Neue Normalität in der Arktis

See im arktischen Meereis. Bild: NASA/John Sonntag

Die Energie- und Klimawochenschau: Tauendes Meereis, Winterpaket der EU, Atempause für Waldschützer

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Warnende Botschaften aus der Klimaforschung kamen in den letzten Wochen ausgerechnet aus den USA. Patrick Brown und Ken Caldeira von der Carnegie Institution for Science Endowment glichen bisherige Klimamodelle mit tatsächlichen Klimabeobachtungen ab und stellten fest, dass diejenigen Modelle, die die derzeitigen Muster von Energieflüssen am besten abbilden, auch eine überdurchschnittliche Erwärmung für die Zukunft vorhersagen.

In einem Business-as-usual-Szenario bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bewegen sich die bisherigen Klimaprognosen zwischen 3,2 und 5.9 Grad Celsius. Brown und Caldeira glauben nach ihrer Untersuchung, dass die Erwärmung eher im oberen Bereich dieser Spannbreite liegen und mit einer Wahrscheinlichkeit von 93 Prozent vier Grad Celsius überschreiten wird.

Eine Weltregion, in der bereits heute eine grundlegende Klimaveränderung zu beobachten ist, ist die Arktis. In ihrem jährlichen Arktisreport berichtet die US-amerikanische Wetterbehörde NOAA von einer "neuen Normalität", die sich in der Arktis herausbilde. Das winterliche Meereis-Maximum im März 2017 war das geringste, das jemals gemessen wurde.

In der Barentssee und der Tschuktschensee waren Wassertemperaturen um vier Grad wärmer als gewöhnlich. Lufttemperaturen stiegen doppelt so schnell wie in anderen Regionen der Erde, die Erwärmung der Meeresoberfläche wiederum führe zu einem anhaltenden Rückgang des Meereises. Besonders der Anteil des älteren, dickeren Eises, das auch den Sommer überdauert, hat sich stark reduziert und beträgt nur noch 21 Prozent. An Land steigen die Temperaturen in Permafrostregionen stetig an.

Die veränderten Bedingungen haben auch Einfluss auf die Entwicklung der Ökosysteme. So beobachten die Wissenschaftler, dass die Tundra immer grüner wird, und die Biomasseproduktion im arktischen Ozean steigt. Beides wird die Gesamtökosysteme verändern und sich letztendlich auch auf die Lebensgrundlagen der Menschen in der Arktis auswirken. Umso dringender sei es, sich vorzubereiten und an die Verhältnisse der "Neuen Arktis" anzupassen. So besorgniserregend der Bericht ist, desto bemerkenswerter ist es, dass er aus der Feder einer US-Behörde stammt, auf die die klimawandelskeptische Trump-Administration versucht, erheblichen Einfluss auszuüben.

EU-Erneuerbare-Ziel ohne Ambition

Während von der amtierenden Bundesregierung gerade keinerlei Initiativen im Klimaschutz ausgehen, hat sich der Ministerrat der EU auf das "Winterpaket" verständigt, das bereits im Herbst 2016 von der Kommission unter dem Namen "Saubere Energie für alle Europäer" vorgestellt worden war.

Das Gesetzespaket betrifft die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, die Effizienz-Richtlinie und den Strombinnenmarkt. 27 Prozent des europäischen Stroms sollen bis 2030 aus erneuerbaren Quellen stammen. Das Europäische Parlament hat sich hingegen schon früher für einen Erneuerbaren-Anteil von 35 Prozent ausgesprochen. Die Umweltorganisation Friends of the Earth kritisiert, dass mit dem Ziel von 27 Prozent in Wahrheit das Ausbautempo der Erneuerbaren gedrosselt würde.

Der Deutsche Naturschutzring und andere Umweltverbände haben zuvor bereits die unverbindliche Art und Weise kritisiert, wie die Energie- und Klimaziele auf die einzelnen Länder heruntergebrochen und wie ihre Einhaltung gewährleistet werden soll.

Bis zum 1.1. 2019 sollen die Mitgliedsstaaten demnach nationale Klima- und Energiepläne vorlegen und ab 2021 Fortschrittsberichte über die Umsetzung. Sollten sich diese als unzureichend erweisen, kann die Kommission unverbindliche Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten aussprechen. Die Maßnahmen gegen säumige Staaten müssten konkretisiert werden, fordern Umweltverbände. Außerdem sollten die Emissionsreduktionsziele besser auf das Langfrist-Ziel 2050 ausgerichtet werden.

