Nach Wohnungsgipfel im Kanzleramt: Keine Entspannung auf Mietmarkt in Sicht

Wer schon froh wäre, eine bezahlbare Wohnung im Plattenbau zu ergattern, war nicht Thema des Wohnungsgipfels. Foto: Doris Antony / CC-BY-SA-3.0

Eigentumsförderung wird ausgeweitet – ob die Bautätigkeit für bezahlbare Mietwohnungen Fahrt aufnimmt, ist unklar. Ein Vorschlag könnte ärmeren Haushalten helfen.

Verbesserungen hat der Wohnungsgipfel am Montag im Bundeskanzleramt vor allem für Einkommensgruppen gebracht, für die der Traum vom Eigenheim realistisch oder zumindest in greifbarer Nähe ist: Die geplante Reform der Eigentumsförderung für Familien sieht vor, die Einkommensgrenze einer Familie mit einem Kind von 60.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen auf 90.000 Euro zu erhöhen – kommen weitere Kinder hinzu, steigt sie jeweils um 10.000 Euro.

Sehr viel schlechter bezifferbar sind die Ergebnisse des Gipfels für Einkommensgruppen, die ein Eigenheim sowieso nicht finanzieren können und auf günstige Mietwohnungen angewiesen sind. Die Bundesregierung hat bislang ihr Ziel verfehlt, dass jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden, davon 100.000 Sozialwohnungen. 2022 wurden insgesamt nur 295.000 Wohnungen fertiggestellt.

Immobilien- und Bauverbände rechneten zuletzt damit, dass der Wohnungsbau weiter abnehmen wird, in diesem Jahr auf nur noch rund 245.000 Einheiten. Das Ifo-Institut erwartet sogar einen stetigen Rückgang auf 200.000 Fertigstellungen im Jahr 2025.

Mehr Ein-Personen-Haushalte, Flucht und Migration

Die ohnehin wachsende Zahl der Single-Haushalte könnte durch die gewünschte Zuwanderung von meist jüngeren Fachkräften noch einmal steigen. Hinzu kommen Geflüchtete und Asylsuchende, die in Deutschland zum Teil schon lange in Massenunterkünften leben. Anfang dieses Jahres wurde allein wegen der Geflüchteten aus der Ukraine im Ressort von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) mit einem Mehrbedarf an bis zu 600.000 Wohnungen gerechnet.

Jetzt soll es unter anderem neue Steuervorteile für Bauprojekte geben – und ursprünglich geplante Energiestandards werden vorerst nicht eingeführt – Bundeswirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) hält sie dank des gerade beschlossenen Heizungsgesetzes nicht mehr für klimapolitisch dringend geboten. Der laut Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien ab 2025 vorgesehene Standard hätte bedeutet, dass in Neubauten nur 40 Prozent der Primärenergie im Vergleich zu einem Standardbau verbraucht werden dürfen.

"Mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes ist sichergestellt, dass Neubauten ab 2024 klimafreundlich heizen. Deshalb halte ich es nicht mehr für nötig, jetzt auf die Schnelle den neuen Standard EH 40 einzuführen", sagte Habeck am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Umweltverbände sind anderer Meinung – und zu welchen Bauaktivitäten solche Anreize tatsächlich führen, ist ungewiss.

Über- und unterbelegte Wohnungen durch hohe Neuvermietungspreise

Neben der Knappheit an Wohnraum an sich sind aber auch Mietsteigerungen und vor allem gestiegene Neuvermietungspreise ein Problem: Eltern, deren Kinder ausgezogen sind, oder Singles, die ihre Wohnung früher mit dem Partner geteilt haben, würden sich wohl eher mit einer kleineren Wohnung zufrieden geben, wenn sie innerhalb der alten Gegend umziehen könnten und dadurch spürbar mehr Geld für andere Dinge zur Verfügung hätten.

Das ist aber nicht automatisch der Fall, wenn ein Großstadt-Mietvertrag 15 Jahre alt ist und die Bestandsmiete in dieser Zeit nur moderat erhöht wurde, während die Neuvermietungspreise explodiert sind. Wirksamere Instrumente zur Mietpreisbegrezung wurden auf dem Wohnungsgipfel aber nicht einmal diskutiert.

Das Wirtschaftsinstitut IW Köln geht davon aus, dass in Deutschland rund sechs Prozent der Bevölkerung in tendenziell zu großen Wohnungen leben. Das gilt beispielsweise für Singles in Vier-Zimmer-Wohnungen. Umgekehrt lebten im Jahr 2021 nach Angaben des Statistischem Bundesamt etwa 10,5 Prozent – vor allem Ärmere und Alleinerziehende mit ihren Kindern – in überbelegten Wohnungen.

In Österreich erprobt: Recht auf Wohnungstausch zu alten Konditionen

Eines von mehreren Instrumenten, um die Lage zu entspannen, wäre ein Recht auf Wohnungstausch zu den Konditionen der alten Mietverträge – wie es beispielsweise in Österreichs Hauptstadt Wien existiert.

Bedingung ist hier, dass zwei Hauptmietverträge vorliegen, die jeweils vor mehr als fünf Jahren abgeschlossen wurden. Beide Wohnungen müssen im selben Gemeindegebiet liegen. Darüber hinaus müssen "wichtige soziale, gesundheitliche oder berufliche Gründe" für den Wohnungstausch geltend gemacht werden. Wenn der Vermieter nicht zustimmt, können die Mieter einen Antrag für eine Zustimmung in einer Schlichtungsstelle oder bei dem Bezirksgericht einreichen.

Der Vorschlag, dies auch in Deutschland gesetzlich so zu regeln, war am Montag Gegenstand einer Sachverständigen-Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags, an der auch Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung Österreichs teilnahm. Wichtig sei, dass die Mieten beim Vertragstausch nicht angehoben werden dürfen – dies bestätigten wenig überraschend vor allem Betreiber von Tauschbörsen. Denn weniger Menschen wollen sich verkleinern und schrecken insbesondere davor zurück, wenn sich die Mietkosten in einer kleineren Wohnung erhöhen.