Nato-Erweiterung oder Demokratie-Erweiterung?
Seite 2: Leseempfehlungen: Dokumentarische Kon-Texte
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Alleinstellungsmerkmal der Nato bleibt, dass sie sich als Militärbündnis des Kalten Krieges nach Ende der Blockkonfrontation – trotz eines kurzen, alsbald wieder zugemauerten Zeitfensters für die Grundlegung einer neuen Friedensarchitektur in Europa wie für den ganzen Erdkreis – eben nicht selbst aufgelöst hat wie der Warschauer Pakt; sondern: seit Mitte der 1990er Jahre im vollen Bewusstsein einer bedrohlichen Wirkung auf den einstigen Blockfeind eine Expansion sondergleichen durchgezogen hat.
In den Dokumenten gerade auch zur westlichen Militärdoktrin kann man nachlesen, dass es um geostrategische und ökonomische Interessens-Sicherung geht – um Zielvorgaben, die nicht geeignet sind, die Vision von Vereinten Nationen (1945) endlich wahr werden zu lassen.
Meinhardt Creydt vermerkt auf Telepolis (Vergiftete Tapferkeit): "Viele Kommentatoren können gar nicht genug davon bekommen, bereits dort Parteigänger der Propaganda Putins dingfest zu machen, wo auf die jahrzehntelange Strategie der Nato hingewiesen wird, Russland militärisch immer näherzurücken."
Damit sich militärkonforme Narrative der Nato-Ideologen jetzt nicht in zu viele Köpfe brennen, ist es hilfreich, zeitnah durch aufklärende Lektüre immer wieder für Unterbrechungen zu sorgen und im Originalwortlaut Kon-Texte der letzten drei Jahrzehnte in Erinnerung zu rufen.
Es ist erschütternd zu konstatieren, wie seit den 1990er-Jahren gerade auch die Warnungen von bürgerlichen bzw. ausgesprochen Nato-freundlichen Politikern und Experten in den Wind geschlagen worden sind. Die Bedeutung der politischen Entwicklung in der Ukraine für das Weltgeschehen ist jenseits des Atlantiks seit Jahrzehnten bekannt!
Zuletzt wurde in den Foren mit Breitenwirkung die verbriefte Bündniswahlfreiheit eines jeglichen Landes zum ersten, heiligen Gebot eines von Unterdrückung befreiten Globus deklariert, während man von Machtstrategien des selbst stets frei auswählenden mächtigsten Militärbündnisses Nato und deren Wirkungen nach außen lieber schwieg. Auf solchem Niveau wird derzeit von vielen Menschen das Geschick der Welt, in der wir leben, erklärt!
Zur Vorgeschichte des gegenwärtigen Krieges in der Ukraine, den Krisenwochen ab Dezember 2021 und insbesondere auch zur Frage der Nato-Osterweiterung wird im Verlauf dieses Jahres vermutlich mehr als nur ein hochkarätiges Buch erscheinen, das die derzeit hegemoniale Lesart nicht stützt.
Es gibt aber – dank Andreas Zumach , der Informationsstelle für Militarisierung (IMI) und vieler anderer – schon längst eine ganze Reihe von nonkonformen Darstellungen mit Kon-Texten (im Wortlaut), die man ohne Barriere im Internet aufrufen kann. Ein überschaubarer Kreis von vier ausgewählten Beiträgen sei an dieser Stelle zur Lektüre empfohlen:
• Galen Carpenter, Ted (The Guardian): Washingtons Umgang mit Russland war ein politischer Fehler epischen Ausmaßes. In: Der Freitag, 07.03.2022.
• Paech, Norman: Osterweiterung – Wie die Nato wortbrüchig wurde. Von Wörner bis Baker: Staaten des Ex-Sowjetraums wurden zahlreiche Zusicherungen gemacht. Später mochte sich daran niemand mehr erinnern. In: Telepolis, 03.02.2022
• Wagner, Jürgen: Der Nato-Prolog des Ukraine-Krieges. Die Nato, Russland und der jahrzehntelange Weg in die Eskalation. IMI-Analyse 2022/06 (3. März 2022)
• Zumach, Andreas: Wer wem wann was in den 1990er Jahren versprach, und warum diese Frage bis heute relevant ist. In: Lebenshaus Schwäbische Alb-Website, 26.01.2022
Als Überschrift und als "Disclaimer" am Schluss dieses Textes sei stets mitzulesen: Die Nato-Osterweiterung ist seit langem zentraler – nicht alleiniger – Hintergrund einer weltbrandgefährlichen Entwicklung; eine irgendwie geartete Rechtfertigung für das von der russischen Regierung ins Werk gesetzte Verbrechen des Krieges gegen die Ukraine lässt sich aus dieser Feststellung in keiner Weise ableiten!
Am heutigen Sonntag finden im Rahmen des international verbundenen Antikriegsprotestes in mehreren großen Städten der Bundesrepublik Friedensdemonstrationen statt, eine Chance zur Solidarisierung mit den Menschen der Ukraine und allen Verweigerern der Kriegsapparatur. Informationen erschließt das Portal Netzwerk Friedenskooperative.