Neben dem Ziel für erneuerbaren Strom gibt es auch Ziele für Erneuerbare im Wärme- und Kälte- , sowie im Verkehrssektor. In ersterem soll sich der Marktanteil pro Jahr um ein Prozent erhöhen, in letzterem bis 2030 bei 14 Prozent liegen, mit einem Unterziel für Biokraftstoffe der 2. Generation. Der Anteil der Elektromobilität auf der Straße soll sich verfünffachen und im Schienenverkehr verdoppeln.

Ein wichtiger Bestandteil des Pakets ist das zukünftige Strommarktsdesign. Der Stromhandel soll schneller auf die realen Gegebenheiten reagieren können und dadurch einen höheren Anteil erneuerbarer Energien integrieren. Der Strommarkt soll des weiteren Kapazitätsmechanismen enthalten, um Spitzenlastzeiten gerecht zu werden. Nach 2025 sollen dafür nur noch solche Kraftwerke zugelassen werden, die nicht mehr als 550 Gramm CO2 pro Kilowattstunde oder nicht mehr als 700 Kilogramm CO2 pro Jahr ausstoßen. Der Grenzwert von 550 Gramm CO2/kWh bedeutete eigentlich das Aus für Kohlekraftwerke, allerdings scheint mit dem zweiten Teil des Grenzwerts eine Hintertür offen zu bleiben, Kohlekraftwerke als Kapazitätsreserve für eine begrenzte Zeit im Jahr einzusetzen. Subventionen für existierende Kraftwerke sollen nach dem Vorschlag des Ministerrats ab 2025 abgebaut werden und ab 2030 ganz entfallen.

Stromversorger können künftig dynamische Stromtarife anbieten, Kunden durch den Einsatz von Smart Metern von diesen profitieren. Genauerer und kritischer Betrachtung werden wohl die Regelungen für den Bürgerstromhandel bedürfen. Hierzu heißt es in der Pressemitteilung des Europäischen Rats nur: "Ein Rahmen für die Beschreibung der Rolle, der Funktionsweise und der Behandlung der Energiegemeinschaften ist geschaffen worden, um zu gewährleisten, dass sie in geeigneter und ausgewogener Weise zur allgemeinen Aufteilung der Kosten des Systems beitragen."

Gerade Deutschland war im Vorfeld negativ mit Bestrebungen aufgefallen, den Bürgerstromhandel in allen EU-Ländern einzuschränken. "Es war besonders enttäuschend zu sehen, dass Spanien und Deutschland eine so schädliche Rolle in den Verhandlungen spielten, indem sie ihren Bürgern verweigern, vom Wechsel zu sauberer Energie zu profitieren", kommentiert Molly Walsh von Friends of the Earth Europe die Verhandlungen.

Waldschützer können aufatmen

Positive Nachrichten gibt es zum Jahresende aus dem Rheinischen Revier. Für den Hambacher Wald stehen wohl in diesem Winter keine weiteren Rodungsversuche an, und auch im Jahr 2018 könnte er verschont bleiben.

Eigentlich will RWE den Rest dieses uralten Ökosystems weiterhin beseitigen, um seinen Tagebau Hambach erweitern zu können. Ende November wurde dann ein Rodungsstopp verfügt.

Der BUND Nordrhein-Westfalen hatte ein Eilbeschwerdeverfahren gegen die aktuellen Rodungen eingelegt, woraufhin RWE schließlich einen Rodungsverzicht für diesen Winter erklärte. RWE könnte damit frühestens im Herbst 2018 mit den Baumfällungen fortfahren.

Nun ist es an der Landesregierung zu prüfen, ob der verbleibende Wald nicht doch unter den Schutz der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie fällt, da er geschützte Arten wie die Bechsteinfledermaus beheimatet. Hierbei ist jedoch kein schnelles Ergebnis zu erwarten. Die Landesregierung deutete daher an, den neuen Hauptbetriebsplan 2018 für RWE nur ausschließlich neue Rodungen genehmigen zu wollen.