Neonicotinoide auf dem Prüfstand

Seite 3: Neonicotinoide und Resistenzen

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Neonicotinoide binden an den Nikotinischen Acetylcholinrezeptor von Nervenzellen. Nehmen Schädlinge die Substanzen auf, unterbrechen diese die Reizübertragung im Nervensystem der Insekten - der ausgelöste Dauerreiz führt zum Tod. Sie zielen vor allem auf eine Reihe von Beiss- und Saugschädlingen und bekämpfen vorwiegend im Boden lebende Schädlinge wie Saatgutmaden und Bohnenkäfer - und den Maiswurzelbohrer, der wichtigste Maisschädling in den USA.

Die wiederholte Anwendung bestimmter Pestizide hat in der jüngeren Vergangenheit zu Resistenzen gegenüber einer Vielzahl von Schädlingen geführt, auch im Verbund mit genetisch veränderten Nutzpflanzen.

In der Welt der Neonics-Befürworter bilden Schädlinge gegenüber Neonicotinoiden viel langsamer Resistenzen aus als gegenüber anderen Insektiziden. Ein anerkannter Problemfall ist der unverwüstliche Kartoffelkäfer, der bisher Resistenzen gegen so gut wie alles entwickelt hat, was jemals gegen ihn aufgefahren wurde - selbst gegenüber Blausäure.

Außerdem wurden Resistenzen von Insekten gegenüber Protein-Toxinen verschiedener Bacillus thuringiensis-Arten (Bt) beobachtet - auch bei Schädlingen, die genetisch modifizierte Bt-Kulturen befallen wie zum Beispiel Bt-Mais. Diese Maissorten bringen ihre eigenen Insektizide mit - mittels Gentechnik waren die die Toxin-Synthese kodierenden Gene in die Maispflanzen eingeschleust worden. Ähnliches wird bei Kulturpflanzen mit eingebauter Herbizid-Toleranz beobachtet (Roundup-Ready), die zunehmend in Schwierigkeiten geraten, wenn sie sich gegen resistent gewordene Unkräuter durchsetzen sollen. Die Folge: Die beworbene Verringerung des Aufwands an auszubringenden Pestiziden ist eine Fata Morgana, ein nicht einzulösendes Versprechen. Genetisch veränderte Pflanzen wurden nicht zuletzt mit diesem Versprechen populär gemacht - so populär, dass sie heute die Landschaft der Mais-, Soja- und Baumwollfelder in den USA beherrschen.

92% der 38 Millionen Hektar Maisanbaufläche der USA werden mittlerweile mit genetisch verändertem Mais bestellt. Der überwiegende Teil davon ist Mais mit gleichzeitiger Herbizid-Toleranz (HT) und insektiziden Merkmalen (Bt). Das Saatgut kommt heute zu einem großen Teil mit einem prophylaktischen Neonicotinoid-Beizmittelbelag aufs Feld. Bild: USDA

Ein neuer Zeitplan

Zusammen mit der Veröffentlichung der vorläufigen Neonicotinoid-Risikobewertungen machte die EPA einen aktualisierten Zeitplan für die endgültige Prüfung der Registrierung der vier Chemikalien publik. Die Agentur geht davon aus, dass im September 2017 die ersten ökologischen Risikobewertungen und Bewertungen zur Humangesundheit für Clothianidin und Thiamethoxam veröffentlicht werden. Im März 2017 wird auch eine Beurteilung für Imidacloprid zum Einfluss auf die menschliche Gesundheit erwartet.

Die Agentur zielt letztlich auf eine Zwischenentscheidung über die Registrierung von Neonicotinoiden im Frühjahr 2018, mit einer endgültigen Registrierungsentscheidung im Winter 2018/ 2019. Die EPA fordert von den Antragstellern weitere Daten zu Bestäubern und ökologischen Risiken zur Zulassung der Chemikalien - ein Prozess, der ursprünglich schon 2015 abgeschlossen sein sollte.

Thiacloprid von Bayer (2000), Neonicotinoid der 1. Generation, der Wirkstoff in Calypso. Die Produktregistrierung in den USA wurde 2014 durch den alleinigen Antragsteller Bayer CropScience aufgegeben. In der EU wurde die Substanz 2015 wegen möglicherweise endokrin schädlicher Wirkung auf eine Substitutionsliste gesetzt. Bild: Bernd Schröder