Neuer Zusatz zum Einbürgerungsrecht
Mehr als 20.000 Familien stehen vor der Entscheidung, ihre Heimat Israel aufzugeben, oder sich scheiden zu lassen, weil die arabischen Partner ausgewiesen werden können
Gut 6 Millionen Bürger zählt Israel. Jeder Fünfte ist arabischer Herkunft Nach aktuellen Erhebungen gibt es etwa 21.000 gemischte Ehen.
Es gibt seit Jahren und Jahrzehnten Araber, die in Israel wohnen, arbeiten und heiraten, und denen das Innenministerium bisher ihre Papiere vorenthalten hat. Durch den vor zwei Wochen verabschiedeten Zusatz zum Einbürgerungsrecht wird der israelische Staat ermächtigt, solche Menschen auszuweisen. (vgl. dazu die Ausführungen "A plan to solve the demographic problem" von Paul Eidelberg vom jüdischen "Freeman Center for Strategic Studies" in Houston USA)
Joshua Mitnick zitiert in "The Washington Times" Salwa Abu Jaber, 28 Jahre alt, Mutter von vier Kindern und die Frau des Arabers Mahmoud, mit dem sie seit 10 Jahren verheiratet ist. Sie liegt seit dem neuen Gesetz nachts häufig wach und schreckt auf, sobald ein Auto unerwartet vor dem Haus anhält, weil sie darauf wartet, dass ihr Ehemann abgeholt wird.
Immer wenn ich einen Wagen höre, denke ich, sie sind es. Sie können zu jeder Zeit kommen. Ich weiß, dass meine Angst auch die Kinder ansteckt.
Weitere 21.000 Familien leben in Israel unter derselben Angst. Kritiker warnen davor, dass sich durch das Gesetz ein Graben zwischen den Eheleuten auftut und das Familienleben der Kinder zerstört.
Befürworter des Gesetzes argumentieren, dieser Schritt sei notwendig, um den Staat Israel zu verteidigen und zu stärken. Geula Cohen, ein bekannter Kommentator von Radio Israel dazu: "Israel kann sich nicht nur mit der Kraft des Militärs verteidigen. Es benötigt zusätzlich die Kraft des Gesetzes."
Der israelische Sicherheitsdienst Shin Bet legt den Beweis für den überaus schädlichen Einfluss der Mischehen vor. "Im vergangenen Jahr stammte der Suizidbomber eines Anschlages in Haifa aus einer Mischehe." Avrahm Poraz, Innenminister und Vorsitzender der als liberal geltenden Democratic Shinui Party, die im "The New Republic" als zukünftig stärkste politische Kraft gehandelt wird, hält das Gesetz für unvermeidlich. Sein Sprecher Tibin Rabinovich erklärt:
Es ist ein Gesetz, das nicht wirklich zwischen Terroristen und solchen unterscheiden kann, die nicht beteiligt sind. Da es aber unmöglich ist, zu filtern, müssen alle rausgekehrt (sweep) werden.
Andere Stimmen finden wenig Gehör. Jafar Farah, Leiter von Mosawa, einer Gruppe, die sich für israelisch-arabische Menschenrechte einsetzt, verurteilt das Gesetz als "racism".
Die Frustration dieser Politik bringt für niemanden Sicherheit. Denken Sie an die Kinder, die miterleben wie Vater oder Mutter willkürlich ins Gefängnis verbannt werden. Es ist nicht nur eine rechtliche Frage, es ist auch eine Frage der Humanität.
Avraham Tal von der liberalen Zeitung Ha'aretz warnt: "Einem Palästinenser, der einen israelischen Bürger heiratet, das Bürgerrecht abzusprechen, ist ein Verstoß gegen die demokratischen Prinzipien und den Gleichheitsgrundsatzes." Der israelische Journalist Hans Lebrecht meint, wenn es sich um einen jüdischen US Bürger handelte, dem von Staats wegen versagt bliebe, einen jüdischen oder nicht-jüdischen Partner zu heiraten, würde alle Welt gegen den Antisemitismus protestieren.
Die Geschichte lehrt, dass überall wo Herkunft oder Rassenzugehörigkeit zum politischen Motiv werden, durch das Primat der einen Gruppe gegenüber der anderen Ungerechtigkeit entsteht. Beispiele gibt es genug. Was in der Geborgenheit der Diaspora oder des Ghettos möglich ist, nämlich den inneren Zusammenhalt aus freien Stücken zu festigen, versagt im Zusammenleben in einem Flächenstaat. Gräben zwischen den Menschen, ob durch Verunsicherung, pauschale Vorwürfe oder Stacheldrahtzäune geben kein Beispiel, mit dem für die Überlegenheit der demokratischen Staatsform geworben werden kann.
Mit Blick auf die zukünftige Friedensregelung im Nahen Osten ist es allemal das falsche Signal. Regelungen, die dem Demokratieverständnis so offensichtlich zuwiderlaufen, sind nicht vertrauensbildend, sondern schüren das Misstrauen und bieten beiden Seiten die Gelegenheit, die Spirale der Gewalt mit gegenseitigen Anschuldigungen zu eskalieren.