Neuer Kottan-Film
Peter Patzak will mit "Rien ne va plus" einen alten Drehbuchentwurf des verstorbenen Helmut Zenker umsetzen
Der österreichische Regisseur Peter Patzak hat angekündigt, mit der Wiener Firma Satel nach 26 Jahren wieder ein neues Werk um den Polizeimajor Kottan herstellen zu wollen. Heißen soll der Film Rien ne va plus und der Grund für sein Entstehen sei unter anderem, dass die Zeit "politisch, wirtschaftlich [und] gesellschaftlich" eine Rückkehr der Figur nötig habe:
[E]ine Zeit, in der das Wort Peinlichkeit nicht mehr existiert. Eine Zeit, in der Geiz, Gier und Peinlichkeit zu Großattributen geworden sind, was sich überall niederschlägt, im Fernsehen, im Stadtbild, im Umgang zwischen den Menschen. Das Motiv seiner Rückkehr liegt in der Notwendigkeit begründet, nach so vielen Jahren einen Kommentar abzugeben.
Für das Drehbuch vervollständigte Jan Zenker angeblich eine Geschichte seines Vaters. Helmut Zenker, der die Figur erfand und die Drehbücher zur Serie schrieb, starb bereits vor sieben Jahren. Jan Zenker hatte im letzten Jahr zusammen mit seinem Bruder die erste Kottan-Folge für das Wiener Rabenhoftheater aufbereitet und das Erscheinen von sechs Hörspielen betreut, die auf vom ORF abgelehnten Vorlagen seines Vaters beruhen.
Gespielt werden soll der Polizeimajor in dem geplanten Kinofilm von seinem bekanntesten Darsteller, dem Kabarettisten Lukas Resetarits, einem Bruder des als Ostbahnkurti bekannt gewordenen Schmetterlinge-Mitglieds Willi Resetarits und Ex-Schwager der Ex-Europaabgeordneten Karin Resetarits. Er verkörperte die Figur in 14 der insgesamt 19 Folgen der Serie. Vor ihm spielte Peter Vogel (ein Star des deutschsprachigen Kinos der 1950er und frühen 1960er Jahre, der in Filmen wie Wenn die Conny mit dem Peter, Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett und Kohlhiesels Töchter auftrat) den Polizeimajor ähnlich beamtenhaft-lakonisch wie sein unmittelbarer Nachfolger Franz Buchrieser, der in Rien ne va plus eine Nebenrolle hat. An bekannten Gesichtern sollen in dem neuen Film unter anderem Helge Schneider und Iris Berben mitwirken, Letztere nach Angaben Patzaks in einer für sie ungewohnten Rolle.
Die ORF-Serie Kottan ermittelt war weniger die Tatort-Parodie, als die sie oft verkürzt dargestellt wurde, denn überspitzter Sozialrealismus mit Marx-Brothers-Regelbrüchen - wobei sich das Gewicht von 1976 bis 1983 deutlich zum letzteren Element hin verschob. Diese Regelbrüche zeigten sich unter anderem darin, dass man den zweifachen Darstellerwechsel der Hauptfigur in den Folgen selbst thematisierte, etwa durch Fotos der älteren Darsteller in der Wohnung der immer gleichen und von Bibiana Zeller dargestellten Ehefrau.
Die "unsichtbare vierte Wand" Diderots wurde in Kottan ermittelt nicht nur dadurch durchbrochen, dass Darsteller teilweise direkt in die Kamera sprechen, sondern auch durch die als Running Gag eingesetzte Kommunikation der damaligen ORF-Standardansagerin Chris Lohner mit dem Polizeimajor, den sie beispielsweise zum Sendeschluss durch Klopfen am Bildschirm oder mit der Ankündigung einer angeblich folgenden Liveübertragung aus dem Cabaret Crazy Horse weckt. Auf die zahlreichen Beschwerden von Behördenvertretern reagierte Drehbuchautor Zenker damit, dass er seinen Polizeimajor alte Kottan-Folgen im ORF ansehen und mit wütenden Beschwerdeanrufen über diese "absolute Schweinerei" reagieren ließ.
Aus dem Bild-Äquivalent Kronen Zeitung wird im Laufe der Serie die Österreichische Einheitszeitung "ÖEZ". Nachdem möglicherweise auch diese Verkleidung auf Kritik bei den Programmverantwortlichen stieß, ließen Zenker und Patzak in der Folge Wien Mitte den Polizisten Schremser eine griechische Zeitung lesen. Von Kottan auf diese Zeitung angesprochen, meint Schremser, dass er zwar der Sprache nicht mächtig sei, man aber im österreichischen Fernsehen keine einheimische Zeitung lesen könne. Später liest er ein arabisches Blatt und Kottan selbst die sowjetische Prawda.