Mobile Phone Throwing Association
Ein kleiner Scherz in einem Telepolis-Artikel und die komischen Folgen bei seiner medialen Verbreitung
Unglaublich, aber wahr: Handy-Weitwurf soll eine olympische Disziplin werden. Das plant zumindest die "Mobile Phone Throwing Association" (MPTA). Wie die MPTA auf ihrer Homepage schreibt, haben bereits erste Gespräche mit dem zuständigen Olympischen Komitee stattgefunden, die "uns sehr optimistisch stimmen". Demnach sei bereits im Jahr 2008 mit einer Teilnahme von Handy-Weitwerfern an den Spielen in Peking zu rechnen. Gerade die chinesische Hauptstadt, betont die MPTA, sei "ein äußerst attraktiver Ort, weil China für unsere Handyhersteller der Markt von morgen ist". Gleichzeitig gab die MPTA am gestrigen Freitag bekannt, dass der von einem Ukrainer aufgestellte Handy-Weitwurf-Weltrekord von ihr nicht anerkannt werde: "Wir verstehen nämlich keinen Spaß."
So weit, so unsinnig. Denn diese ach so seriös gequält daherkommende Meldung über Olympische Spiele und Handy-Weitwurf ist nämlich der totale Quatsch. Und auch die "Mobile Phone Throwing Association" ist eine reine Erfindung - das verrät übrigens allein schon der angegebene Link, der auf eine asiatische Seite führt, die zwar mit schönen Schriftzeichen daherkommt, aber mit Handy-Weitwurf bestimmt nichts zu tun hat.
Gleichwohl geht inzwischen die "Mobile Phone Throwing Association" im Netz um - auf diversen Internet-Seiten und in den Berichten verschiedener Online-Dienste. Und Schuld hat eine Telepolis-Glosse (Handy-Weitwurf wird immer populärer) vom 21. Juli. In ihr haben wir über die geplanten Handy-Weitwurf-Weltmeisterschaften berichtet und in den Text ein paar kleine Scherze eingebaut. Unsere Glosse, die ausdrücklich als solche gekennzeichnet war, lieferte danach den Stoff für Berichte der Netzeitung und von Focus.de. In beiden Texten wurde Telepolis noch ausdrücklich als Quelle genannt. Und auf den Scherz mit der "Mobile Phone Throwing Association" sind die Kollegen auch nicht hereingefallen, vermutlich haben sie einfach mal auf den asiatischen Link geklickt.
Doch noch am gleichen Tag schlug Xonio.com zu. Und plötzlich wurde aus unserem Scherz journalistischer Ernst:
Wie das Internet-Magazin "Telepolis" vermeldet, soll es harte Konkurrenz aus der Ukraine geben. Dort hat der Athlet Oleg Schwez ein Handy scheinbar 92 Meter weit geschleudert. Ob der Rekord von der "Mobile Phone Throwing Association" anerkannt wird, ist aber noch nicht sicher. Laut amerikanischen Wissenschaftlern erfreut sich der Handy-Weitwurf immer größerer Beliebtheit, da sich ihrer Meinung nach viel Zorn oder Frustration beim Umgang mit Mobiltelefonen aufstaut.
Da war sie nun die von uns scherzhaft in einer Glosse vermeldete "Mobile Phone Throwing Association" und begleitet wurde sie von den von uns ebenfalls erfundenen "amerikanischen Wissenschaftlern", die in unserem Ursprungstext den doch ziemlich blöd klingenden "Tropfen, der das Glas Wasser zum Überlaufen bringt"-Effekt entdeckt hatten. Und da der kurze Bericht von Xonio.com auch über den Yahoo-Newsticker lief, entwickelte vor allem unsere MPTA von nun an ein mediales Eigenleben.
So wussten tecchannel.de und Wirtschaftsblatt.at:
Ob eine Rekordjagd überhaupt möglich sein wird, hängt aber noch von der Legitimierung der Wettkämpfe durch die "Mobile Phone Throwing Association" ab.
Während diepresse.at unsere MPTA als recht "streng" bezeichnete:
Ob diese Weite von der strengen "Mobile Phone Throwing Association" allerdings anerkannt wird, ist fraglich, da weder das verwendete Modell noch die Rahmenbedingungen des Wurfs bekannt sind.
Was auch freenet.de bestätigen konnte:
Dass auch alles mit rechten Dingen zugeht, dafür sorgt die "Mobile Phone Throwing Association", denn ohne deren Segen ist kein Rekord gültig.
Auch bei giga.de, krone.at oder derstandard.at tauchte die MPTA auf - zum Teil sogar mit Link auf die asiatische Netzseite. Und während google.de täglich immer mehr Treffer über Handy-Weitwurf anzeigt, hat nun auch Spiegel-Online unsere MPTA entdeckt, ohne Telepolis als Quelle zu nennen:
Die "Mobile Phone Throwing Association" allerdings erkennt den Wurf nicht an: Schwez hat bisher die Rahmenbedingungen seines Rekordwurfes nicht weiter spezifiziert. Weder Wetterbedingungen, noch Art und Gewicht des Handys sind bekannt.
Auch diese Behauptung müssen wir leider etwas korrigieren. Der Ukrainer Schwez benutzte bei seinem Handy-Weitwurf-Weltrekord nämlich ein Samsung SGH-R200. Das ergab eine zweiminütige Recherche mit Hilfe von google.de, bei der wir auf einen Artikel gestoßen sind mit der für uns doch etwas irritierenden Überschrift: "Mobile phone chucking to become Olympic sport?" Was dazu wohl die Mobile Phone Throwing Association sagen wird?