National und Neoliberal

Seite 3: Neoliberalismus, Rechtspopulismus und Krise

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Der Nationalsozialismus erfuhr seinen Aufstieg infolge der Weltwirtschaftskrise von 1929. Im Massenelend der Depression der frühen 30er Jahre konnten die Nazis ihre Ideologie einer konformistischen Rebellion - bestens finanziert durch reaktionäre Unternehmer - erfolgreich propagieren. Faschismus kann somit als eine offen terroristische Krisennorm kapitalistischer Herrschaft verstanden werden. In einer ähnlichen, sogar noch gefährlicheren, Krisenkonstellation befindet sich das kapitalistische Weltsystem auch derzeit, weshalb die extreme Rechte auch jetzt Auftrieb erhält, in den Terror, in die Barbarei steuert.

Die Parallelen zu den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts sind offensichtlich - und ein großer Teil der politischen und ideologischen Anstrengungen der neuen deutschen Rechten besteht darin, diese offensichtlichen Gemeinsamkeiten zu verschleiern. Die tiefe, strukturelle Krise des kapitalistischen Weltsystems äußert sich nicht nur in den immer weiter anwachsenden Schuldenberge in der Geldflut der Notenbanken, sondern auch in einer kaum noch zu leugnenden Klimakrise in die der kapitalistische Verbrennungswahn die Menschheit stürzt.

Der Erfolg des europäischen wie deutschen Präfaschismus beruht gerade darauf, dass diese Krisenverwerfungen zumindest dumpf als Angst wahrgenommen und in entsprechende Krisenideologien eingebaut werden - während der neoliberale Medienmainstream aller Evidenz zum Trotz so tut, als ob es ewig so weitergehen könnte wie bisher. Die dumpf empfundene, unreflektierte Angst vor der Krise, vor den zunehmenden Fluchtbewegungen, vor den reihenweise zusammenbrechenden Staaten, vor der ansteigenden Kriegsgefahr - sie wird von der Rechten instrumentalisiert und in entsprechenden Ideologien verarbeitet, die die Krisenopfer zu Krisenverursachern stempeln.

Und auch schon der Neoliberalismus war - seit den 80ern - eine erste Krisenideologie, die auf Krisenerscheinungen mit einer Entgrenzung des Kapitals, mit einer wilden Flucht nach vorn regierte, die nun von der neuen Rechten vollends ins irrationale Extrem getrieben wird. Der spätestens seit dem Wahlantritt Trumps zunehmende Protektionismus entzieht der neoliberalen Globalisierung zunehmend ihre ökonomische Grundlage - und verschafft weltweit national-protektionistischen Tendenzen auftrieb.

Was den Aufstieg des ins barbarische Extrem strebenden Rechtspopulismus befördert, ist somit zuallererst die Ignoranz, die Ignoranz gegenüber der Krise, die ja auch im Wahlkampf keine Rolle spielte, sowohl als Wirtschafts- wie auch als Umweltkrise. Der neoliberale Medienmainstream tut aller Evidenz zum Trotz so, als ob es ewig so weitergehen könnte wie bisher, als ob vor der Menschheit keine fundamentalen Herausforderungen stünden. Diese neoliberale Ideologie des Faktischen, die den Ist-Zustand einfach in alle Ewigkeit verlängern will, befördert somit angstgetriebene konformistische Rebellionen, die in die 70er, in die 50er - oder in die 30er zurückkehren wollen. Diese dumpfe unverstandene Krisenangst - die vom Mainstream ignoriert wird - ist es ja gerade, die letztendlich den Aufstieg der der Rechten befördert. Die Rechtspopulisten brechen alle zivilisatorischen Tabus, um das eine systemische Tabu aufrechterhalten zu können: Es dürfen keine Systemalternativen zur kapitalistischen Dauerkrise diskutiert werden.