Much Ado about "Weird!-Signal"

Seite 2: Fehlalarm bei der Premiere

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Mag die zweite SETI-Observation der Wissenschaftsgeschichte den bislang größten SETI-Fehlalarm ausgelöst haben - beim allerersten verhielten sich die Hauptakteure weitaus reservierter. Als der 29-jährige Radioastronom Frank Drake am 8. April 1960 die erste wissenschaftlich-systematisch koordinierte Observation des Radiohimmels startete, visierte er gezielt die erdnahen Sterne Tau Ceti und Epsilon Eridani an. Bereits nach fünf Minuten folgte ein explosionsartiges Gedröhne, das die Lautsprecher in Vibration versetzte und den grafischen Schreiber des Aufzeichnungsgeräts zum Tanzen brachte.

Ein starkes, lautes Signal erfüllte den Raum. Sein Charakteristikum darin bestand, binnen einer Sekunde acht Mal zu pulsieren. "Keiner von uns hatte jemals etwas Vergleichbares erlebt. Wir starrten einander mit weit aufgerissenen Augen an", erinnert sich Drake. Doch nach einigen Experimenten und Testläufen zeichnete sich ab, dass die Pulse von einem in großer Höhe fliegenden Luftfahrtzeug stammten mussten. Wie spätere Recherchen ergaben, war der Verursacher der von Drake aufgefangenen obskuren Signale das geheime Aufklärungsflugzeug U-2, das in 20 Kilometer Dienstgipfelhöhe operierte und damals auch über Kalifornien flog.

Als Frank Drake noch innerlich über den wahren Verursacher seines Fehlalarms rätselte, wurde eines der Flugzeuge, das seine Premiere durchkreuzte, am 1. Mai 1960 von sowjetischen Militärs über den Ural abgeschossen. Das ohnehin schon angespannte politische Verhältnis zwischen den beiden verfeindenden Nationen erreichte einen neuen Höhepunkt. Bild: NASA

Man muss sich diese Episoden der SETI-Geschichte stets vor Augen halten, will man verstehen, warum gerade die auf diesem Feld arbeitenden Forscher bei der Interpretation vermeintlicher Treffer oder suspekter Signale von Jahr zu Jahr immer vorsichtiger reagieren und solche Ereignisse vor allem im Beisein der Sensationspresse nur ungern kommentieren. Fehlalarme sind ein ständiger Begleiter und fast schon ein unliebsamer Vertrauter, mit denen Radioastronomen seit jeher hadern. Dies gilt auch für den jüngsten verdächtigen Radiopuls, der in den Annalen der Radioastronomen als 'Weird!-Signal' eingehen könnte.

Lauschangriff auf Rote Zwerge

Ihren Anfang nahm die Geschichte im April dieses Jahres, als der Planetenforscher und Astrobiologe Abel Mendez vom Planetary Habitability Laboratory der Universität in Puerto Rico (USA) mit dem dort ansässigen weltweit zweitgrößten Arecibo-Radioteleskop erdnahe Rote Zwergsterne analysierte. Im Rahmen der Pale-Red-Dot-Beobachtungskampagne richteten sie dabei den C-Band-Empfänger auf acht Zwergsterne (siehe Bild oben), von denen nur zwei Systeme (Gliese 436 u. K2-18) Planeten besitzen.

Die Ziel-Zwergsterne von Mendez & Co. Bild: UPR Arecibo / Aladin Sky Atlas

Rote Zwergsterne, auch M-Zwergsterne genannt, sind langlebige, sehr licht- und massearme Gebilde, die schätzungsweise mehr als 70 Prozent aller Sterne in der Milchstraße stellen und fast ausschließlich infrarotes Licht emittieren. Nicht zuletzt aufgrund ihrer hohen Radioaktivität gelten M-Zwerge als äußerst lebensfeindlich. Gäbe es ein Ranking für die im Produzieren von Sonnenflares effektivsten Sterne, gebührte dieser stellaren Klasse fraglos der Spitzenplatz. Einen Spitzenwert erreicht insbesondere die von solchen Gebilden abgegebene UV-B- und Röntgenstrahlung.

Da infolge der geringen Leuchtkraft und Gravitation von M-Zwergsternen dort beheimatete extrasolare Planeten mit den gängigen Detektionsmethoden nur sehr schwer auszumachen sind, konzentrierte sich das Team um Mendez im April und Mai dieses Jahres auf ungewöhnliche Radiowellen in den erdnahen Sternsystemen. Ihr primäres Ziel war es, mithilfe der Arecibo-Schüssel in diesen Systemen natürliche Fluktuationen in der Radiostrahlung und Veränderungen im Magnetfeld zu lokalisieren. Dabei gingen die Forscher von der Überlegung aus, dass die von Roten Zwergsternen abgegebene Radiostrahlung immer dann Schwankungen unterliegt, wenn sich auf diesen ein Flare ereignet. Käme es zu solch einer Sonneneruption, könnte der Ausläufer auf das Magnetfeld eines potentiellen Planeten treffen und dadurch die Intensität der Radiostrahlung beeinflussen.