Molekulare Fotodioden
Wissenschaftler haben im Nanobereich eine Fotodiode geschaffen, in der das Licht die Polarität bestimmt
Shunsaku Kimura und Kollegen vom Department of Material Chemistry an der Kyoto-Universität haben eine molekulare Fotodiode hergestellt, die von zwei Peptiden gebildet wird, deren Spiralen unterschiedliche Chromophore und unterschiedliche Dipolmomente aufweisen. Wenn sie Licht ausgesetzt werden, reagieren sie je nach Wellenlänge als Anode oder Kathode.
Die von Kimura und Kollegen vorgestellte Fotodiode ist ein Musterbeispiel für die Zusammenarbeit von Chemikern, Physikern und Ingenieuren. Die Fotodiode ist eine Weiterentwicklung des bisherigen Typs aus Silizium, der Einstrahlungen von 1 pW/cm2 bis 100 mW/cm2 nachweisen kann. Fotodioden werden in der Spektroskopie, der Fotographie, bei analytischen Instrumenten, in optischen Sensoren, zur Oberflächenbestimmung, für lasergestützte Systeme, bei optischen Geräten und in medizinischen Instrumenten verwendet. Die nanotechnologische Verwertung ist dabei von zunehmenden Interesse, aber:
"Der gezielte Aufbau nanoskaliger Strukturen ist ohne geeignete Analytik nicht denkbar. Die Methoden und Geräte der Nanoanalytik sind das 'Auge', um Strukturen zu sehen, und die 'Finger', um Strukturen anzufassen und zu verändern."
Nanotechnologie in Deutschland - Standortbestimmung" (BMBF, Mai 2002)
Die Manipulation von Materie auf Nanometer-Ebene hat nicht notwendigerweise etwas mit futuristischen Nanomaschinen zu tun. Den vertrauten Wirkungen alltäglicher Materialien liegen Effekte zu Grunde, die auf Prinzipien der Selbstorganisation und der Strukturierung im Nanometerbereich beruhen. Die Schwierigkeit besteht in der Integration solcher Elemente. Dazu zählen vor allem SAMs (Self-Assembled Monolayers). Sie entstehen durch "soft lithography", indem die Thiolverbindungen mit der Goldoberfläche reagieren und jene SAMs formen.
Nanotechnologie: Top-down oder Bottom-up?
Shunsaku Kimura und seine Kollegen erkannten, dass es weder möglich ist, die konventionellen Alanethiole wegen ihrer Größe in die SAMs einzubringen, noch schwefel-terminierte Oligomere einzulagern. Aus dieser Not entwickeln die Forscher die Idee, Peptidspiralen zu benutzen. An der Alpha-Aminoisobuttersäure und dem links drehenden Leucin wird die Sulfid-Gruppe an die Stickstoffgruppe angelagert, während die Ethylcarbazolyl-Gruppe an dem freien Kohlenstoffatom gebunden ist. Demgegenüber wird der Ruthenium-Komplex bei Rul16SS an die Stickstoffgruppe gebunden, und die Sulfid-Gruppe an das Kohlenstoffatom, das dem rechts drehenden Leucin zugeordnet ist.
Außerdem führt die Bindung an Gold (Au-S Verbindung) zu unterschiedlichem Verhalten der beiden Komponenten. Die Beleuchtung (Exzitation) mit 351 nm (von 310 bis 400 nm) zeigt einen anodischen Elektronentransfer für die SSL16ECz-Verbindung, während die Beleuchtung mit 459 nm (von 400 bis 520 nm) einen kathodischen Elektronentransfer für Rul16SS bewirkt. Da beide Wellenlängen weit auseinanderliegen, ist die gegenseitige Beeinflussung weitgehend ausgeschlossen. Auch haben infrarotspektroskopische Analysen gezeigt, dass die Alpha-Petidspiralen ihre Bindung an Gold beibehalten. Ferner konnten die Forscher aus vergleichenden Untersuchungen den Schluss ziehen, dass unterschiedliche Dipolmomente beim Elektronentransport wirksam werden. Somit ist es möglich, in einem Multikomponenten-System jede Fotodiode unabhängig voneinander zu aktivieren.
Diese neue Molekularelektronik, auch Molektronik genannt, ist der Schlüssel zu elektronischen Bauteilen wie molekularen Verbindungen, Fotodioden, Transistoren, und vieles mehr. Aus funktionellen Organosilanen werden an oxidischen Oberflächen wie Glas- oder Siliziumchips hochorganisierte Molekülschichten in Nanodimension gebildet. Diese Schichten sind monomolekular. Da sich SAMs gut auf einfacher molekularer und auch vernetzter Ebene modifizieren lassen, sind sie sehr hilfreich bei der Erforschung der Selbstanordnung von Molekülen, von molekularen Strukturen, von Ladungsverhältnissen und Phänomenen an Phasengrenzflächen.
Molektronik ist das neue Schlagwort
Die Untersuchungen von Kimura und seinen Kollegen, über die er in Science berichtet, führen zu einem Ergebnis, wie es von James Tour von der Rice Universität in seinem Buch Molecular Electronics vorhergesagt wurde. Es handelt sich nämlich um ein großes Experimentierfeld, für das es noch keine verbindlichen Regeln gibt. Zudem ist selbst die Firma Molecular Electronics, die von James Tour und Mark Reed gegründet wurde, den bisherigen Anforderungen nicht gerecht geworden oder steht in Konkurrenz zu anderen großen Firmen wie IBM, Hewlett-Packard und anderen, beispielsweise auch Hitachi, die Firma, der Shunsaku Kimura als Mitarbeiter angehört. Ferner sind in den vergangenen Jahren zunehmend Gelder für die Nanotechnologie gesponsert worden. Die Zahl der Forschenden hat sich vergrößert und deckt inzwischen Bereiche ab, die vor 10 Jahren nicht denkbar waren.
Allerdings ist der Betrug von Jan Hendrik Schön aus der Arbeitsgruppe von Bertram Batlogg und Christian Cloc im Bereich der Nanotechnologie an organischen Halbleitern bemerkenswert. Der Physiker hatte es darauf angelegt, den kleinsten organischen Transistor, der nur aus einem Molekül bestand, zu vermarkten. Inzwischen haben nicht nur die Bell-Laboratories Schön ausgewiesen, die Universität von Konstanz hat ihm auch die Promotion aberkannt.
Von solchen Ausrutschern abgesehen ist der Siegeszug der Nanotechnologie unaufhaltsam. Dazu bedarf es immer neuer technologischer Entwicklungen, die bisher meist unauffällig erfolgen. Kimura und Kollegen sind ein Beispiel für die "Knochenarbeit": von den Vorstellungen der Großen geleitet, aber mit den eigenen Ideen in die Wirklichkeit umgesetzt.