Neue Spuren von einem entfernten Verwandten

Paläontologen haben in Äthiopien weitere Fossilien des ältesten bekannten Hominiden gefunden

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In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature präsentieren Forscher des Gona Palaeoanthropological Research Project (GPRP) neue Spuren von Ardipithecus ramidus, der vor 4,5 bis 4,3 Millionen Jahren in Äthiopien gelebt

hat.

Fossilfunde von Hominiden aus dem Zeitraum vom späten Miozän bis zum frühen Pliozän sind selten. Sie sind beschränkt auf einige wenige Gebiete in Äthiopien, Kenia und Tschad. Vor gut 20 Jahren entdeckte der Forscher Tim White von der University of California in Berkeley (vgl. Nature 371, 1994) Hominiden-Fossilien, die mit 4,4 Millionen Jahren deutlich älter waren als die des damaligen Rekordhalters Australopithecus afarensis, auch bekannt geworden als "Lucy", und taufte ihn Australopithecus ramidus (ramid bedeutet Wurzel in der Afar-Sprache).

Später wurde von Ramidus ein nahezu vollständiges Skelett entdeckt. Es stellte sich heraus, dass es sich bei ihm nicht nur um eine neue Art, sondern sogar um eine neue Gattung handelte. Daher wurde er in Ardipithecus umbenannt. Ramidus war etwa 1,20 Meter groß, also ungefähr so groß wie ein Schimpanse, und er ging möglicherweise bereits auf zwei Beinen. Er gilt bis heute als der letzte gemeinsame Vorfahre im Stammbaum von Mensch und Schimpansen.

Neun neue Ramidus-Exemplare

Jetzt haben der Paläontologe Sileshi Semaw und sein Team in der Grabungsstätte As Duma, in der fossilreichen Senke von Afar in Äthiopien, weitere Überreste dieses frühen Verwandten geborgen: Sie fanden Zähne, Kiefernfragmente sowie Teile von Händen und Füßen von mindestens neun verschiedenen Ardipithecus ramidus-Exemplaren. Das Alter der Hominiden wurde im Berkeley Geochronology Center in Kalifornien auf 4,5 bis 4,3 Millionen Jahre bestimmt. Dazu wurde die Methode der Argon-Argon-Datierung angewandt, bei der man die Gesteinsschichten, in denen die fossilen Überreste eingeschlossen waren, untersucht und die darin vorhandene Menge Argon misst.

Wie sah die Umwelt aus, in der Ramidus lebte? Über diesen Aspekt gibt es leider nur wenig Neues. Semaw und Kollegen erwähnen Fossilien, die in As Duma geborgen wurden und belegen, dass vor allem Affen, Maulwurfsratten und Kuh-ähnliche Grasfresser zu seinen Zeitgenossen zählten. Das Gebiet um As Duma war im frühen Pliozän landschaftlich äußerst vielfältig: Es gab Wald, Grassteppe, Seen, Sumpf, Quellen und Flüsse - dazwischen vulkanische Zentren. "Ardipithecus war einem ganzen Mosaik aus verschiedenen Umweltbedingungen ausgesetzt", schreibt Semaw. Immerhin gibt die Untersuchung des fossilen Bodens Aufschluss darüber, dass das Klima tropisch war, mit saisonalen, aber insgesamt geringen Niederschlägen.

Das Fazit: Nur weitere Funde, die diesen Hominiden noch enger mit den unterschiedlichen regionalen Umweltbedingungen verbinden, werden definitiv Auskunft darüber geben, welche Lebensräume unsere frühen Vorfahren bevorzugten.