Möge die dunkle Seite der Macht mit dir sein
Wo Gegner zu willenlosen Marionetten werden: "Star Wars: The Force Unleashed"
Oh Mann, wie viele sich auf „Star Wars: The Force Unleashed“ gefreut haben! Laut Activision haben allein über 2,3 Millionen Leute weltweit die Demo heruntergeladen. Und jetzt ist das Action-Adventure endlich da. Aber kann LucasArts auch die hohen Erwartungen seitens der Fans erfüllen?
Sonnenstrahlen durchfluten die Baumkronen, doch es geht alles andere als friedlich auf dem Planeten Kashyyyk zu. Denn die letzten Tage der Klonkriege bestimmen hier das Leben der Wookiees. Eigentlich habe ich bislang immer mit den Zottelviechern sympathisiert, aber dieses Mal stolziert mein Alter Ego in Gestalt der diabolischen Asthmamaschine namens Darth Vader umher, stets darauf bedacht, sämtliche Artgenossen Chewbaccas mit dem Lichtschwert aus dem Weg zu räumen oder sie wild durch die Luft zu schleudern, um sie Abhänge hinab zu werfen. Das ist ein imposanter Beginn, nicht zuletzt aufgrund des aus Episode VI bekannten Score-Stücks „Imperial March“, das als musikalische Untermalung aus den Boxen dröhnt.
Daraufhin knüpft sich Vader einen Jedi-Ritter vor, der sich bei den Wookiees versteckt hält. Es kommt dabei zu einem kleinen Kampf, währenddem am Strand und am Himmel unentwegt gefochten wird. Klar, dass da auch mal ein Tie-Fighter verdammt nah neben Vader und seinem Gegner zu Boden kracht und sofort explodiert. Und genau dies schafft Atmosphäre, verleiht es dem Videospiel doch das gewisse Etwas. Um das gewisse Etwas geht es auch Vader. Er ist sich nämlich sicher, dass sich hier eine außergewöhnliche Kraft aufhält. Zunächst scheint er sich zwar getäuscht zu haben, da alles, was er im Wookiee-Unterschlupf vorfindet, ein kleiner Junge ist, doch sind erst einmal zwanzig weitere Jahre vergangen, dann kann daraus doch ein treuer Schüler werden.
Also beginnen wir direkt die erste große Mission in Gestalt des Schülers, dem so genannten Starkiller. Seine Aufgabe ist es, Jedi-General Rahm Kota zu finden, der sich auf einer Raumbasis aufhalten soll. Zunächst geht es an einigen Droiden vorbei, bald darauf gibt’s Hully-Gully der brachialen Art: Sturmtruppen schleudere ich wie willenlose Marionetten durch den Hangar, manchen knalle ich einfach Kisten vor den Latz. Oh ja, die Macht ist groß in mir. So groß, dass ich gleich noch ein paar Tie-Fighter in schrottreifen Zustand verwandle. Und dann gelingt es mir auch noch, eine zugekeilte Schiebetür zu öffnen. Der Wahnsinn! Das mit der Macht, ja das ist schon ne geile Sache.
Vier Stunden später habe ich Rahm Kota längst hinter mir gelassen, meinem Helden hier und da zum Aufstieg und mehr Power verholfen, etliche Jawas und Rodianer geknechtet und lästige Droiden größerer Statur gegrillt, da schleicht sich plötzlich so etwas wie Langeweile bei mir ein. Kämpfen macht müde? Und wie. Und genau deswegen braucht sich niemand zu wundern, wenn er ebenfalls nach derselben Spiellänge etwas vermisst. Dieses Etwas heißt Story. Die ist ziemlich dünn, und wenn sich etwas tut, dann nur in Häppchenform zwischen den einzelnen Missionen. Irgendwie scheint es, als hätten sich die Entwickler zu sehr auf die Technik, insbesondere auf die Digitale Molekular-Materie (DMM), konzentriert.
DMM setzt die physikalischen Eigenschaften der Umgebung so exakt wie nur denkbar um. Demnach sollen sich sämtliche Elemente realitätsgetreu verhalten: Holz zersplittert wie echtes Holz, Glas zerspringt wie echtes Glas, und so weiter. Sicherlich verschlägt es einem oftmals die Sprache, wenn der Held mal wieder was durch die Luft sausen und irgendwo dagegen krachen lässt, doch auf Dauer ist es nur schmückendes Beiwerk. Zwar darf und muss man die Umgebung auch mal zu seinen Gunsten verbiegen, insgesamt aber viel zu selten. Viel zu oft hingegen bekommt man es mit einem überdimensionalen Schrottmonster zu tun. Selbst in der Auseinandersetzung mit dem bekloppt herumrennenden Jedi-Spinnenmann Kazdan Paratus wird das Metallvieh herbeigerufen. Total nervig!
Besiegen lässt sich das Schrottmonster, das einem das Gefühl gibt, als sei man so winzig wie Anakin Skywalker im Kellerloch von Jabba the Hut, indem Starkiller wild umherhüpft und den Gegner mit seinen Blitzkräften zum Lähmen bringt. Irgendwann kommt es dann zur Gelegenheit, dem animierten Blechberg das Letzte zu geben. Wie bereits aus dem Ende der Demo bekannt, vollzieht sich der Todesstoß in „God of War“-Manier. Alles was jetzt zählt, ist den richtigen Button auf dem Controller im richtigen Moment zu drücken. Wer Kazdan Paratus ins Jenseits befördern will, muss dieselbe Chose, wenn auch in anderer Reihenfolge, meistern. Klingt einfallslos? Ja, stimmt, aber inszeniert ist es als wäre es ein interaktiver Film – mit einem hohen Maß an dynamischer Kameraästhetik.
Apropos Film. Während „The Clone Wars“ wirklich nix mehr für uns olle „Star Wars”-Fans gewesen ist, so ist „The Force Unleashed“ letztlich so etwas wie Balsam für die Seele. Man fühlt sich von Anfang an zuhause in diesem Videospiel. Ob Grafik oder Sound, die gesamte Präsentation ist in sich stimmig. Der Pilzplanet Felucia mag da eine Ausnahme sein, doch das wackelige Ambiente hat durchaus seinen Reiz. Irgendwann zumindest. Fragt sich also nur noch, was unterm Strich übrig bleibt. Ein Game, das dem großen Hype der letzten Wochen nur bedingt gerecht wird, vor allem wegen des schwachen Storygerüsts. Deshalb: „Knights of the old Republic“ wird weiterhin der Klassiker schlechthin bleiben.
„Star Wars: The Force Unleashed“ wurde auf der Xbox 360 getestet und ist auch für andere Plattformen erhältlich.