Nach Corona - Zukunft neu denken
Vor der Corona-Pandemie hatten wir die Klimakrise, die Energiekrise, die Flüchtlingskrise und die Finanzkrise. Jetzt kommen noch die Gesundheitskrise, die neue Hungerkrise und die Demokratiekrise dazu. Kommen wir je wieder aus dem Krisen-Modus heraus?
Die alles entscheidende Frage in der gesamten Menschheitsgeschichte hieß schon immer: Was lernen wir aus den Krisen? Krisen können unsere wichtigsten Lernhelfer sein. Das weiß jede und jeder aus seinem Privatleben. Es gilt aber auch in der Politik, im Beruf und in der Wirtschaft.
Wie eine Krise als Lernhelfer fungieren kann, hat soeben die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg bewiesen. Die Landesregierung in Stuttgart hat ein neues Naturschutzgesetz auf den Weg gebracht.
Es ist ein Kompromiss zwischen dem grünen Umweltministerium und dem schwarzen Landwirtschaftsministerium. Hauptstreitpunkt war der Einsatz von Pestiziden. Grün und die Umweltverbände wollten überhaupt keine Pestizide mehr. Schwarz und die klassische Landwirtschaft waren natürlich weiterhin für Pestizid-Einsatz.
Geholfen hat die Ankündigung eines Volksbegehrens im Stil des erfolgreichen Bienen-Volksbegehrens in Bayern vor eineinhalb Jahren. Daraufhin hat die grün-schwarze Landesregierung mit allen Beteiligten verhandelt: mit den konventionellen Landwirten ebenso wie mit den Öko-Bauern und mit den in Baden-Württemberg besonders starken Umweltverbänden. Der Kompromiss soll nun noch vor der Sommerpause Gesetz werden.
Seine Hauptpunkte:
• Erhöhung der Fläche für Ökolandbau bis 2030 auf 30 bis 40%.
• Pestizide bis 2030 um 50% reduzieren.
• Bis 2030 soll die Gesamtmenge der Pflanzenschutzmittel um 40% - 50% vermindert werden.
• Streuobstwiesen werden künftig besonders geschützt.
• Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken.
Dieses Öko-Wunder mit einer von der CDU mitgetragenen Landesregierung wäre in normalen Koalitionsverhandlungen mit dieser Bauernpartei nie durchzusetzen gewesen. Es kam nur zustande, weil die Öko-Verbände mit dem Volksbegehren gedroht haben, das in Baden-Württemberg mit Sicherheit so erfolgreich gewesen wäre wie in Bayern.
Die Grünen allein hätten es nie geschafft. Die Taz titelte zurecht: "Grüne können's, aber nicht allein". Die Grünen brauchen die Unterstützung der Mehrheitsgesellschaft, die grüner ist als die im Bund regierende Große Koalition.
Das zeigt, dass und wie auch im Bund ab der nächsten Bundestagswahl grüne Politik organisiert werden kann, auch ohne eine grüne Bundeskanzlerin oder ohne einen grünen Bundeskanzler. Allein schaffen sie es tatsächlich nicht. Aber die Grünen können in einer Regierung mit den Schwarzen bei kluger Zusammenarbeit mit den Umweltverbänden ein ökologisches Wirtschaftswunder organisieren, das nach Corona noch wichtiger, aber auch möglicher geworden ist als zuvor: Eine solare Energiewende, eine ökologische Verkehrswende, eine nachhaltige Landwirtschaft, eine Wasserwende, eine Bauwende und eine menschlichere Arbeitswelt.
Die alten Strategien der Umweltverbände können noch immer recht wirksam sein. Wichtig ist deshalb, dass die Fridays-for-Future-Bewegung jetzt wieder aktiv wird, um den alten Größenwahn der fossilen Wirtschaft und der Großkonzerne zu beenden und zu beerdigen. Dabei ist es wichtig und hilfreich, dass die Ökos "liebevolle Sterbebegleitung" (Ute Scheub, Christian Küttner "Abschied vom Größenwahn. Wie wir zu einem menschlichen Maß finden") anbieten.
Nach Corona müssen wir alle Zukunft neu denken.
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