Neue Methode für Tarnvorrichtungen gefunden
Erstes Metamaterial mit negativem Brechungsindex für sichtbares Licht entwickelt
Gerade war er noch reine Theorie, die höchstens in Science-Fiction- oder Fantasy-Romanen vorkam: der Tarnumhang, der nicht nur im Labor mit Mikrowellen, sondern dem bloßen Auge im sichtbaren Licht einen Gegenstand verbergen konnte. Jetzt ist das passende Material für einen derartigen Zauberumhang gefunden.
Dass man Tarnvorrichtungen mit Metamaterialien konstruieren könnte – Materialien, die im Gegensatz zu natürlichen Stoffen einen negativen Brechungsindex haben, elektromagnetische Wellen also nicht bündeln, sondern zerstreuen – war schon länger bekannt (Ich sehe, dass du mich nicht siehst). Im Mikrowellenbereich ist es technisch kein Problem, Strukturen aufzubauen, die dies bewirken und damit eine scheinbar noch geringere Dichte als das Vakuum aufweisen.
Im Herbst letzten Jahres wurde der erste Versuchsaufbau tatsächlich realisiert (Der unsichtbare Zylinder) und kurz vor dem Jahreswechsel mathematisch dargelegt, dass es auch im sichtbaren Licht möglich sein müsste, ein derartiges Gerät zu bauen (Mathematische Zauberei). Nur die Struktur der Metamaterialien schien einer Realisierung im sichtbaren Licht im Wege zu stehen – sie müsste in diesem Fall im Nanometerbereich liegen. Vom Mikrowellen- bis in den Terahertzbereich bei 200 THz im fernen Infrarot war man immerhin bereits gekommen mit der neuen Technik.
Negativer Brechungsindex bei Rotlicht erreicht
Forscher am Ames-Laboratorium, das für das US- Department of Energy von der Iowa State University betrieben wird, haben nun nur wenige Tage später nun ein derartiges Material gefunden und berichten darüber ausführlich in der aktuellen Ausgabe der Optical Letters, kürzer im Wissenschaftsmagazin Science sowie in einigen anderen Fachzeitschriften.
Costas Soukoulis entwickelte dazu zusammen mit seinen Kollegen Gunnar Dolling, Dr. Stefan Linden und Dr. Martin Wegener an der Uni Karlsruhe ein gitterartiges Material aus Silber, das den gewünschten negativen Brechungsindex aufweist. Dazu wurde eine Reihe von Löchern in Schichten von Silber und Magnesiumfluorid auf einem Glassubstrat geätzt. Die Löcher sind etwa 100 Nanometer groß, rotes Licht mit einer Wellenlänge von 780 Nanometern wird von diesem Material mit einem Brechungsindex von -0,6 gebrochen. Damit lassen sich zukünftig Optiken konstruieren, die extrem hoch auflösen, aber eben auch Tarngeräte.
Metamaterialien mit negativem Brechungsindex im sichtbaren Bereich werden besonders leistungsfähige Optiken ermöglichen, bei denen flache Linsen ohne Wölbung zu einer Auflösung führen können, die unterhalb der Wellenlänge des verwendeten Lichts liegt – etwas, was lange Zeit physikalisch als völlig unmöglich galt und erst 2006 bei einem Lichtmikroskop mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet wurde.
Noch zu aufwendige Herstellung
Bislang ist der Erfolg des Materials noch begrenzt durch die begrenzte Leitfähigkeit – das nun verwendete Silber ist hier zwar etwas besser als das bisher verwendete Gold, doch sind die Verluste im Material ziemlich hoch: es ist noch nicht mit einer normalen optischen Linse vergleichbar. Außerdem funktionieren die "Anti-Linsen" im Gegensatz zu normalen optischen Instrumenten nur in eine Richtung, was aber für die meisten Anwendungen kein Problem darstellen dürfte.
Doch für eine praktische Verwendung müsste ein Material entwickelt werden, das kristallines Metall enthält und dreidimensionale statt flache Strukturen hat – noch klappt es nur mit rotem Licht, das unter einem festen Einfallswinkel einfällt. Optische Verstärkung wäre ebenfalls notwendig, um die starken Verluste zu kompensieren und natürlich würde erst die industrielle Massenfertigung bezahlbare Anti-Linsen ermöglichen. Bis zum Zauberumhang für jedermann oder der papierdünnen Flachbrille ist es also noch ein weiter Weg.