Nach den Bierwonnen freut sich Bayern auf den nächsten Vollrausch - die Grüko
Ein alter Traum von Uli Hoeneß: Strauß und Joschka an die Macht
In gut zwei Wochen wählt Bayern. Doch egal, was und wie Bayern wählt - es wird sich im Prinzip nichts ändern, denn das einst Undenkbare wird Normalität. Das "Justemilieu" rund um Bündnis 90/Die Grünen hat sich unter der Rainbow-Warrior-Flagge des globalen Fortschritts aufgemacht, nun auch noch hier im Süden den ewigen Stillstand zu garantieren. Im Visier: die Grüko.
Wenn im Folgenden öfters die Rede vom "Justemilieu" ist, dann meint der Autor damit ein urbanes Feld aus selbstgerechten, überheblichen, kleinbürgerlichen und scheingebildeten Laienpredigern. Im Gegensatz zu einer zur Schau gestellten kosmopolitischen Botanik blüht in diesem Schrebergarten nur ein sehr deutsches Unkraut - wenn man es auf das Wesentliche umsetzt, symbolisiert es den für uns typischen autoritären Charakter -, dessen vornehmste Tugend es, laut Marx ist, nach oben zu kuschen und nach unten zu treten.
Der überwiegende Anteil dieser sich als erleuchtet wähnenden Elite stammt aus der Partei der Grünen und ihrer saturiert-hypnotisierten Klientel. Aber auch moderne Elemente aus den Kirchen mischen hier mit wie auch engagierte junge Leute aus diesen orientierungsarm herumspukenden NGOs und logo, eine Menge "Linke" innerhalb von SPD und Linkspartei.
Dieser parteiübergreifende Zusammenschluss repräsentiert einen landesweiten Wähleranteil von 20 % plus und bildet den unzerstörbaren Kitt zu einer weltpolitisch und europäisch völlig vereinsamten und innerhalb der Groko nur noch geduldet-gefürchteten Kanzlerin. Es ist diese grünschwarze Bindungsmasse aus Nitro und Glycerin, welche das Land Tag für Tag weiter Richtung Implosion treibt. Derart demokratisch eingemauert erscheint die dringend nötige Änderung des Status quo nur noch über die Ausrufung des Notstands oder einen Meteoreinschlag vorstellbar.
Wer Augen im Kopf hat und wache Sinne, wer das Glück hatte, in seinem Leben intensiv zu reisen und dadurch die Geduld aufzubringen lernte, anderen zuzuhören und die Gründe für selbst absurdeste Verhaltensweisen zu erfahren, spürt auf deutschen Straßen mit jedem Tag mehr, dass der "molekulare Bürgerkrieg" begonnen hat. Damit definierte Enzensberger den unerklärten und schleichenden Krieg im Inneren einer Republik, der voller Heimtücke ist und kaum vermeidbaren Fallen besitzt.
Vor dem Schwabinger Cafe, in dem ich gerade sitze, steht eine Plakatwand, auf der man die grüne Kandidatin Katharina Schulz lachen sieht und werben für ein sicheres und freies Bayern. Die Gestelle der anderen Parteien werden regelmäßig von nachterprobten Aufständischen übermalt oder zerstört, was andererseits weder dem Stadtbild noch dem Lebensgefühl großen Abbruch tut.
Halt! Wie auf den letzten Drücker bestellt, baut jemand eine Botschaft der Sozialdemokraten auf. Ein Mann, der aussieht wie ein Schiffschaukelbremser auf der Wies'n, jedoch unser Oberbürgermeister ist, steht lachend neben einer auch lachenden jungen Frau, die Ruth mit Vornamen heißt. Nächtelanges Ringen im kreativen Sozi-Think-Tank führte zu dem Knallerslogan: "Gut für München." Dieser wird auf der Rückseite veredelt durch einen kaum vorstellbaren Anfall aus Mut und Verführungsgalanterie: "Lieber Ruth - als Schwarz!"
Man spürt, Schwabing ist ein Künstlerviertel und tatsächlich handelt es sich bei uns - wie etwa auch in Kreuzberg, Freiburg oder Tübingen - um eine traditionelle Hochburg des grünroten Justemilieu. Zu Zeiten von Strauß und Stoiber verzeichnete man hier durchaus mal so rund um die 60 % der Stimmen. Im fragilen Kitschidyll wird geradelt, geplappert, milde gelächelt und unglaublich viel mobil telefoniert.
Junge Mütter schieben doppelt besetzte High-Tech-Kinderwagen mit Anarcho-A durch die Straßen und ihre Lebensbegleiter tragen Körbe voller Biomarktprodukte und Vollkornbackzeugs. Nein, kein Baguette und auch keine qualmende Gitanes, wir sind in München 2018 und das Justemilieu inszeniert sich so gut es eben geht als postmodernes Bildungsbürgertum - nicht ahnend, dass es wie die Renaissance eines großen Nichts aussieht. Ach ja: von den 2-3 Millionen Flüchtlingen habe ich hier seit Ende 2015 noch keinen einzigen gesehen und auch die Polizei ächzt hier nur über die Vielzahl der auszustellenden Parkstrafen.
Unter der Zirkuskuppel der Moralakrobaten
Indessen gibt es im Freundes- oder Bekanntenkreis kein noch so heiteres Thema - wie etwa Truffaut-Filme, neue Schrittzähler-Apps oder Pro und Kontra der Hobbyimkerei -, das nicht umgehend in der Flüchtlingsdebatte feststeckt. Ob man das so nennt oder ersatzweise die Sache mit der Migration oder das (Nicht)-Problem der Einwanderung bzw. dem guten oder schlechten Asyl - das definieren die Talibane der Wortpolizei je nach Lust und Laune.
Fakt aber ist: Ein abstrakter und halluzinierter Afro-Orientale ist im dritten Jahr der kollektiven Neurasthenie zum absoluten Gesinnungsbarometer geworden. Langjährige Beziehungen gehen im Schnellverfahren zu Bruch. Gespräche landen auf dem Altarstock des Entweder-Oder oder degenerieren zu hysterischen Verhören und kriecherischen Rechtfertigungen. Auch über Schwabing lauert eine gigantische Guillotine und der Kirchenchor der Tugendrichter singt tapsig und verzagt: "Imagine there's no countries... Nothing to kill or die for and no religion too. Imagine all the people living life in peace."
Die guten Menschen sind für grenzenlose Öffnung und Solidarität mit allen Verfolgten auf dem Erdball. Die Schlechten wollen Abschottung und nationale Inzucht. Sie verweisen auf das Scheitern der Integration, die kulturelle Unvereinbarkeit des Experiments und die "gefühlte" Zunahme von heftiger Kriminalität auf Seiten der übergangsweise irgendwie Geduldeten. Es geht seit 2015, kurz gesagt, im molekularen Mini-Armageddon um Liebe gegen Hass, Mitleid gegen Hass, Humanität gegen Hass, Wahrheit gegen Hass.
Es gibt nun so herrliche Kapriolen unter der Zirkuskuppel unserer Moralakrobaten. Die dort tätigen Frauen übermalen ja gerne Liebesgedichte, ereifern sich monatelang über Brüderles Dirndl-Posse oder debattieren über die Ästhetik eines postmodern-feministischen Pornos. Während an der Seite jener unterkühlten Regentinnen die Liebhaber, Abschnittsbegleiter oder Gatten zu domestizierten Schoßhunden mutieren, setzen sie sich dank des fiebrigen Elans der Nächstenliebe und des Mitgefühls für die einwandernde Manneskultur ein.
Beschneidung, Demütigungen und genüsslich präsentierte Frauenverachtung, Vielehe, Zwangsheirat, Steinigungen oder sonstige Kulturformen eines religiösen Steinzeit-Irrsinns - das alles sind für die juste femmes lediglich Petitessen einer kollateralen Logik. Gnade dem armen Mann, der darauf hinweist. Dem werden vom Chor der heiligen Priesterinnen zügig die levantischen Leviten gelesen: Fremdenhasser, ewiggestriger Nazi, Rechtspopulist, verbohrter Einmann-Mob, Hitler im Tweed.
Das "freundliche Gesicht" Merkels, das man zeigt, also nicht hat
Was nun genau im September 2015 und den Jahren davor tatsächlich hinter dem Vorgang der ganz großen Bühne geschah soll hier vertagt sein. Bleiben wir bei Sicht- und Hörbaren: Das deutsche wie europäische Drama begann, als auf allen Kanälen im CNN-Einflussbereich tagelang nonstop die Budapester Bahnhofsimpressionen übermittelt wurden. Und siehe da, irgendwann hatte die eiserne Kanzlerin genug und überraschte das Publikum mit einer anrührenden und irgendwie authentisch-weiblichen Gefühlsregung.
Als angesichts der nun einsetzenden Wochen der offenen Türe bei manchen Menschen erste Skepsis aufkam, lieferte das Hochamt einen fast warnenden Klartext: "Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen, dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land." Ich dachte kurz an Woody Guthrie, "This land is my land", der ja in der DDR ein hohen Stellenwert hatte.
Doch dann dachte ich über das erwähnte "freundliche Gesicht" nach, das man zeigt. Also nicht hat, sondern macht oder kurz aufsetzt, um beim Käufer der Botschaft so etwas wie Empathie vorzutäuschen. Allemal: Seit jenem Bonmot wird die farbenfröhliche Freiheitsstatue von eben jenem Justemilieu hofiert und angebetet und von einer noch nie dagewesenen medialen Querfront aus selbsternannten Haltungsjournalisten von jeder Realität abgeschottet. Gut bestallte Matrix-Moderatoren im Massanzug widmen sich in seriellen Brennpunkt-Specials seither um das Einordnen und Gewichten des zentralen Narrativs: "Wir schaffen das. Yes we can."
Und wo ich das eben im Cafe überdenke, lese ich, dass der VDZ aus Stern, Spiegel, Focus und sonstigen Magazinnamen Frau Dr. Merkel die "Ehren-Victoria 2018" verleiht. Und zwar für "ihre bisherige politische Gesamtleistung", die "eine offene, reformfähige und stabile Gesellschaft" geschaffen hat. Immerhin haben wenigstens zwei Dutzend europäische Staatenlenker endlich mal einen Grund zur Heiterkeit.
Zurück nach München: Am Grünenplakat beim Elisabethmarkt radeln hübsch ergraute und mild lächelnde Frauen vorbei mit einer Bio-Yogamatte vorne und hinten einem Korb voller Kunstblumen. Was sollen wir sonst wählen - außer grün - in Gottes Namen?, sagen die Mienen
Es ist eigentlich genug gespottet über dieses generationen-übergreifende Milieu der selbstherrlichen Ahnungslosigkeit. Die meisten leben gut und gerne in ihrem potemkinschen Disneyland mit Dritte-Welt-Läden, Öko-Tattoo-Studios, Bartschmuckbarbieren, Radreparateuren, hippen Coffee-To-Go-Hofbäckern, Edelkäseläden und dem üblichen Fairtrade-Ambiente. Die meisten dienen der Gemeinschaft als pfiffige Startupper, Allergie-Experten, Pilateslehrer, Gender-Paar-Psychologen, Heilpraktiker, Medienanwälte, Consulter für echt coole Konzerne, hypersoziale Online-Werber oder Kunst- wie Medienschaffende.
Während sie sich am Nachbartisch ihre Smoothies zurecht quirlen lassen, verteilen sie lässig mehrere Gadgets auf dem Tisch. Das sind teure Tools, lieber Himmel, deren Lithiumbatterien eine höhere Lebensdauer haben als die Kinder, welche die seltenen Erden aus dem chilenischen Morast kratzen. Das flüchtige Wissen über so ärgerliche Themen wie Syrien, Ukraine, Soros, Brüssel und vor allem diese Asylanten beziehen sie aus Taz, Spon, Zeit, SZ, den Tagesthemen, von der seriösen MoMa-Aktivistin Dunja Hayali sowie den personalisierten Kurzshots ihrer Newsfeeds.
Dieses unsortierte und halbherzige Infotainment schafft eine von politischer Ratio befreite grünromantische Gefühligkeit. Tragischerweise aber sorgt genau dieser Kitsch dafür, dass die mürbe und müde Republik zum Privateigentum des Kanzleramts geworden ist.
Monopolisierung von Nächstenliebe, Grenzöffnung und globalisierter Solidarität
Von Katharina Schulze auf dem Plakat weiß man, dass sie für Obama schwärmt und Eleanor Roosevelt für die erste Menschenrechtsaktivistin hält. Darüber hinaus ist sie "gegen Ausgrenzung und Rassismus" sowie für präventive Maßnahmen gegen Rechts. "Ein Stuhlkreis gegen die AfD", so ihre Homepage, "wird aber nichts nutzen. Man muss mit Härte reagieren. Repression volle Kanne!" Nicht wenige klassische Linke sind der FDP im Nachhinein dankbar dafür, dass das Land bislang vor dem Opportunismus machtbesessener Berufsgrüner und ihres treuen Stimmvolks verschont blieb.
Kurz angemerkt: Ich selbst wurde links sozialisiert, verteilte als Schüler marxistische Flugblätter vor Firmenportalen, demonstrierte mit Griechen, Spaniern und Iranern gegen deren Juntas, las u.a. Bloch, Kisch, Guevara und Sartre, sammelte Dylan-Platten, bereiste Polen, Auschwitz und fuhr quer durch die Sowjetunion, sang mit den drei Tornados "Kein AKW in St. Tropez", studierte das Übliche an der Berliner FU und bevorzugte Ströbeles Tunix-Bewegung, spielte mit Fritz Teufel Doppelkopf und mochte die frühen Grünen, damals bei der Mutlanger Mega-Friedenskette.
Und für so eine Welt mit Freiheit, Frechheit, Poesie und Phantasie im Dienst der Revolte, nahm ich, wie so viele andere, manche Karrierebrüche in Kauf. Für das Kreuz bei Schröder&Fischer gab es gute Gründe. Dafür schämen müssen sich höchstens die Gewählten, die im Verlauf der sieben Jahre den linken Humanismus zu eben jenem Justemilieu umbauten und darüber hinaus zum Verfügungsmaterial neoliberaler Kahlschläger.
Zurück zum Herbst 2018: In Ermangelung irgendeines echten Wertes oder wegen mir eines Markenkerns hat sich das ökoliberale Milieu dazu entschlossen, die Migration zu ihrem Fetisch zu erklären. Umflort wird das scheinheilige Relikt von einem Bekenntnisnebel aus Kita-Multikulti, Antifa-Retro, Regenbogenmysthik und Sprengseln des Bergpredigt-Spirits. Den gemeinsamen Nenner dieser Erlösungssekte bildet mittlerweile nur noch ein gebetsmühlenhaftes "Gegen Rechts!" Wer was werden will hierzulande, beginnt am besten jeden Satz damit und jazzt ihn hoch zu einem als hochriskant erscheinenden Bekenntnis. Aus der Selbstverständlichkeit, sich weder Hitler noch den Holocaust zurück zu wünschen, machen die Logenhocker des Justemilieu das Spektakel eines permanenten Bastillesturms.
Doch worin wurzelt diese fanatische Berufung auf die höhere Moral und diese befremdliche Monopolisierung von Nächstenliebe, Grenzöffnung und globalisierter Solidarität? Was genau kettet speziell die Borderline-Grünen an den Mythos eines neuen und gereinigten Weltbürgers?
"Schuld ist zu einem moralischen Desinfektionsmittel geworden"
Eine als gültig akzeptierte Geschichtsschreibung gibt Deutschland und den Deutschen die kollektive Schuld am Ersten und am Zweiten Weltkrieg, an über 100 Millionen Opfer sowie an sechs Millionen ermordeter Juden. Der Schwabinger Freizeitpsychologe Rainer Langhans sprach daher vom Mördergen der deutschen Seele. Um diesen Makel für alle Zeiten auszugleichen, wacht und waltet eine übermächtige Tabu- und Schuldkultur und hält ein sisyphoshaftes Wiedergutmachungshandwerk am Leben.
"Schuld ist zu einem moralischen Desinfektionsmittel geworden", diagnostiziert der französische Philosoph Pascal und wundert sich im weiteren Verlauf, wie und warum der Deutsche sich daran berauscht und sich im Licht der Scham geradezu erhöht fühlt. Statt im Jahre 2018 einfach ein Mensch zu sein, der für sich selbst verantwortlich ist, will er dauerhaft Träger einer furchtbaren Geschichte sein und sich der Restwelt als potenzieller Erlöser der Menschheit präsentieren.
Bei unseren ersten Reisen, so ab 1970 nach Italien, Frankreich oder Griechenland ließ sich ein Hotelzimmer nur dann mit gutem Gewissen beziehen, wenn man sich an der Rezeption ausführlich für die Schande der Väter entschuldigen durfte.
Ohne den berühmten bunten Farbbeutel, der beim Parteitag der Grünen dem großen Vorsitzenden Fischer an den Kopf knallte, hätten die Delegierten womöglich gegen die NATO-Beteiligung im Jugoslawienkrieg gestimmt und die Koalition mit der SPD aufgekündigt. Schlagfertig nutzte Joschka das Stigma des vermeintlichen Kriegstreibers und überzeugte die als pazifistisch geltende Partei davon, Belgrad zu bombardieren, ausgerechnet Belgrad.
Dieser Stachel sitzt tief noch, vor allem in dem gemarterten Seelenfleisch der noch lebenden Fundis. Und für deren Heilung kam der Herbst 2015 wie gerufen. Jetzt konnte man wieder in die Hände spucken. Die ganze Welt sollte staunen über die wahre Herzlichkeit der einstigen Bestien. Und die staunt bis heute; allerdings über den im Nachhinein seltsam geordnet wirkenden Grenzübertritt von hunderttausenden Menschen aus dem Nahen und Fernen Osten und vielen Teilen Afrikas.
Kein vernünftiger Mensch bestreitet, dass die allermeisten Flüchtlinge in großer Not waren. 65% der seither willkommenen Notfälle sind allein reisende Männer unter 30 Jahren, die im Herbst 2018 zusammen gezählt, so Stefan Aust, die Anzahl von Bundeswehr- und DDR-Soldaten im Jahre 1988 weit übertrifft. Und die Konsequenzen dessen treten nun mal zutage, auch wenn sich die Hofmedien alle Mühe geben die bedauerlichen Einzelfälle unter gefühlter Panik der "German Angst" einzuordnen.
Anstatt die Problematik dieses Irrsinns endlich offen anzusprechen und so tiefgreifend wie tabulos die Motive, den Sinn und die dringend erforderlichen Lösungen zu analysieren, würgen die Populisten der guten Sache im dritten Jahr jedwede Debatte ab. Ungefragt und enervierend rühmen sie die eigene weltoffene, liberale und wertedemokratische Lebenskunst und erklären die große - und wie üblich schweigende - Mehrheit im Land zu verbohrten, gehässigen und rassistischen alten Frauen und Männern.
So funktioniert Tabusetzung und wie ein böser Krebs wuchert eine allesdurchflutende Angst durch dieses Land. Universitäten, Firmen, Kultur und Medien sind Brutplätze von Paranoia und Überwachung geworden und selbst im Freundeskreis muss jedes Wort sorgfältig abgewogen werden - ein Zustand, den die diesbezüglich sensibilisierten Ossis noch von den Jahren 1933 - 1989 her kennen.
Das Reale ist lästig und abstrakt und das Abstrakte wird zum gültigen Maß erklärt
Tja, schön klingt das durchaus: Mitleid, Demut, Nächstenliebe, Solidarität, Hilfsbereitschaft, Willkommenskultur. Immer wieder begegne ich den engagierten Stadtteilaposteln in der 27-er Tram. Dort starren sie - wie die meisten anderen auch - auf ihren kleinen Infohighways, die Augen müde, die Ohren verstopft, überall hängen Kabel und ab und zu fährt ein Dopamin-Shot in die verkapselten Monaden.
Ihnen gegenüber sitzen aber auch alte Leute, Greise mit Leergutbeutel, vom Trost ausgeschlossene Omas, sichtlich kranke und leidende Leute und immer öfters Monologisierende, die mit Dämonen ringen. Aber sie scheinen nicht zu existieren. Denn das Mitgefühl der guten Bürger hat sich offenbar verbraucht in Integrationsmythen und anderen Projektionen des seelischen Ablasshandels. Der Nächste, präsent in seiner Schieflage, ist unerwünscht. Das Reale ist lästig und abstrakt und das Abstrakte wird zum gültigen Maß erklärt.
Da geht man lieber zu Rock gegen Rechts, echt geile Party machen, mit Grönemeyer, Campino, Pussy-Kekabus und Berliner Wutrappern. Vor allem, wenn sich der Bundespräsident alias Frank Werner Fischfilet als Schirmherr gegen Fremdenhass inszeniert und den antifaschistischen Rainbow-Partisanen staatsfinanzierte Shuttlebusse zur Verfügung stellt. Solche subkulturellen Highlights, wie neulich in Chemnitz nach der legendären Hetzjagd, haben stets die volle Rückendeckung nahezu aller nicht-alternativen Medien. Diese sind mehrheitlich grünrot besetzt und werden organisiert von einem alten Junge-Union-Netzwerk, welches die Chefetagen dominiert und sich mit dem PR-Büro der Atlantikbrücke abstimmt. Der Rest ergibt sich von alleine und so hat sich seit einigen Jahren ein fast totalitärer Konformitätsdruck aufgebaut.
Dieses Moralmonopol hat es lautlos und klug geschafft, aus dem vitalen Diskursland der Siebziger und Achtziger eine kontaminierte Omerta-Wüste anzulegen.
Abschließend stellt sich die Frage, wieso das Justemilieu eigentlich von seinen Gegnern als links bezeichnet wird und zwar so penetrant, dass man sich dort tatsächlich auch für links hält, gewissermaßen Marx-light und der Aufklärung verpflichtet und dem Dienst an Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Was hier links ist im klassischen Sinne, wäre etwa die Fassade einer Hippie-WG, Teile einer ausgebleichten Second-Hand-Garderobe und das Herunterleiern abgedroschener Sponti-Slogans. Die echte Antifa würde sich vor Lachen schütteln angesichts dieser Tinnef- Bänkelgruppen, von denen nicht wenige auf der Payroll der Soros-Netzwerke verzeichnet sind.
De facto stehen die Politikdarsteller des Milieus für eher unbarmherzige Lobbykonzepte der Großkonzerne, Banken, Fonds. Grünrot hat - von den Gruppen um Ströbele und Lafontaine abgesehen - das desaströse Finanzmarktliberalisierungsgesetz durchgesetzt und dank Hartz IV Millionen Menschen in die garantierte Dauerverarmung geschoben.
Man hat unter Applaus Beifall von Union und FDP den ersten Angriffskrieg seit 1945 gestützt und getragen und ist bei wirklich jedem Kriegswirken der NATO mit vollem Herzen dabei. Niemand quatscht unverblümter über die Nach-Assad-Ära als die grüne Fraktion und in Sachen Kriegstreiberei und Sanktionslust gegen Russland müssen sogar Unionspolitiker schützend eingreifen.
All das schert deren Klientel nicht. Denn auch sie sind im Kern weder links noch pazifistisch, weder pluralistisch noch im authentischen Sinne liberal. "FDPler mit Fahrrad" - ist noch die netteste Beschreibung.
Wer grün wählt, hievt Söder in den Thron
Als Rudi Dutschke 1968 den Marsch durch die Institutionen erwog, meinte er Zivilcourage, Risiko, Gegenöffentlichkeit, demokratische Kontrolle von Macht und Korruption, Chancengleichheit, Wohnrechte, Pressefreiheit. Er konnte nicht ahnen, dass Parvenus wie Fischer und Cohn-Bendit schon damals eine transatlantische pressure group rechts von der CDU im Sinne hatten.
Waren Dosenpfand oder Veggie-Day noch harmlose Scherze, wird die Rolle der Grünen in der Jahrhundertfrage der Migration zu einer tragischen Größe. Sie sorgen als eine Art schwebender Schattenregierung für die Kontinuität des aktuellen Chaos und dem Unterlaufen des demokratischen Willens. Und solange die Groko weiterwurstelt, wird ihr unser Justemilieu die Treue halten und dieses absurde Machtgefüge konservieren.
Beim gerade vergangenen CSU-Parteitag wurde zur großen Überraschung vieler Mitglieder plötzlich eine Koalition mit den Grünen sehr freundlich besprochen. Anstelle eines hirschröhrenden Aufschreis bei der Basis beider Blöcke hörte man nur das Runzeln mancher Stirne. Warum nicht? Wenn es der Wahrheitsfindung dient. Und dem Konto. Und der Macht.
Wir sind ja nicht mehr im bleiernen Herbst, sondern im apokalyptischen. In dem Sinne meldete sich der grüne Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak zu Wort. Er forderte das Ende der Beißreflexe bei den Schwarzen und in bester grüner Oberlehrerpose stellte der Kumpel von Ilse Aigner gleich mal die Bedingung für die neue Traumregierung: "Das Personal bei der CSU muss stimmen."
Hauptsache man kümmert sich gemeinsam um Alles rund um Nachhaltigkeit, das Bewahren der Schöpfung, den Tierschutz und um guten Strom. Am Ende seines Schwindelanfalls riet er den sedierten Restgrünen dazu, ab Mitte Oktober die bemitleidenswerten CSU-Kollegen im Landtag nicht wie rohe Eier zu behandeln und sie in ihrer Not zu verstehen. Denn, so der leutselige Tierfreund: "Ein geschlagener Hund beißt halt gerne." Im Klartext heißt das: Wer grün wählt, hievt Söder in den Thron. Der Notfall ist längst Realität und selbst vom Fassbomben-Experten Hofreiter hörte man noch kein Dementi zu der bajuwarischen Grüko.
Apropos Bluthochdruck: Ich erinnere mich gerade, dass mir der im Zweitberuf als Visionär tätige Uli Hoeneß Anfang der Achtziger am Ende eines Interviews sagte: "Wissen Sie, lieber Herr Reiser, der Strauß und dieser Joschka - das wäre eine Bombenregierung."