, dass Grundschulkinder noch gar nicht religionsmündig sind: Um aktiv über die eigene Kirchenmitgliedschaft zu entscheiden, müssen sie mindestens 14 Jahre alt sein. Vorher gelten Getaufte automatisch als christlich. Religionsunterricht im Grundschulalter wird daher als Ausdruck der unvollständigen Säkularisierung des Staates kritisiert.
Religionsunterricht an öffentlichen Schulen sei ein "aus den Taschen aller Steuerbürger finanziertes Privileg der Religionsgemeinschaften", so der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA).