Naht das Ende der Open-Access-Mandate in den USA?
Research Works Act soll frei und kostenlos zugängliche wissenschaftliche Publikationen abschaffen
Am 16.12.2011 wurde im US-Repräsentantenhaus ein Gesetzesentwurf eingebracht, der eine gewisse Sprengkraft hat: der Research Works Act zielt auf die Abschaffung der Open-Access-Mandate. Solche Mandate sollen Wissenschaftler dazu bewegen, ihre wissenschaftlichen Publikationen online und entgeltfrei jedermann nutzbar zu machen. Die Forderung bezieht sich auf Werke, deren Erstellung (die notwendige Forschung inklusive) von der öffentlichen Hand oder von Förderorganisationen finanziert wurde.
Open-Access-Mandate werden von einzelnen Universitäten (wie im Fall der Princeton University [An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen]) oder Forschungsförderern (wie dem Wellcome Trust) formuliert. Diese Mandate unterschieden sich hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit und es scheint, als fiele es zumindest international Forschungsförderern leichter, Open-Access-Mandate (Übersicht) durchzusetzen als Hochschulen.
Wissenschaftler akzeptieren Vorgaben projektbezogener Zuwendungsgeber anscheinend widerspruchsloser als solche der eigenen Hochschule, in der sie meist nicht geringe Freiräume nutzen können. Zudem sind die Mandate der Forschungsförderer wesentlich effektiver: Wer z.B. vom Wellcome Trust oder den National Institutes of Health (NIH) Förderergeld einstreicht, ist verpflichtet, projektbezogene Publikationen nach spätestens 6 (Wellcome Trust) oder 12 Monaten (NIH) in fachlich einschlägigen Open Access Repositories wie PubMed Central respektive UK PubMed Central zugänglich zu machen.
Vor allem diese Forschungsförderer-Mandate sind dem Republikaner Darrell Issa und der Demokratin Carolyn B. Maloney, die den Entwurf einbrachten, ein Dorn im Auge. So formuliert der Research Works Act:
No Federal agency may adopt, implement, maintain, continue, or otherwise engage in any policy, program, or other activity that — (1) causes, permits, or authorizes network dissemination of any private-sector research work without the prior consent of the publisher of such work; or (2) requires that any actual or prospective author, or the employer of such an actual or prospective author, assent to network dissemination of a private-sector research work.
Der Research Works Act stellt auch unmissverständlich klar, dass unter private-sector research work nicht etwa ein privatwirtschaftliches Forschungsvorhaben und daraus hervorgehende Publikationen gemeint sind. Die Formulierung private-sector bezieht sich vielmehr auf den Publikationsort der Dokumente, sprich kommerzielle Verlage.
Michael Eisen von der University of Berkeley wittert hinter der Eingabe Lobbyismus der Association of American Publishers und verweist weiterhin auf Informationen der Open-Date-Plattform MapLight, der zufolge Carolyn B. Maloney im Jahr 2011 zwölf Zuwendungen des niederländischen Wissenschaftsverlags Elsevier in einer Höhe von 5.500 US-Dollar erhalten hat.
Während die Tax Payer Alliance, Universitäten (wie z.B. die Harvard University) und Open-Science-Aktivisten wie Cameron Neylon oder und Open-Access-Unterstützer wie Peter Suber gegen den Research Works Act mobil machen, begrüßt die Association of American Publishers wenig überraschend die Gesetzesinitiative. Immerhin haben sich mittlerweile einige AAP-Mitglieder wie MIT Press und Pennsylvania State University Press vom Vorstoß distanziert.
Steckt hinter dem Lancieren der Eingabe tatsächlich die kommerzielle Verlagsindustrie, so würde dies einen Rückfall in die Ära der Grabenkämpfe bedeuten. Zahlreiche Verlage, deren Geschäftsmodell vormals auf reinem Toll Access, also der Finanzierung über Leserzahlungen oder Subskriptionen basierte, freundeten sich mit Open Access als Finanzierungs- und Distributionsmodell an - darunter auch Elsevier oder der Springer Verlag, der mit der Sparte Springer Open ein eigenes reines Open-Access-Angebot einführte.
Der Research Works Act allerdings bringt Zeiten massiver Lobby-Arbeit der Toll-Access-Verlage contra Open Access in Erinnerung, als diese einen gewissen Eric Dezenhall, von Kennern der Szene in Nature als "pit bull of public relations" bezeichnet, engagierte, um Open Access zu denunzieren.